Zürich (agrar-PR) -
Zugang zu Energie ist eine der Grundlagen für die Verbesserung der Lebensbedingungen in Entwicklungsländern. Das Nord-Süd Zentrum und das Energy Science Center (ESC) der ETH Zürich wollen deshalb an ihrer Jahreskonferenz mit Vorträgen und Diskussionsbeiträgen von internationalen Experten Wege zu einem nachhaltigen Energiesystem in
Entwicklungsländern aufzeigen. Was würden wir ohne ausreichende Mengen an Energie nur
machen? Wir wären nicht mehr mobil, könnten
Trinkwasser nur schwerlich aufbereiten, keine effiziente Landwirtschaft
mehr betreiben und uns den Zugang zu
globalem Wissen über das Internet abschminken. Nicht für alle ist
jedoch der Zugang zu Energie so selbstverständlich wie für uns: In
Entwicklungsländern haben heute
rund 1.6 Milliarden Menschen nach wie vor keinen Zugang zu Elektrizität
und 2.5
Milliarden sind primär auf Biomasse, wie zum Beispiel Brennholz, als
Energiequelle angewiesen. Während die Nachfrage nach Energie auch in
Entwicklungsländern in den kommenden Jahren weiter ansteigen wird,
stellt sich
besonders unter dem Aspekt des fortschreitenden Klimawandels die Frage,
wie
diese nachhaltig und effizient befriedigt werden kann. Zugleich sind
Entwicklungsländer verhältnismässig stark vom Klimawandel betroffen:
Obwohl die
Industrienationen am meisten des Treibhausgases CO2 ausstossen, schätzen
Experten, dass Entwicklungsländer am stärksten von den Folgen des Klimawandels,
darunter Dürre, Wassermangel und Bodenerosion, betroffen sein werden.
An der gemeinsamen
Jahreskonferenz des
Nord-Süd-Zentrums und des
Energy Science Center (ESC) werden
Experten aus Wissenschaft, Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen und Forscher
der
ETH Zürich am 10. und 11. September Lösungsstrategien zu diesen
Herausforderungen diskutieren. Insbesondere die Themen erneuerbare
Energiequellen und Energieeffizienz in Entwicklungsländern bilden dabei einen
Schwerpunkt.
Urbane
Organisation für bessere Energieversorgung
Neben Referenten aus Kenia,
Indien den USA und mehreren europäischen Ländern werden drei Wissenschaftler
der ETH Zürich an der Konferenz ihre Forschungserkenntnisse präsentieren. Darunter
auch Franz Oswald, emeritierter Professor für Architektur und Stadtplanung, der
zusammen mit dem äthiopischen Architekten Fasil Giorghis das Projekt «nesTown» für
Äthiopien ins Leben gerufen hat. Oswald wird in seinem Vortrag auf die Chancen
von neuen, effizienteren Technologien für die Energienutzung in äthiopischen
Haushalten und für den Transport eingehen. Am Lake Tana, der Quelle des Nils,
konzipieren Oswald und Giorghis zurzeit eine Modellstadt. Mehrere solcher
Städte sollen schliesslich dazu beitragen, die dezentralisierte und
ineffiziente äthiopische Agrargesellschaft in eine urban organisierte
Gesellschaft zu transformieren, die auch weiterhin in erster Linie auf
Landwirtschaft basiert. Ein solcher gesellschaftlicher Wandel ist nach Oswalds
Meinung für die äthiopische Kultur überlebenswichtig. Über 80 Prozent der rund
80 Millionen Einwohner leben heute von der Landwirtschaft. Jährlich wächst die
Bevölkerung um rund
2.5 Millionen und die Erosion der Böden nimmt zu. Kleine
urbane Zentren, wie in der Modellstadt «nesTown», schaffen laut Oswald den
Rahmen für Entwicklungen in den Bereichen Ausbildung, Ökologie, Wissensaustausch
sowie für eine nachhaltige Energieversorgung.
Wasser ist eine
nachhaltige und dankbare Energiequelle; oft stehen jedoch insbesondere in
Entwicklungsländern verschiedene Nutzungen in Konkurrenz zueinander. Besonders
in trockenen Gebieten wie in Afrika könnten Konflikte rund ums Wasser zunehmen.
Gründe dafür sind unterschiedliche Ansprüche an die Wassernutzung und
zunehmende Trockenheit aufgrund des Klimawandels. Gleichzeitig steigt der Druck
zur Intensivierung der Landwirtschaft und der Elektrifizierung von Städten. Bernhard
Wehrli, Professor für Aquatische Chemie am
Departement Umweltwissenschaften der ETH Zürich, gibt an der Konferenz einen Einblick
in seine Erfahrungen mit Wasserkraftwerken im Fluss Sambesi in Afrika. Dabei
steht vor allem die multifunktionale Nutzung von Dämmen für die
Elektrizitätsgewinnung, Prävention von Überschwemmungen und die Bewässerung für
die Landwirtschaft im Vordergrund. Während die Energieproduktion mittels
Staudämmen nicht zu relevanten Wasserverlusten führt, kann eine grossflächige
Nutzung von Stauwasser für die landwirtschaftliche Bewässerung Konflikte
zwischen Gemeinschaften und Ländern unterhalb und oberhalb von Dämmen
provozieren. Trotzdem können sich effiziente, kleinräumige und einfach zu
bedienende Bewässerungssysteme für eine lokale Energieproduktion eignen, wie
Wehrli in seinem Vortrag aufzeigen wird.
Bioenergie der zweiten und dritten Generation als Chance?
Der Energieproduktion aus
Biomasse in Entwicklungsländern wird an der Konferenz spezielle Beachtung
geschenkt. Experten werden Chancen und Risiken, technische Machbarkeit,
ökologische Auswirkungen sowie den Einfluss auf die Ernährungssicherheit aufzeigen.
Martin Held von der Professur für Bioverfahrenstechnik wird in diesem
Zusammenhang eine Analyse des Potentials von biokatalysierten Biotreibstoffen
der ersten, zweiten und dritten Generation und allfällig mögliche Auswirkungen
auf Entwicklungsländer diskutieren. Biotreibstoffe der zweiten und dritten
Generation sind in ihrer Produktion effizienter und treten im Gegensatz zu
heute gängigen Biotreibstoffen, wie zum Beispiel Bioethanol aus Mais, nicht
oder nur indirekt in Konkurrenz mit der Nahrungsmittelproduktion.
Wolfgang Kinzelbach, Leiter
des Nord-Süd-Zentrums der ETH Zürich, hofft, dass die bevorstehende Konferenz
den Zusammenhang zwischen Energie und Entwicklung ins Bewusstsein der
Öffentlichkeit rücken wird. Dazu findet neben dem kostenpflichtigen Programm unter
anderem eine öffentliche Diskussion mit Anton Hilber vom DEZA und Experten zur
schweizerischen Energiepolitik statt. Auch innerhalb der ETH soll die Konferenz,
welche für ETH-Studenten kostenfrei zugänglich ist, nachhaltige Spuren
hinterlassen: «Ich hoffe, dass wir den Enthusiasmus unserer Studenten für
dieses Thema wecken können und dieser schon bald in Masterarbeiten im Bereich
Energie für Entwicklungsländer münden wird», wünscht sich Kinzelbach.
Jahreskonferenz des
Nord-Süd Zentrums und Energy Science Center
Donnerstag
10. September 2009, 10.00–18.15 Uhr
Freitag
11. September 2009, 08.30–12.30 Uhr
ETH Zürich, ETF E.1, Sternwartstrasse 7, Zürich
ETH-Studenten
haben freien Zutritt zur Konferenz, eine Anmeldung über die Website ist aber in
jedem
Fall notwendig.
Vollständiges
Programm und Registrierung
Am Donnerstagabend findet zudem eine öffentliche
Veranstaltung zum Thema
«Auswirkungen der
schweizerischen Energiepolitik auf Entwicklungsländer»
in
Deutsch statt.
Mit Anton Hilber (DEZA), Rosmarie Bär (Alliance
Sud), Christoph Sutter (South Pole Carbon Asset Management), Malte Schneider (ETH
Zurich)
Moderation: Marcel Hänggi, Journalist
18.30 – 20.00 Uhr; ETH Zürich, ETF E.1, Sternwartstrasse
7, Zürich