01.07.2009 | 00:00:00 | ID: 1035 | Ressort: Landwirtschaft | Agrarpolitik

Altes Instrument, neu begründet

Hannover (agrar-PR) - Benachteiligte Gebiete  

Als gute und gerechtfertigte Maßnahme im Förderkatalog der EU hat Josefine Loriz-Hoffmann von der EU-Kommission die Ausgleichszulage verteidigt. Vor dem DBV-Fachausschuss Agrarstruktur- und Regionalpolitik, der sich jetzt in der Wesermarsch umschaute, begründete sie zudem, warum nun eine Neuabgrenzung der benachteiligten Gebiete erfolgen soll. Massive Kritik gab es zuletzt 2003 vom Europäischen Rechnungshof an diesem Instrument der Agrarpolitik. Er hatte damals Argumente von Nichtregierungsorganisationen aufgegriffen und die Ausgleichszulage als zu vielfältig und undurchsichtig abqualifiziert. Dem möchte die Kommission nun etwas entgegensetzen und sucht daher eine moderne Begründung für die alte Maßnahme.

Der Agrarministerrat hat auf seiner jüngsten Sitzung nun einen Testprozess beschlossen. Danach soll ein wissenschaftlich basierter Kriterienkatalog im Konsens mit den Mitgliedstaaten Grundlagen für ein neues gemeinsames System schaffen. Dazu hat nach Angaben von Loriz-Hoffmann ein Sachverständigengremium einen Katalog von acht Boden- und Klimakriterien festgelegt. Aktuell sieht die Kommissionsbeamtin den idealen Zeitpunkt, um darüber zu entscheiden, ob diese Kriterien richtig und ausreichend sind. In diese Diskussion sollten sich die Mitgliedstaaten mit Anregungen und Vorschlägen einbringen.

Keinen Zweifel ließ Loriz-Hoffmann daran aufkommen, dass die Ausgleichszulage eine klare Zielrichtung zur Stabilisierung der Einkommen hat. Die Kommission sieht in der Ausgleichszulage einen Zuschuss zur Bewältigung spezieller Probleme. Damit grenzt sie sich eindeutig von den Agrarumweltmaßnahmen ab, die in ihrer Zielsetzung auf Leistungen der Landwirte zum Erhalt besonderer Naturräume oder Arten abheben.

In der eigentlichen Gebietsausweisung sah die Abteilungsleiterin Konsistenz Ländliche Entwicklung lediglich einen „technischen Akt“, der aber konkret einzelne Betriebe treffe und deshalb durchaus kompliziert sein könnte.

Und diese Komplikationen wurden bei der Bereisung in der Wesermarsch sehr deutlich. Hier läuft die Gebietsabgrenzung zwischen benachteiligtem und nicht benachteiligtem Gebiet beispielsweise in der Gemeinde Schwei mitten durch die Gemarkungen. Otto-Hermann Witting bewirtschaftet hier einen Milchviehbetrieb, dessen Wiesen sich bis zu acht Kilometer lang hinziehen. Die schmalen Handtücher sind über noch schmalere Wirtschaftwege zu erreichen. „Ich kann nur kleine Maschinen einsetzen,“ verdeutlichte Witting und beeindruckte mit seiner bunten Flurkarte die Dame aus Brüssel. Aber auch Futterlieferanten oder Milchwagen müssen sich den schmalen Wirtschaftswegen anpassen. Erste Abhilfe soll nun eine Flurbereinigung bringen. Aber die wirtschaftlichen Nachteile dieser schlechten Struktur wären nach Einschätzung des Landvolkes mit Kriterien wie Wasserlast oder Bodenqualität am besten beschrieben.

Das Landvolk Niedersachsen möchte bei der Neuabgrenzung der benachteiligten Gebiete den natürlichen Nachteil absoluter Grünlandstandorte mit berücksichtigt wissen, erläuterten Vizepräsident Heinz Korte und Geschäftsführer Jörn Dwehus. Die von Peter Cornelius, Landvolkvorsitzender in der Wesermarsch, hervorragend vorbereitete Rundfahrt lieferte dafür überzeugendes Anschauungsmaterial. Auf den Marschstandorten gibt es keine rechte Alternative zur Grünlandnutzung, die wenigen Maisflächen sahen auf den kalten und nassen Böden sehr kümmerlich aus. Wasserlasten, Küstenschutz und auch der Vogelschutz verlangen ebenfalls ihren Tribut. Claudia und Peter Cornelius aus Blexerwisch haben zu ihren 120 Kühen zwei weitere Standbeine geschaffen: eine Ferienwohnung und ein Windrad bringen Geld in die Betriebskasse, während bei der Milch zurzeit nichts überbleibt. „Unter unserem Windrad brüten die Kiebitze, aber da es im Vogelschutzgebiet steht, dürften wir keine neue Anlage errichten“, schildern sie und hoffen, dass sich die Mühle noch lange dreht. Es sind viele Probleme, mit denen die Landwirte an der Küste zu kämpfen haben: die Flächen liegen zum Teil unter Normalnull und „saufen“ immer wieder mal ab. Damit das Wasser in den Gräben nicht brackig wird, müssen Pumpen die Be- und Entwässerung regeln. Neu kommt die zunehmende Versalzung der Weser durch den Ausbau hinzu. Diese Vielzahl an Benachteiligungen stellt für die Höfe eine echte Last dar, die Ausgleichszulage könnte sie wenigstens etwas abmildern. Josefine Loriz-Hoffmann nahm viele Eindrücke aus der Wesermarsch mit.
Pressekontakt
Frau Sonja Markgraf
Telefon: 0511/36704-31
E-Mail: pressestelle@landvolk.org
Pressemeldung Download: 
Landvolk Niedersachsen - Landesbauernverband e.V.
Landvolk Niedersachsen - Landesbauernverband e.V.
Warmbüchenstr. 3
30159 Hannover
Deutschland
Telefon:  +49  0511  36704-0
E-Mail:  info@landvolk.org
Web:  www.landvolk.net
>>>  RSS
>>>  Pressefach


© proplanta 2006-2024. Alle Rechte vorbehalten.