06.07.2009 | 00:00:00 | ID: 1112 | Ressort: Energie | Erneuerbare Energien

Frischer Wind für erneuerbare Energien

Zürich (agrar-PR) - Professor Ndaona Chokani und das Laboratory for Energy Conversion (LEC) an der ETH Zürich haben etwas gemeinsam: Beide kennen sich aus mit Strömungsmaschinen und stellen ihr Know-how neu in den Dienst der erneuerbaren Energien. Die Gruppe Windenergie im LEC will das Risiko und die Kosten verringern, die mit dem Bau von Windenergieanlagen verbunden sind.
Turbinen, Propeller, Ventilatoren, Pumpen und Triebwerke gehören zum Kerngeschäft des LEC. Diese so genannten Strömungsmaschinen erzeugen Elektrizität mit Hilfe von Flüssigkeiten oder Gasen, die in Bewegung sind. Oder sie versetzen Flüssigkeiten oder Gase in Bewegung (z.B. Pumpen). An der ETH hat die Forschung auf diesem Gebiet eine lange Tradition. Das LEC (früher Labor für Strömungsmaschinen LSM) macht solche Maschinen effizienter. Mit dem Klimawandel bekam ein Aspekt dieser Arbeit zusätzliches Gewicht: Mehr Effizienz bedeutet auch weniger Emissionen. Dieser neue Fokus lenkte den Blick des Labors in Richtung erneuerbare Energien und damit zu den Windturbinen. Grosses Wachstumspotenzial

«Dass wir uns dafür interessieren, liegt nahe», sagt Professor Ndaona Chokani, der als Senior Scientist seit anderthalb Jahren die Gruppe Windenergie leitet. «Es ist die Fortsetzung dessen, was wir mit Antriebsystemen gemacht haben, die mit fossiler Energie laufen.» Im beruflichen Werdegang des gebürtigen Malawiers geschah eine ähnliche Verschiebung. Der 47-jährige Ingenieur wirkte während 17 Jahren an amerikanischen Universitäten in den Bereichen Raumfahrt und Hochgeschwindigkeitsflugzeuge. Dabei arbeitete er vor allem mit der US-amerikanischen Luft- und Raumfahrtbehörde NASA zusammen. Vor zweieinhalb Jahren kam er an die ETH und begann, sich um Wind zu kümmern. Es war kein schlechter Zeitpunkt. «Die Nutzung der Windenergie ist geradezu explodiert», sagt Chokani. «In den letzten zehn Jahren hat sie global um den Faktor 15 zugenommen.» Schwierige Verhältnisse überwinden

Das LEC hat Windprojekte auf der ganzen Welt angeschaut und festgestellt, dass es solche gibt, die nur einen Bruchteil dessen abwerfen, was sich die Investoren erhofft haben. In anderen Fällen wurden die Erwartungen dagegen massiv übertroffen. «Wir stellen uns deshalb die Frage, wie wir das Risiko von Windenergieentwicklung reduzieren können», sagt Chokani.

In Norddeutschland, wo das Meer nah und das Land flach ist, ist das leichter zu beantworten als etwa in der Schweiz. Hierzulande liegen die guten Standorte für Windturbinen im Jura und in den Alpen, wo die Strömungsverhältnisse komplex sind. Sie zu verstehen – in der Schweiz und auf der ganzen Welt ˗ ist eine der Aufgaben, die sich Chokanis Gruppe vorgenommen hat. Dazu macht sie Messungen an Orten, wo Turbinen stehen oder geplant sind. Anschliessend werden die Daten mit Hilfe einer speziellen Versuchsanlage im Labor modelliert.

Die Miniturbine funktioniert mit Wasser statt mit Wind und ihre Rotorblätter sind statt 50 Meter bloss wenige Zentimeter lang. Sie wurde für ein Projekt mit Flugzeugtriebwerken entwickelt und es hat sich gezeigt, dass sie die realen Verhältnisse sehr gut simulieren kann. In der kontrollierten Umgebung können die Forscher zudem schneller erkennen, was um eine Windturbine herum geschieht, wie sie reagiert und wie ihr Design verbessert werden könnte. «Eine Windturbine, die in Norddeutschland eine gute Leistung erzielt, tut das nicht notwendigerweise auch auf einem Gebirgspass», erklärt Chokani. Eis, Böen und Turbulenzen können Anpassungen notwendig machen. Der optimale Standort

Mit den Ergebnissen der Experimente draussen und im Labor wird ein Computermodell entwickelt. Es soll dereinst zuverlässig voraussagen können, wie viel Strom eine Windturbine produziert, wenn man es mit topografischen und meteorologischen Daten ihres Standorts füttert. Das Modell soll auch errechnen können, an welcher genauen Position die Turbine am meisten leistet. Verschiebt man eine Windturbine um wenige Meter, kann das die Leistung um 5 bis 10 Prozent verändern. Mit Hilfe des Modells soll auch die optimale Anordnung Dutzender von Turbinen in Windfarmen bestimmt werden können.

Die Standortüberlegungen sind damit noch nicht abgeschlossen. Die Position einer Turbine, die maximale Energieproduktion verspricht, ist aus finanzieller Sicht nicht notwendigerweise die beste. Weitere Faktoren wie die Bodenbeschaffenheit müssen berücksichtigt werden. Liegt die leistungsstärkste Position zum Beispiel auf unstabilem Boden, müssten Pfähle in den Grund getrieben werden. Die zusätzlichen Kosten können den höheren Ertrag zunichte machen.

Ökonomisch bedeutsam ist auch die Dauer des Planungsprozesses.Heute müssen Bauherren in der Regel ein Jahr lang Messungen machen, um zu wissen, wie gross das Potenzial eines Standorts ist. «Wir wollen diese Zeit mit unseren Modellen auf einen bis zwei Monate drücken», sagt Chokani. Mit genauen und raschen Prognosen über die Wirtschaftlichkeit von Windenergieanlagen will er mithelfen, Investoren zu überzeugen und so Zeichen zu setzen für eine klimafreundlichere Zukunft: «An etwas zu arbeiten, das Auswirkungen auf Generationen haben wird, ist für einen Ingenieur interessant.»
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