Hannover (agrar-PR) - Vorstand Die politische Forderung nach
einem Vorruhestandsprogramm für Landwirte stand im Mittelpunkt der
jüngsten Vorstandssitzung des Landvolkes Niedersachsen. In allen
Betriebszweigen sieht die Berufsvertretung angesichts der schwierigen
Lage auf den Märkten steigenden Bedarf für ein derartiges Angebot,
sagte Präsident Werner Hilse.
Zwei überzeugende Gründe sprechen für eine Neuauflage
einer Produktionsaufgaberente oder eines Vorruhestandsprogramms,
ergänzte Vizepräsident Heinz Korte: Ohne Gesichtsverlust und ohne
Vermögensverlust können Bauern aus der Landwirtschaft aussteigen. Damit
ist ein Vorruhestandsprogramm eindeutig ein Angebot der Sozialpolitik
und kein Marktentlastungsprogramm, das betonte auch Präsident Hilse.
Erforderlich sei daher eine möglichst schnelle Einführung des
Vorruhestandes.
Ein solches Programm würde sich an Landwirte in einem
Alter von mindestens 55 oder 60 Jahren richten, schilderte
Sozialreferent Heinz Möller dem Vorstand die möglichen Eckpunkte. Bei
einem Eintrittsalter von
60 Jahren gehen die landwirtschaftlichen
Sozialversicherungsträger von potenziell 2.400 Interessenten aus. Sie
müssten bis zum regulären Renteneintrittsalter fünf Jahre überbrücken,
die Rentenzahlung für den Antragsteller und seinen Ehegatten wird mit
8.400 Euro im Jahr angesetzt.
Unter diesen Voraussetzungen ergibt sich nach
Berechnungen ein Finanzierungsbedarf von ca. 44 Mio. Euro in den Jahren
2010 bis 2012, danach würde der Finanzbedarf abnehmen. Sollten sich nur
1.600 Landwirte für das Angebot entscheiden, würde der
Finanzierungsbedarf ebenfalls um rund ein Drittel geringer ausfallen.
Dagegen würde dieser bei einem Eintrittsalter von 55 Jahren und
prognostizierten 4.000 Interessenten bis 2014 auf annähernd 100 Mio.
Euro bis 2014 geschätzt, danach würde der Finanzierungsaufwand auch in
dieser Variante fallen.
In den Jahren 1969 bis 1983 wurden unter dem Namen
Landabgaberente und von 1989 bis 1969 als Produktionsaufgaberente
bereits ähnliche Angebote zu einem sozialverträglichen Ausstieg aus der
Landwirtschaft angeboten. Für die Produktionsaufgaberente entschieden
sich in Deutschland 23.000 Landwirte und 7.200 Arbeitnehmer. Etwa 4.000
aller Teilnehmer kamen aus Niedersachsen. Deutlich niedriger fiel die
Resonanz in Baden-Württemberg aus, während die Landwirte in
Schleswig-Holstein am eifrigsten von dem Angebot Gebrauch machten. Der
Bund hatte 1989/90 insgesamt 400 Mio. DM dafür zur Verfügung gestellt.
Der Vorstand des Landvolkes Niedersachsen sieht den
Bedarf für ein neues Vorruhestandsprogramm. Auch auf Bundesebene
diskutiert der Deutsche Bauernverband diese Forderung in seinen
Gremien, unter anderem auf der nächsten Sitzung des Sozialpolitischen
Ausschuss. Einstimmig votierte der Vorstand des Landvolkes
Niedersachsen für eine Beschlussvorlage nach Einführung eines neuen
Vorruhestandsprogramms für Landwirte, die ihre landwirtschaftliche
Produktion einstellen wollen. Landvolkpräsident Werner Hilse hat die
Landesregierung in einem Brief über diese Forderung informiert und
aufgefordert, kurzfristig die Einführung eines entsprechenden Programms
zu unterstützen und alle erforderlichen Maßnahmen zu dessen Umsetzung
auch auf Bundesebene zu ergreifen. Minister Heiner Ehlen und
Staatssekretär Friedrich-Otto Ripke haben bereits zugesagt, diese
Forderung bei der nächsten Agrarministerkonferenz auf die Tagesordnung
zu setzen.
Parallel zu der Forderung nach einem neuen
Vorruhestandsprogramm wurde mit der Landwirtschaftskammer Niedersachsen
eine Seminarreihe erarbeitet, die unter dem Thema „Zukunft in der
Landwirtschaft – Umstieg oder Ausstieg" den Betriebsleitern
Entscheidungshilfen anbieten soll. Erste Seminare dazu sollen ab
September angeboten werden, eine finanzielle Förderung durch das Land
hat das Landvolk ebenfalls gefordert.
Ausführlich diskutierte der Vorstand daneben die Lage
auf den Märkten. Mit Blick auf die katastrophalen Preise auf dem
Getreidemarkt bezweifelte Hilse, dass die aktuellen Preise die
Situation richtig widerspiegeln und begründete dies mit stetig
steigenden Verbrauchsdaten. (Lesen Sie zu diesem Thema auch Seite 20
ff.) Als Preisstütze wird einhellig die Bioenergie gewertet. Hermann
Grupe als Vorsitzender des Ausschusses regenerative Energie wehrte sich
vehement gegen stetige Eingriffe der Politik, die ihrerseits den Markt
über regulierende Eingriffe missbrauche.
Erfreulicher wertete Hilse die aktuelle Lage auf dem
Schweinemarkt. Bei steigenden Marktanteilen der deutschen Mäster seien
die Preise zurzeit stabil, dies könne ein gutes Zeichen sein, meinte
der Präsident. Auf dem Milchmarkt werde erneut eine Diskussion um die
Marktordnung geführt, schilderte Hilse seinen Eindruck von
Veranstaltungen im Land. Die Europäische Kommission dagegen ziehe sich
zunehmend aus der Verantwortung für den Markt zurück. Der Zuckermarkt
profitiere zurzeit von Höchstnotierungen am Weltmarkt, getrieben von
den Preisen für Ethanol. Aus der Arbeitsgruppe Ökolandbau wird die
Forderung nach einer Intensivierung der Agrarforschung erhoben.
Die Schwankungen an den Märkten erfordern aus
landwirtschaftlicher Sicht ein regulierendes Element. Eine praxisnahe
Lösung böte eine Risikoausgleichsrücklage, die auch der Deutsche
Bauernverband
vehement fordert.