Berlin (agrar-PR) - Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
(BUND) hat sich im Atomstreit nach der erneuten Panne im AKW Krümmel
gegen jede weitere Verzögerung beim Atomausstieg ausgesprochen. Auf der
Tagesordnung müsse die sofortige Stilllegung der acht ältesten und
gefährlichsten Atomkraftwerke stehen. Möglich sei dies nach Paragraph
17 des Atomgesetzes durch Widerruf der Betriebsgenehmigung seitens der
zuständigen Behörden. Das allein sei eine geeignete Maßnahme zur
Minderung der erheblichen Gefahren für die Bevölkerung. Den Vorschlag,
Strommengen älterer AKW auf jüngere zu übertragen, lehnte der BUND ab.
Damit würde der komplette Atomausstieg um Jahre hinausgezögert.
„Es darf keine weiteren Verzögerungen beim
Atomausstieg geben. Wenn die Krümmel-Panne zu einem Laufzeit-Deal mit
den Stromkonzernen führt, bleiben die Risiken auf Jahre bestehen“,
sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. „Die Atomaufsichtsbehörden
der Länder müssen die Betriebsgenehmigungen für die Atomkraftwerke
Krümmel, Brunsbüttel, Biblis A und B, Neckarwestheim 1, Isar 1,
Unterweser und Philippsburg 1 sofort widerrufen. Nach Widerruf der
Betriebsgenehmigungen gibt es keinen Grund mehr, etwaige Restlaufzeiten
auf neuere Kraftwerke zu übertragen.“
Wie schlecht es um die Sicherheitslage in deutschen
Atommeilern bestellt sei, untermauerte der BUND in einem
Recherchebericht mit dem Titel „Atomstrom 2009: Sauber, sicher, alles
im Griff?“ des unabhängigen Atomexperten Helmut Hirsch. Technische
Mängel und Schlampereien würden von den zuständigen Länderbehörden und
deren Sachverständigen jahrelang übersehen und oft nur durch Zufall
erkannt. Massiv unterschätzt werde das Risiko von Erdbeben in Biblis
und von Überflutungen in Unterweser. Fehlerhafte Dübel in Biblis und
Nachlässigkeiten beim Notkühlsystem in Philippsburg 2 seien weitere
Beispiele für mangelhaftes Sicherheitsmanagement.
Die angeblich niedrige Wahrscheinlichkeit schwerer
Zwischenfälle müsse regelmäßig zur Beschwichtigung der Öffentlichkeit
herhalten. So geschehen im Falle der störungsanfälligen
Sicherheitsbehälter bei den Siedewasserreaktoren Brunsbüttel, Isar-1,
Philippsburg-1 und Krümmel. Ignoriert würden zudem neue Erkenntnisse
über die Gefahren der Atomenergie auf internationaler Ebene. Hier nennt
die BUND-Studie Untersuchungen aus der Schweiz und Japan über
Erdbebenrisiken. Eine besondere Schwachstelle – auch gegenüber
potentiellen Terrorattacken – hätten die Siedewasserreaktoren der
sogenannten „Baulinie 69“, zu denen Krümmel, Brunsbüttel, Philippsburg
1 und Isar 1 gehörten. Das Brennelemente-Lagerbecken befinde sich dort
im oberen Teil des Reaktorgebäudes über dem Containment. Es enthalte
erheblich mehr langlebige radioaktive Stoffe als der Reaktor selbst.
Weiger: „Wann endlich wird die Politik sich nicht
mit dem Abwracken von Autos sondern mit dem Abwracken von
Schrottreaktoren befassen? Hoffentlich nicht erst dann, wenn es zu spät
ist. Atomkraftwerke gefährden eine sichere Stromversorgung in
Deutschland und den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien. Deshalb
müssen die ältesten und gefährlichsten Meiler sofort stillgelegt
werden.“
Mehr zum Hintergrund in der neuen BUND-Studie
„Atomstrom 2009: Sauber, sicher, alles im Griff?“ von Helmut Hirsch.