Wiesbaden (agrar-PR) - Die hessische Umweltministerin Silke Lautenschläger sieht die
Biomasse als einen der wichtigsten erneuerbaren Energieträger. „Ziel
der hessischen Landesregierung ist es, die Energieversorgung effizient
und umweltverträglich zu gestalten. Die Biomasse spielt hier eine
entscheidende Rolle. Biomassenutzung ist ökologisch nachhaltig,
umweltfreundlich und kohlenstoffdioxidneutral“, sagte Lautenschläger am
Montag bei der Eröffnung der Europäischen Biomassetage in Wächtersbach
(Main-Kinzig-Kreis).
Die Ministerin betonte die vielfältigen Möglichkeiten der Biomasse.
„Biomasse ist ein wichtiger Energieträger für die Wärme und
Stromgewinnung. Die hessische Landesregierung will bis zum Jahr 2020
den Anteil erneuerbarer Energien auf 20 Prozent am Endenergieverbrauch
ohne Verkehr erhöhen. Zur Erreichung dieses Ziels ist die Verwendung
von Biomasse aus der Forst- und Landwirtschaft und organischen Abfällen
Grundvoraussetzung“, unterstrich Lautenschläger.
Das Biomassepotenzial Hessens werde nach Angaben der Ministerin in
den kommenden Jahren ausreichend für die Wärme- und Energieversorgung
vorhanden sein. Nach der Hessischen Biomassepotenzialstudie aus dem
Jahr 2005, die zurzeit aktualisiert wird, ist ausgehend von rund 4.000
Gigawattstunden pro Jahr Bioenergienutzung im Jahr 2005 eine Steigerung
auf bis zu 11.400 Gigawattstunden pro Jahr im Jahr 2015 theoretisch
möglich. Dabei könnten bis zu 8.800 direkte und indirekte Arbeitsplätze
entstehen. Würde dieses Biomassepotenzial durch
Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen genutzt, könnten rund 600.000
Vier-Personen-Haushalte in Hessen mit Strom und 400.000
Vier-Personen-Haushalte mit Wärme versorgt werden.
In Wächtersbach gab Lautenschläger den Startschuss für ein
Pilotprojekt, das die Hessische Landesregierung mit 200.000 Euro
fördert. Die Betreibergesellschaft „Bioenergie Wächtersbach GmbH“ hat
auf dem Gelände der Wächtersbacher Messe ein Biomasse-Heizkraftwerk zur
gekoppelten Strom- und Wärmeerzeugung errichtet. Die Besonderheit
dieser Anlage ist die Einbindung der innovativen ORC-Technologie zur
Wärmeversorgung eines dicht durch Großverbraucher, kommunale und
kreiseigene Liegeschaften und kleinere Gebäude besiedelten Gebietes
durch ein weitläufiges Wärmenetz. Anlagen dieser Art, in denen andere
Arbeitsmittel als Wasserdampf zum Antrieb von Dampfturbinen zum Einsatz
kommen, sind bisher wenig verbreitet. In Europa sind derzeit nur wenige
Heizkraftwerke mit ORC-Technologie in Betrieb beziehungsweise im Bau
und in der Planung. In Hessen gibt es lediglich ein anderes
Biomasse-Heizkraftwerk, das diese Technologie nutzt.
Durch die Nutzung des regenerativen Energieträgers Holz wird in der
Anlage in Wächtersbach eine Substitution von nicht erneuerbaren
Primärenergieträgern in einer Höhe von etwa 30.500 Megawattstunde pro
Jahr (rund 90 Prozent) gegenüber der Versorgung mit dezentralen
Erdgaskesseln und gegenüber der Stromerzeugung im deutschen
Kraftwerksmix erreicht. Die neue Anlage erspart der Umwelt zudem rund
6.850 Tonnen klimaschädliches C02 pro Jahr. Lautenschläger lobte das
Projekt. „Diese Anlage leistet einen wesentlichen Beitrag zum
Klimaschutz, da die Umwelt entlastet und der Kohlenstoffdioxis-Ausstoß
gemindert wird.”
Weitere Informationen zu den landesweiten Veranstaltungen der Europäischen Biomassetage gibt es unter
www.biomasse-tage.org/de/veranst09.htm .
Hintergrund ORC-Technik
Bei der ORC (Organic-Rankine-Cycle)-Technik handelt es sich um ein
Dampfkraftsystem, in dem nicht Wasser sondern Thermoöl verdampft wird.
Wie bei der konventionellen Wasserdampftechnik auch, wird mit dem Dampf
über eine Dampfturbine ein Generator zur Stromerzeugung angetrieben.
Diese Technik ist mit einigen Vorteilen verbunden: Der Dampfdruck ist
erheblich niedriger und macht deshalb nicht den Einsatz teurer
Hochdrucktechnik erforderlich. Auch der Betrieb ist einfacher: eine
Beaufsichtigung der Anlage wird nicht gefordert und die bei
Wasserdampfanlagen notwendige Wartungsarbeit entfällt, da es sich um
geschlossene Systeme handelt. ORC-Anlagen sind relativ einfach und
können in der Regel modularisiert und vorgefertigt zu den Aufstellorten
gebracht werden, was auch die Installation erheblich vereinfacht. Diese
Vorteile sind insbesondere im kleineren Anlagenbereich interessant.