Hannover (agrar-PR) - Gasnetze Verstromung von
Erdgas und dafür die Vergütungen erhalten, die das Erneuerbare Energien
Gesetz (EEG) für Strom aus Biogas festsetzt? Das geht! Das EEG
ermöglicht, in das Gasnetz eingespeistes Biomethan an anderer Stelle zu
entnehmen und dort als „Biomasse“ energetisch zu nutzen.
Ziel des Gesetzgebers ist es, über das öffentliche Gasnetz Biogas,
sei es auch nur „virtuelles“, dorthin zu transportieren, wo eine
komplette Energienutzung über Kraft–Wärme–Kopplung möglich ist.
Dies
ist in der Regel der Fall, wo Wärme benötigt wird. Gerade
Blockheizkraftwerke in privaten Haushaltungen bieten sich dazu an.
Insoweit ist der Vorstoß der Unternehmens Lichtblick und VW geradezu
zwangsläufig. Verstromt Lichtblick vor Ort das Biogas, kann das
Unternehmen hohe Wertschöpfung betreiben. Nun fehlt „nur“ noch
aufbereitetes Biogas, um dies auch umsetzen zu können. Und da ist die
Landwirtschaft
„am Drücker“.
Energiemarkt ist „der“ Markt der Zukunft
Verstromung von Biogas vor Ort stellt
eine besonders wirtschaftliche Form der Biogasnutzung dar, wenn auch
die Wärme verwendet werden kann. Besonders interessant ist aber auch
die Nutzung von Biogas, wenn es in einer Vielzahl kleiner
Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen verstromt wird. Dies kann über die
Einspeisung und die Nutzung in kleinen häuslichen Blockheizkraftwerken
(BHKW) sichergestellt werden. In der Summe dürfte die Vergütung je
Biogasanlage höher liegen als bei der Verstromung vor Ort, auch unter
Berücksichtigung der Option von Satelliten–BHKW. Der Gaseinspeisung
bietet sich insoweit eine sehr interessante Perspektive.
Auch im Kraftstoffsektor zeichnen sich
lukrative Entwicklungslinien ab. Biogas erweist sich als effizienter
Kraftstoff – auch unter Berücksichtigung der mit Vorschusslorbeeren
versehenen Biokraftstoffe
„zweiter Generation“. Da unsere mobile
Zukunft nicht allein im Betrieb von Elektrofahrzeugen liegen kann,
werden gasförmige und flüssige Energieträger weiterhin eine bedeutende
Rolle spielen. Im Zuge knapper werdender Ressourcen und somit
steigender Preise entwickelt sich hier mittelfristig ein interessanter
Markt für den Biogassektor. Flankiert wird diese Aussicht durch die
Klimaschutzziele der EU und der Bundesrepublik, die einen bestimmten
Anteil von Biokraftstoffen vorgeschrieben haben. Auch hier muss das
Biogas aufbereitet werden und kann entweder in einer Biogastankstelle
ab Biogasanlage oder über den Umweg der Erdgasnetze als Treibstoff
vermarktet werden.
Schließlich kann Biogas über übliche
Gasthermen zur Wärmeerzeugung eingesetzt werden. Hier wäre allerdings
noch eine flankierende Regelung im Erneuerbare Energien Wärmegesetz
hilfreich. Die Erfüllung von Verpflichtungen zur Verwendung
regenerativer Energieträger bei der Wärmenutzung muss auch im Falle des
Einsatzes von – „virtuellem“ - Biogas möglich sein.
Wenn wir über den Tellerrand
hinausschauen, zeichnen sich zudem Nutzungen in der Brennstoffzelle ab.
Alle diese Nutzungsformen haben gemeinsam, dass das Biogas aufbereitet
und in der Regel auch eingespeist werden muss. Hier bieten sich der
Landwirtschaft vielfältige Perspektiven, die sie nutzen muss!
Landwirte müssen wach werden!
Fondsgesellschaften, Energieversorger
oder Projektentwicklungsgesellschaften haben die Gaseinspeisung für
sich entdeckt und versuchen, Biogaseinspeisungsprojekte zu realisieren.
Leider ist es zurzeit so, dass die „Pfadfinder“ mehrheitlich aus dem
nichtlandwirtschaftlichen Bereich kommen und auf die Landwirte zugehen,
um Energiepflanzen zu beziehen. Hier müssen die Landwirte wach werden!
Produktion, Aufbereitung, Einspeisung und Vermarktung von Biogas ist
Sache der Landwirtschaft! Es sollten nie voreilig Verträge
unterzeichnet werden. Erst recht nicht, wenn verheißungsvolle
Versprechungen gemacht werden.
Die Praxis zeigt in vielen Fällen, dass
Landwirte sich entsprechend ihres Substratlieferumfangs an einer
Biogasanlage beteiligen und anteilig an der Wertschöpfung teilhaben.
Dieses lässt sich auch im Fall von größer dimensionierten
Gaseinspeisungsanlagen realisieren. Sollte es sich im konkreten Fall
anbieten, können auch Kooperationen mit Kompetenzträgern – etwa
Stadtwerken, die Kenntnisse im Gasnetzmanagement haben - eingegangen
werden. Dies ist aber nicht notwendig, da entsprechende Kenntnisse über
„Dienstleister“ zugekauft werden können. Die Landwirtschaft kann
integrativer Bestandteil der Energiewirtschaft werden, wenn sie es
entsprechend anpackt. Da sollten alle zusammenstehen und die Chancen
nutzen!
Wertschöpfung in die Landwirtschaft
Bei einer Beteiligung an einer
Biogasanlage mit Gasaufbereitung sind Eigenkapitalrenditen zu
erwirtschaften, die durchaus im zweistelligen Bereich liegen. Wenn
diese Erträge zum Teil auf die Vergütung der Energiepflanzenlieferungen
angerechnet werden, gelangt man zu sehr auskömmlichen Substratpreisen.
Weiterhin wird sich die Ertragssituation der einspeisenden Anlage
aufgrund der sich positiv entwickelnden Energiemärkte im Laufe der Zeit
deutlich verbessern.
Hier noch eine ketzerische Anmerkung: Die
außerlandwirtschaftlichen Investoren sind aus purer Uneigennützigkeit
unterwegs, um mit der Vergütung von Energiepflanzen Wohlstand in die
Landwirtschaft zu bringen… - Wer’s glaubt, wird selig, jedoch von den
Entwicklungen an den Energiemärkten abgeschnitten.
Auch kleinere Anlagen rentabel
Im Bereich der
Gasaufbereitungstechnologie hat es in den vergangenen Jahren unter
anderem mit der drucklosen Aminwäsche Technologiesprünge gegeben, die
die Anwendung der Gasaufbereitungstechnik in 500 kW (el.)–Anlagen (250
Nm3 Biogas/h) in absehbarer Zeit wirtschaftlich erscheinen lassen.
Dieser Trend macht deutlich, dass die Gaseinspeisung nicht nur eine
Domäne großer Biogasanlagen im Megawattbereich sein muss. Sinnvoll kann
künftig auch die Vernetzung bereits bestehender Biogasanlagen sein mit
dem Ziel, das erzeugte Rohbiogas zu einer zentral gelegenen
Gasaufbereitungsanlage zu führen und einzuspeisen.
Politik sieht Gaseinspeisung als Königsweg
Auch die Politik sieht in der
Gaseinspeisung wegen der vielen Verwendungsmöglichkeiten des Biomethans
den Königsweg. Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat jüngst deutlich
gemacht, das es die Gaseinspeisung aus Effizienzgründen für
erstrebenswert erachtet. Es setze sich daher für eine
Gaseinspeisungsregelung analog zum EEG ein.
Im Übrigen visiert die Bundesregierung
die Einspeisung von sechs Mrd. m3 Biogas in 2020 und zehn Mrd
m3 Biogas
in 2030 an. Diese Ziele sind in der Gasnetzzugangsverordnung fixiert.
Diese Größen entsprechen 1.400 gaseinspeisende Biogasanlagen in der
Größe von 2,0 MW (el.) bis 2020 und 2.400 Anlagen
bis 2030!