Berlin / Stuttgart (agrar-PR) - Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
(BUND) hat die von Bundeskanzlerin Angela Merkel bezogene Position zum
Bahnhofsprojekt "Stuttgart 21" scharf kritisiert. "Die Baukosten
schießen in die Höhe, die Bauplanung ist unterirdisch und die
Bundeskanzlerin nimmt die Stimme des Volkes nicht wahr. Frau Merkel
sollte eigentlich wissen, wohin das führen kann. Ignoranz hat schon
manchen aus dem Amt gefegt", sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger.
Die schwarz-gelbe Regierungskoalition verstoße in letzter Zeit mehrfach
gegen die Grundsätze einer zukunftsfähigen Politik und versuche dies im
Anschluss als "Revolution" zu verkaufen. "Die Verlängerung von
AKW-Laufzeiten ist keine revolutionäre Energiepolitik und 'Stuttgart 21'
kein revolutionäres Bahnhofsprojekt", sagte Weiger. Gegen den Willen
einer Bevölkerungsmehrheit würden in beiden Fällen vorrangig
Klientelinteressen bedient.
Das Festhalten an einer verkehrspolitischen
Fehlentscheidung sei kein Zeichen von Stärke, sagte Weiger. Nicht nur
für den Bahnhof "Stuttgart 21", auch für die geplante Schnellbahnstrecke
nach Ulm drohten die Kosten völlig aus dem Ruder zu laufen. Beim
angeblich am besten kalkulierten Bahnprojekt in ganz Deutschland hätten
sich die Kosten des Gesamtvorhabens inzwischen auf fast zehn Milliarden
Euro fast verdoppelt. Angesichts angespannter Haushaltslagen auf Landes-
und Bundesebene und den damit verbundenen Sparzwängen passe ein solches
Projekt nicht in die heutige Zeit. Anstatt Milliarden in fragwürdige
Prestigeprojekte zu investieren, müsse die Bundesregierung ihre
Kürzungen bei Umweltschutzmaßnahmen wie der energetischen
Gebäudesanierung sowie im sozialen Bereich zurücknehmen.
Das Bahnhofsprojekt "Stuttgart 21" habe seine
Legitimation inzwischen vollkommen eingebüßt, da sämtliche
Finanzierungsverträge unter der Prämisse deutlich geringerer Kosten
geschlossen worden seien. "Die von Woche zu Woche wachsenden Proteste
zeigen, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht bereit sind, jeden Preis
zu zahlen und jedes Risiko für Stuttgart 21 in Kauf zu nehmen", sagte
der BUND-Landesgeschäftsführer Berthold Frieß. "Nachdem die Strategie
der Landesregierung – Augen zu und durch – gescheitert ist, sollte Frau
Merkel nicht den gleichen Fehler begehen", so Frieß.
Um das Vertrauen in die Politik wieder zu stärken,
müsse der Souverän nun darüber entscheiden, ob die Gesellschaft das
enorme und kaum kalkulierbare Kostenrisiko tragen wolle. Der BUND
begrüße und unterstütze daher den Vorschlag, in Baden-Württemberg eine
Volksabstimmung zu "Stuttgart 21" durchzuführen. Dies würde einen
wichtigen Beitrag zur Klärung der Situation leisten. Zuvor müssten
jedoch sämtliche Bau- und Abrissarbeiten eingestellt werden.