Stuttgart (agrar-PR) -
Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert Ernährungswissenschaftler der Uni Hohenheim drei Jahre lang mit über 500.000 Euro Komplexer als gedacht: Um den Körper mit
Vitamin E zu versorgen, müssen verschiedene Proteine und
Stoffwechselwege der Leber zusammenspielen. Was dort genau geschieht,
will Ernährungswissenschaftler Dr. Jan Frank von der Universität
Hohenheim in einem Grundlagenprojekt herausfinden. Von dem Vitamin ist
bekannt, dass es antioxidativ wirken und Nervenzellen vor dem Absterben
schützen kann. Der Experte aus dem Fachgebiet Biofunktionalität und
Sicherheit der Lebensmittel geht der grundsätzlichen Frage nach, welche
Stoffe ein Nahrungsmittel gesund machen, wie diese aufgenommen und wie
sie verarbeitet werden. Seine Forschung zu Vitamin E betreibt er mit
der alpha-Tocopherol-Transfer-Protein-Knockout-Maus und -Muffins. Die
Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert sein Vitamin-E-Projekt drei
Jahre lang mit 545.000 Euro und macht es damit zu einem der
Schwergewichte der Forschung der Universität Hohenheim.
Zum
Frühstück gab es Vitamin-E-Kapseln und -Muffins, die entweder mit
Sesam- oder mit Maiskeimöl gebacken waren. Danach lud Dr. Frank seine
Versuchsteilnehmer zum Blut- und Urintest.
Die Theorie des Ernährungswissenschaftlers: Ein
Stoff im Sesamöl, das Sesamin, könnte dazu beitragen, dass mehr Vitamin
E durch die Leber ins Blut gelangt.
Und tatsächlich: Die Teilnehmer mit Sesam-Muffins
auf dem Teller, hatten wesentlich höhere Vitamin-E-Spiegel im Blut als
ihre Nachbarn, die Muffins mit Maiskeimöl verzehrt hatten.
Nervenschutz durch Vitamin E
Gesundheitlich gesehen hat Vitamin E eine Reihe von
Funktionen, die allerdings auch noch nicht alle restlos erforscht sind.
„Bekannt ist, dass Vitamin E sowohl in Lebensmitteln als auch im Körper
als Antioxidans wirken kann und so zum Beispiel Nervenzellen schützt –
entsprechend zeichnet sich Vitamin-E-Mangel unter anderem durch
neurologische Störungen und das Absterben bestimmter Nervenzellen aus.“
Seit längerem sei auch bekannt, dass Vitamin E eine
wichtige Bedeutung für die Fruchtbarkeit habe. Fest stehe, dass Vitamin
E zu den essentiellen Nährstoffen gehört, die der Körper selbst nicht
produzieren kann. „Der Vitamin-E-Bedarf des Menschen lässt sich
folglich nur über die Nahrung decken.“, verdeutlicht Dr. Frank.
Abschied von alten Theorien
Im Grunde sei Vitamin E ein Sammelbegriff für
insgesamt acht natürliche Substanzen. Sie heißen Tocopherole und
Tocotrienole und werden mit griechischen Buchstaben bezeichnet, erklärt
Dr. Frank.
„Die meisten dieser Substanzen werden jedoch in der
Leber wieder abgebaut, bevor sie eine Wirkung entfalten können.“ In der
Hauptsache lasse die Leber vor allem einen Stoff ins Blut passieren:
Das Alpha-Tocopherol. Hinzu komme noch ein geringer Anteil von
Gamma-Tocopherol. „Die anderen Substanzen werden abgebaut und mit dem
Urin ausgeschieden.“
Bislang galt die Annahme, dass ein bestimmtes
Protein, das Alpha-Tocopherol-Transfer-Protein (TTP), für die gezielte
Anreicherung von Alpha-Tocopherol im Körper verantwortlich ist. Die
Muffin-Studie zeigte nun, dass der Abbau von Vitamin E für die
Filterfunktion der Leber weitaus bedeutender sein könnte, als das TTP.
Offene Fragen – und ein neues Projekt
Damit legte sie den Grundstein des aktuellen
Projekts, das die Deutsche Forschungsgemeinschaft für drei Jahre
fördert. Es soll nicht nur den Vitamin-E-Stoffwechsel der Leber
grundsätzlich erforschen, sondern auch die Funktionen der
unterschiedlichen Vitamin-E-Bestandteile im Körper entschlüsseln.
Konkret stellen sich Dr. Frank und Mitarbeiter eine
Reihe von Fragen: „Wenn weniger Gamma-Tocopherol abgebaut wird, ändert
sich die Zusammensetzung des Vitamin-E-Spiegels im Körper – das könnte
Folgen für seine biologische Funktion haben“, so Dr. Frank.
Eine weitere Frage ist, ob beide Mechanismen, also
der Abbau von Vitamin E und das Tocopherol-Transfer-Protein, getrennt
oder zusammen wirken. „Außerdem möchten wir wissen: Wenn TTP nicht
alleiniger Filter ist – hat es noch andere Funktionen und wenn ja,
welche?“
Maus mit Vitaminmangel
Um diese Fragen gezielt zu untersuchen, forscht Dr.
Frank mit einer speziell gezüchteten Maus: der
Tocopherol-Transfer-Protein-Knockout-Maus. Diesen Tieren fehlt das
Tocopherol-Transfer-Protein, wodurch sie kein alpha-Tocopherol im
Körper behalten können.
Durch vergleichende Versuche mit TTP-Knockout- und
normalen, so genannten Wildtyp-Mäusen kann Dr. Frank testen, welche
Rolle das TTP und andere Stoffwechselvorgänge für die Filterfunktion
der Leber und die Wirkung von Vitamin E spielen.
Entsprechend handelt es sich um ein Projekt der
Grundlagenforschung: „Konkrete Anwendungen stehen für uns derzeit noch
im Hintergrund. Wir möchten erst einmal das Wissen über die
grundsätzlichen Stoffwechselvorgänge in der Leber verbessern.“
Hintergrund: Schwergewichte der Forschung
Rund 26 Millionen Euro an Drittmitteln akquirierten
Forscher der Universität Hohenheim allein im vergangenen Jahr – gut 20%
mehr als im Vorjahr. In loser Folge präsentiert die Reihe
„Schwergewichte der Forschung“ herausragende Forschungsprojekte mit
einem Drittmittelvolumen von mindestens einer viertel Million Euro bzw.
125.000 Euro in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften.