Hannover (agrar-PR) -
Agrarministerkonferenz Die Agrarminister der Bundesländer lehnen nationale Alleingänge in
der Milchpolitik ab. Damit wollen sie der Gefahr vorbeugen, die
deutsche Milchwirtschaft zu schwächen. Auf diese Position haben sich
die Länderagrarminister auf ihrer Herbstkonferenz in der Lutherstadt
Eisleben geeinigt. Sie bedauerten, dass die EU-Kommission keine
weiteren Maßnahmen zur Belebung des Marktes vorgelegt hat.
Gegenüber der LAND & Forst äußerte sich Niedersachsens
Agrarstaatssekretär Friedrich-Otto Ripke erleichtert darüber, dass
einseitige Einschnitte an der nationalen Quote weiter tabu bleiben. Die
Agrarminister richteten den Blick nach vorn und diskutierten Wege zur
Anpassung an die Zeit nach der Quote. Dazu müssten neue Vertragsmodelle
zwischen Landwirten und ihren Verarbeitungsunternehmen entworfen
werden. Diese Forderung sei bereits einvernehmlich auf dem 3.
Milchgipfel beschlossen worden. Auf Initiative Niedersachsens wurde
auch das Thema Vorruhestand diskutiert, um sowohl wachstumswilligen als
auch um- und ausstiegsorientierten Betriebsleitern ein Angebot
unterbreiten zu können. Als nationale Aufgabe wäre dies offensichtlich
nicht zu schultern, daher wird Deutschland hier auf EU-Ebene nochmals
für eine europäische Lösung mit frischem Geld werben.
Zusätzliche Impulse werden zur Überwindung der krisenhaften
Situation auf dem Milchmarkt auch bei der Nutzung der alten
Marktordnungsinstrumente erwartet. Dazu zählen Verarbeitungs- und
Verfütterungsbeihilfen, die ebenfalls von der EU finanziert werden
müssten. Ripke sieht auch Bedarf bei Forschung und Entwicklung, um mit
innovativen Produkten neue Käuferschichten zu gewinnen. Niedersachsen
habe dazu dem Deutschen Institut für Lebensmitteltechnik in Quakenbrück
bereits einen Betrag von 14 Mio. Euro zugewiesen. Schließlich fordern
die Länder die Neuauflage eines Programms zur Förderung von
Langfristkrediten aus Bundesmitteln.
Die von den Agrarministern gefassten Beschlüsse zur Stabilisierung
des Milchmarktes sind mit sechs Protokollerklärungen einzelner Länder
oder Ländergruppen versehen und stießen auf unterschiedliche
Reaktionen. Nach Überzeugung von DBV-Präsident Gerd Sonnleitner gibt es
auf dem Milchmarkt in Europa ein gemeinsames Marktproblem, das auch nur
mit europäischen Maßnahmen gelöst werden kann. Von einer „Provokation“
für die Milcherzeuger sprach BDM-Vorsitzender Romuald Schaber, während
Fritz Jäger für das Unternehmen Milch die klare Linie der
Länderagrarminister begrüßte. Das Thema Milchmarkt rief heftige
Proteste und Blockaden mit gewalttätigen Ausschreitungen am Tagungsort
Kloster Helfta hervor. Sachsen-Anhalts Agrarstaatssekretär Dr.
Hermann-Onko Aeikens sprach von einer politisch und rechtlich
fragwürdigen Aktion, die über das Ziel hinausschieße.
Die Agrarminister haben sich in Eisleben für zukünftige Themen
positioniert und sich auf Eckpunkte zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP)
nach 2013 geeinigt. Sie halten am Zwei-Säulen-Modell fest, zu dem
stabile entkoppelte Direktzahlungen gehören. Die Beibehaltung eines
Sicherheitsnetzes im Rahmen der gemeinschaftlichen Marktorganisation
wird ebenfalls als unerlässlich angesehen. Wichtig ist den Ländern eine
eindeutige und verlässliche Finanzierungsgrundlage für die GAP. „Wir
wollen klare Spielregeln und Verlässlichkeit“, sagte Ripke im Gespräch
mit der LAND & Forst.
Entwarnung signalisieren die Länder auch gegenüber den Schaf- und
Ziegenhaltern, die ebenfalls in Eisleben zum, allerdings friedlichen,
Protest erschienen waren. Das Bundeslandwirtschaftsministerium soll
sich in Brüssel stark machen, um die 2003 beschlossene elektronische
Kennzeichnung von Schafen und Ziegen in eine Einzeltierkennzeichnung
auf freiwilliger Basis abzuändern. Hintergrund sind die technischen
Probleme bei der Umsetzung der Verordnung. Schließlich wurde in
Eisleben über Rahmenbedingungen für die künftige Bioenergienutzung
debattiert. Die Länder möchten in den nächsten Erfahrungsbericht der
Bundesregierung zum EEG frühzeitig eingebunden werden. Sie regen eine
Prüfung an, das komplizierte Boni-System zu vereinfachen und mit einer
Index-Bindung zu versehen, entweder an die Getreidepreise oder an die
Vergütungssätze.
AgE/Br
Drei Fragen an Heinz Korte,
Vizepräsident des Niedersächsischen Landvolkes
1. Wie bewerten Sie das in Eisleben erzielte Ergebnis der Agrarminister?
Es hat positive und negative Ergebnisse ergeben. Positiv sehe ich
die klare und deutliche Mehrheit gegen Einschränkungen der Saldierung
in Deutschland und damit gegen nationale Alleingänge. Ich verbinde
damit die Erwartung, dass die Debatte um die Milchquoten in Deutschland
nachlässt, weil bei vielen Milchbauern eine Verunsicherung entstanden
ist. Es ist ärgerlich, dass solche Diskussionen immer kurz vor der
Quotenbörse geführt werden und damit die Preise hochtreiben könnten.
Als unbefriedigend an den Beschlüssen der Agrarminister sehe ich, dass
mit Niedersachsen nur eine Minderheit für den Vorruhestand votiert hat.
2. Welche Maßnahmen sollte die EU-Kommission jetzt umgehend ergreifen, um den Milchmarkt nach vorne zu bringen?
Die Anhebung des Interventionspreisniveaus in der EU wirkt am
schnellsten, die USA hat mit einem Plus von 16 Prozent vorgemacht, wie
rasch so etwas geht. In den vergangenen Monaten hat die Intervention
als Preispuffer nach unten gewirkt. Bei sich entspannenden Märkten
könnte ein gegenteiliger Effekt eintreten, weil Interventionsbestände
auf den Markt drücken. Deshalb erwarten wir eine lange Zurückhaltung
der Bestände oder die direkte Verwertung über die Verfütterung.
Hilfereich wären Verfütterungs- und Verarbeitungsbeihilfen.
3. Wohin tendiert zurzeit nach ihrer Einschätzung der Milchmarkt?
Weltweit zeichnet sich eine Erholung des Milchmarktes ab, sie
entwickelt sich zu einem festeren Trend. Steigende Ölpreise beleben die
Nachfrage, aktuell ist der Markt bei sinkender Anlieferung
ausgeglichen, die Intervention wird nicht bedient. Ich erwarte von den
Molkereien, dass sie die besseren Erlöse direkt an die Milcherzeuger
weitergeben.