28.05.2019 | 22:00:00 | ID: 27468 | Ressort: Landwirtschaft | Tier

„Virtueller Stall der Zukunft“: Wie lassen sich moderne Tierwohl-Ställe umsetzen?

Bonn (agrar-PR) - Was Tieren guttut, gesellschaftlichen Anforderungen entspricht und für Landwirte machbar ist: All das vereint der „Virtuelle Stall der Zukunft“.
Was Tieren guttut, gesellschaftlichen Anforderungen entspricht und für Landwirte machbar ist: All das vereint der „Virtuelle Stall der Zukunft“. Mit den Entwicklungen aus dem Innovationsprojekt der Universität Göttingen und ihrer Projektpartner können Landwirte künftig per Baukastensystem ihren modernen Stall für Sauen, Ferkel oder Mastschweine planen und dafür betriebsindividuell Kosten kalkulieren. Mehr Platz, Zugang zu Außenklima, organisches Beschäftigungsmaterial, Duschen und Wühlmöglichkeiten sind dabei vorgesehen.

In einem einjährigen Projekt haben sich Wissenschaftler, Landwirte, Agrarökonomen und auch Bürgerinnen und Bürger Gedanken für alle Produktionsstufen der Schweinehaltung gemacht.

Mit den zusammengestellten Ideen können die Betriebe an der Stufe 2 des staatlichen Tierwohllabels teilnehmen. Dazu gibt es ein kostenfreies Excel-Tool zur betriebsindividuellen Kostenberechnung. Das Gesamtpaket präsentierten die Wissenschaftler am 27. Mai 2019 bei einer Abschlussveranstaltung im Bundeslandwirtschaftsministerium in Berlin.

Frau Bundesministerin Julia Klöckner betont: „Die Arbeit von Landwirten wird in der Gesellschaft immer intensiver begleitet und diskutiert – auch die Bedingungen in Ställen und welche Auswirkung Tierhaltung auf Wasser, Boden und Klima hat. Wer mit Nutztierhaltern spricht, der merkt, dass sie sensibel mit diesem Thema umgehen. Denn wenn wir in Deutschland Nutztierhaltung auch zukünftig erfolgreich betreiben möchten, braucht sie breite gesellschaftliche Zustimmung und muss gleichzeitig ökonomisch gut aufgestellt sein.“

Ergebnisse berücksichtigen alle Interessen

Der Wunsch nach mehr Tierwohl steht bei allen Konzepten im Fokus. „Alle Ideen vereinen Tierwohlaspekte sowie gesellschaftliche Anforderungen und werden von Landwirten als technisch realisierbar bewertet“, so Dr. Marie von Meyer-Höfer, Koordinatorin des Verbundprojekts an der Universität Göttingen. Die Konzepte sind zunächst als Neubauvarianten geplant.

Kernergebnisse der Stallbaukonzepte sind:

- mehr Platz und Bewegungsfreiheit für Sauen, Ferkel und Mastschweine,

- getrennte Funktionsbereiche,

- unbegrenztes Angebot von Raufutter, Stroheinstreu oder anderem organischen Beschäftigungsmaterial,

- Möglichkeiten zum Duschen und Wühlen für Mastschweine,

- Zugang zu einem Außenklimabereich für alle Tiere ab 30 kg Gewicht und

- Stallbau aus Holz, um Nachhaltigkeits- und Schönheitsaspekten gerecht zu werden.

Mehrkosten von über 30 Euro je Mastschwein

Aufgrund der Vielfalt aktueller Haltungsverfahren für Schweine sowie der betrieblichen und regionalen Besonderheiten erarbeiteten die Projektbeteiligten für jede Produktionsstufe mehrere Varianten, darunter beispielsweise verschiedene Außenklimaställe für die Mast.

Jeder Landwirt kann daraus das für seinen Betrieb passende Konzept auswählen, in einer Excel-Anwendung Kosten errechnen und auf dieser Basis die Umsetzung planen. „Das Excel-Tool und Beispielskizzen für die einzelnen Stallkonzepte stehen ab Sommer 2019 auf der Projektseite der Uni Göttingen zur Verfügung“, so von Meyer-Höfer.

„In der Summe aus Ferkelerzeugung, Ferkelaufzucht und Mast sind Mehrkosten in Höhe von über 30 Euro je verkauftem Mastschwein zu erwarten,“ so Dr. Karl Heinz Tölle (ISN). Klar sein muss laut Tölle: „Mehr Tierwohl bedeutet höhere Kosten und lässt sich erst umsetzen, wenn genehmigungsrechtliche Hürden und Zielkonflikte gemeistert werden.“

Transparenz ist gefragt

Geht der Stallbau los, spielt auch die Verbraucherkommunikation eine Rolle. Eine projektbegleitende Verbraucherstudie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf hat gezeigt: Aufklärende und glaubwürdige Informationen als Begleitung des Stallbaus beeinflussen die Verbraucherwahrnehmung. Ob Stallbegehungen oder Ideenwettbewerbe vor Ort: Transparenz ist gefragt.

„Das BMEL hat mit seiner Förderung für dieses Projekt gezeigt, welche Möglichkeiten für die Umsetzung von mehr Tierwohl gibt. Der Virtuelle Stall der Zukunft ist ein gutes Beispiel dafür, wie Forschungsförderung gesellschaftliche Forderungen aufgreift und schließlich zu konkreten Empfehlungen für die Betriebe führt“, so Dr. Hanns-Christoph Eiden, Präsident der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, die das Vorhaben als Projektträger begleitet hat.

Zukunftsmusik maximale Bewegungsfreiheit vor und nach dem Abferkeln

Das Projekt zeigt darüber hinaus „Zukunftsvisionen“ auf, die der Stall von morgen bieten könnte: Sensoren zur Anzeige des Geburtsbeginns für eine punktgenaue und möglichst kurze Sauenfixierung sind nur ein Beispiel dafür, wo die Reise hingehen könnte, wenn weiter im Diskurs geforscht wird.

Am „Virtuellen Stall der Zukunft“ beteiligt waren die Georg-August Universität Göttingen (Koordination, gesellschaftliche Akzeptanz, ökonomische Betrachtung), die Christian-Albrechts Universität zu Kiel (Tierzucht und -haltung), die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (Marketing), die Richard Hölscher GmbH und Co KG (Stallbau), die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN).

Weitere Informationen unter www.uni-goettingen.de/stall-der-zukunft.
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