Bad Kreuznach (agrar-PR) - Das Thema "Regenerative Energien und Folgen für
Landwirtschaft und Agrarstruktur" wurde ganz bewusst als
Schwerpunkthema des zweiten Tages der Vollversammlung 2009 der
Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz gewählt. Die Landwirtschaft ist
einerseits von allen Formen der regenerativen Energien in irgendeiner
Form betroffen, andererseits kann hier bei Investitionen der
Landwirtschaft aber auch bei Einkommen Potenzial entwickelt und
genutzt werden. Daher ist die Positionierung der Landwirtschaftskammer
nicht immer einfach, wenngleich sie selbstverständlich ohne den
geringsten Zweifel auch für den verstärkten Einsatz von regenerativen
Energien ist, um die Klimaschutzziele zu erreichen.
Es gibt sechs grundsätzliche
Formen der regenerativen Energien, die von der Vollversammlung mit
unterschiedlicher Gewichtung thematisiert wurden:
1. Geothermie (hier nur Tiefengeothermie in der Südpfalz),
2. Windenergieanlagen (Repowering im Vordergrund),
3. Biogasanlagen (in der Diskussion: die
zunehmende Differenzierung in landwirtschaftliche Anlagen und
gewerbliche Anlagen mit dem enormen Flächenbedarf),
4. Fotovoltaik (z.Zt. Streitthema
überhaupt, weil über die ausschließliche Einspeisevergütung für
Ackerland falsche Akzente gesetzt werden),
5. Agroforstsysteme und Biomasse (direkte stoffliche Verwertung - Agroforstsysteme),
6. Wasserkraft wurde nicht behandelt (nur eine geringe Bedeutung in Rheinland-Pfalz und keine großen Ausbauperspektiven).
Zu den einzelnen Formen der regenerativen Energien:
1. Geothermie
Mögliche Standorte für Tiefen-Geothermie liegen
ausschließlich in der Südpfalz. Die Unternehmen der Geothermiebranche
suchen sich mehr oder weniger zufällig Standorte für Probebohrungen
heraus. Sofern ein Standort als geeignet erscheint ist damit der
Kraftwerkstandort bereits festgelegt. Die Anlagen liegen aber meist in
einem Vorranggebiet Landwirtschaft inmitten von zufällig ausgewählten
Flächen. Es ergibt sich somit zwangsläufig eine Beeinträchtigung der
Agrarstruktur, wobei auch die wegemäßige Erschließung meistens nicht
gesichert ist. Abstände zu landwirtschaftlichen Aussiedlungen werden
nicht beachtet. Es gibt mehr oder weniger einen Wildwuchs von Planungen
in der Südpfalz, auf die die Landwirtschaft keinen Einfluss hat und
die praktisch auf Zuruf der gewünschten Unternehmen genehmigt werden.
Das Problem Erdbeben, möglicherweise verursacht durch
Geothermiebohrungen, kann bei Beschäftigung mit den
landwirtschaftlichen Aspekten unbeachtet bleiben.
2.Windenergieanlagen
Es gibt derzeit fast 1000 Anlagen in
Rheinland-Pfalz. Damit wird 7 % des Strombedarfs von Rheinland-Pfalz
gedeckt. Die durchschnittliche Leistung liegt bereits bei über 1
Megawatt je Anlage. Es gibt starke Tendenzen des Repowerings, also des
Ersetzens alter durch neue, leistungsfähigere Windenergieanlagen.
Anlagen mit 30 Prozent mehr Höhe bringen den dreifachen Energiebetrag.
Die landwirtschaftliche Betroffenheit ist wegen der geringen
Flächeninanspruchnahme relativ gering, die Flächeneffizienz
infolgedessen am größten. Wird das Repowering konsequent umgesetzt,
kann bis zu einem Drittel des Strombedarfs durch Windenergieanlagen
gedeckt werden. Die mit Winenergieanlagen verbundenen Bedenken bestehen
eher in den Bereichen Fremdenverkehr, Landschaftsbild und Vogelflug.
Die Landwirtschaft hat mit Windenergieanlagen die vergleichsweise
eringsten Probleme.
3. Biogasanlagen
Ein eindeutiger Schwerpunkt liegt in der Eifel und
hier im Kreis Bitburg Prüm. Dort steht die Hälfte aller Anlagen von
Rheinland-Pfalz. Die Anlagen haben einen hohen Bedarf an Fläche zur
stofflichen Versorgung (Bitburg Prüm 8500 ha gleich 10 Prozent der
landwirtschaftlichen Nutzfläche oder 25 Prozent der Ackerfläche. Man
unterscheidet landwirtschaftliche Anlagen, die baurechtlich
privilegiert sind (max. 0,5 MW) und Großanlagen. Die derzeit
überwiegenden 100 Anlagen in Rheinland-Pfalz sind landwirtschaftliche
Anlagen. Weiter 30 landwirtschaftliche Anlagen sind derzeit geplant.
Dazu kommen etwa zehn in Rheinland-Pfalz geplante Großanlagen. Die
landwirtschaftlichen Anlagen betrachtet die Landwirtschaftskammer als
unproblematisch an, da die Landwirte deren Betrieb sowohl
arbeitswirtschaftlich als auch finanziell auf ihre betrieblichen
Belange abstimmen. Großanlagen mit bis zu 2,5 Megawatt und dem Ziel
der Gaseinspeisung ins öffentlich Netz werden dagegen kritisch gesehen.
Der Flächenbedarf liegt bei rund 1.000 bis 1.500 ha je Anlage. Es
werden Auswirkungen auf den Flächenverbrauch, den Pachtpreis, die
Fruchtfolge und die Nährstoffbilanz und die Probleme durch die Logistik
erwartet. Dabei ist offen, wie eine Steuerung von Großanlagen
vorgenommen werden kann, ob man z.B. einen Flächennachweis fordern soll
und ob diese Steuerung überhaupt aus landwirtschaftlicher Sicht
gewünscht ist.
4. Fotovoltaik
Hier gibt es derzeit die meisten Einwände und die
kontroversesten Diskussionen. Fotovoltaikanlagen werden vordringlich
auf ebenen Ackerflächen errichtet. Grundlage ist das EEG, das
Solarstrom von ehemaligem Ackerland mit 35 Cent pro Kilowattstunde
vergütet. Eine Vergütung erfolgt dagegen nicht auf Brachflächen und
auch nicht auf Dauergrünland. Derzeit weisen nahezu jede Woche
Kommunen neue Bebauungspläne mit 10 bis 25 ha Fläche Fotovoltaikanlagen
aus. Diese Flächen gehen der Landwirtschaft für 20 Jahre verloren. Die
Landwirtschaftskammer hat sich vor einem Jahr in einem Positionspapier
gegen die Flächeninanspruchnahme ausgesprochen, Kommunen fragen dieses
Positionspapier nach. Offen ist derzeit noch die Frage, ob man eine
Steuerung für Fotovoltaikanlagen durch großräumige Planungen vornehmen
soll oder nicht. Eindeutig ist die Position der Landwirtschaftskammer,
die Fotovoltaik wegen der hohen Subvention für am wenigsten nachhaltig
erachtet.
5. Agroforstsysteme
Neben der normalen Biomasseproduktion gibt es auch
neue Mischsysteme. Grünland plus Holzerzeugung oder Acker plus
Holzerzeugung sind neue Formen einer Mischnutzung. Deren Relevanz ist
in Rheinland-Pfalz nicht sehr ausgeprägt, weil die hiesige
Flächenstruktur recht klein ist. Allenfalls auf Grenzstandorten käme
diese Nutzungsform in Frage. Die Frage derCharakteristik
(Landwirtschaft oder Forstwirtschaft) ist noch nicht abschließend
beantwortet. Auch die technische Umsetzung ist noch nicht ausgereift.
6. Wasserwirtschaft
Es gibt in Rheinland-Pfalz nur wenige Gewässer mit
Wasserkraftanlagen, ein Ausbaupotenzial gibt es hier eher nicht, weil
viele Gewässer in Zukunft auch eher in Hinblick auf die Durchgängigkeit
entwickelt werden müssen.
Zusammenfassung
Die Landwirtschaft steht Vorhaben der
Regenerativen Energien ausgesprochen offen gegenüber. Es bedarf nur
einer frühzeitigen Einbindung landwirtschaftlicher Gesichtspunkte und
Aspekte bei der Planung. Dies gilt für Standorte (Geothermie,
Windenergieanlagen, Biogas- und Fotovoltaikanlagen), aber auch für
alle mit den Formen Regenerativer Energien verbundenen
Begleiterscheinungen. Insbesondere ist hier bei der Fotovoltaik der
enorme Entzug von Flächen zu nennen, bei Biogasanlagen, wenn sie eine
Größe von 1,5 bis 5 MW erreichen, der enorme Flächenbedarf und die sich
daraus ergebenden logistischen Probleme in den überwiegend
kleinstrukturierten Regionen.
Derzeit gibt es Steuerungsmöglichkeiten lediglich
bei Windenergieanlagen durch die Ausweisung von Vorrang-, Vorbehalts-
und Eignungsgebieten. Alle anderen Formen der Regenerativen Energien
entwickeln sich relativ planlos. Es ist nicht einfach, sich mit
Steuerungsinstrumente aus Sicht der Landwirtschaft anzufreunden, da
jede Steuerung auch eine Verhinderung an anderer Stelle ist und immer
die Frage im Raum steht, ob man die richtigen Steuerungsinstrumtente
gewählt hat. Außerdem sind möglicherweise Landwirte auch Investoren,
und eine Steuerung könnte diesen landwirtschaftlichen
Entwicklungstendenzen entgegen stehen.
Es ist also offen, wie sich die Landwirtschaft und
ihre Vertretungen künftig den Problemen stellen, die mit der fast
ungehemmten Entwicklung von Vorhaben der regenerativen Energien
verbunden sind. Zweifellos ist ein wichtiges Steuerungsinstrument die
Einspeisevergütung nach dem EEG, denn gerade die Flächen in Anspruch
nehmenden Vorhaben wie Fotovoltaik und gewerbliche Biogasanlagen sind
gegenwärtig allein auf Grund der Subventionierung lukrativ. Die
verträglichsten Entwicklungschancen aus Sicht der Landwirtschaft sind
zweifellos mit dem Repowering bestehender Windenergieanlagen verbunden.