27.10.2014 | 08:05:00 | ID: 18985 | Ressort: Landwirtschaft | Agrarpolitik

Landwirtschaftsministerin Priska Hinz: „Pflanzen und Saatgut sind keine Erfindung und deshalb nicht patentierbar“

Wiesbaden (agrar-PR) - Hessen unterstützt Forderung verschiedener Organisationen an die Große Beschwerdekammer am Europäischen Patentamt

„Züchter brauchen einen freien Zugriff auf die Vielfalt aller Sorten bzw. Rassen – dies gilt sowohl für Nutzpflanzen als auch für Nutztiere. Es ist nicht nachvollziehbar, wenn Patente wie im aktuellen Fall auf Pflanzen und Saatgut aus konventioneller Züchtung erteilt werden“, so die Ministerin heute in Wiesbaden.

 

Das Europäische Patentamt (EPA) in München hatte in 2010 bei der umstrittenen Patentierung einer speziellen Sorte von Brokkoli und Tomaten zwar entschieden, dass \"im Wesentlichen biologische Verfahren\" – also klassische Züchtungsverfahren nicht patentierbar sind. Das Patentamt interpretierte dieses Verbot aber so, dass das Saatgut und die Pflanzen die mittels dieser konventionellen Züchtungsmethoden erzeugt werden, sehr wohl als Patent angemeldet werden können.

Das Verbot der Patentierung klassischer Züchtungsverfahren läuft somit ins Leere.

 

Am Montag den 27. Oktober 2014 findet an der Großen Beschwerdekammer am Europäischen Patentamt in München die öffentliche Anhörung zu diesen Patenten von Saatgut, Pflanze und essbaren Teilen auf Brokkoli und Tomaten statt.

 

Im Vorfeld zu dieser Anhörung betont die Hessische Landwirtschaftsministerin  noch einmal ausdrücklich ihre grundsätzlich ablehnende Haltung gegenüber der Patentierung von Lebewesen. „Die zunehmende Anzahl von Patenten auf Pflanzen, Saatgut, aber auch landwirtschaftliche Nutztiere ist sehr besorgniserregend. Die Auswirkungen auf Landwirte, Züchter und schließlich auch auf den Verbraucher sind dabei nicht absehbar. Angesichts der Sicherung der Ernährung und der künftig erforderlichen Anpassung von landwirtschaftlichen Nutztieren und Nutzpflanzen an den Klimawandel ist eine solche Patentierungspraxis inakzeptabel. Es darf nicht sein, dass einige wenige Konzerne durch Patentsicherung die Kontrolle über die gesamte Nahrungskette vom Acker bis hin zum Teller erlangen“, so Ministerin Hinz abschließend.

 

 

Hintergrund:

Die Hessische Landesregierung spricht sich dagegen aus, Pflanzen und Tiere als Bestandteile der Natur zu patentieren und setzt sich seit Jahren für eine Änderungen der Biopatentrichtlinie ein, mit dem Ziel, dass Patentierung von Erfindungen, deren Gegenstand Pflanzen und Tiere sind, zukünftig ausgeschlossen wird, wenn sie auf klassischen Züchtungsverfahren wie Kreuzung und Selektion beruhen.

 

Im Jahr 2002 erteilte das Europäische Patentamt (EPA) der britischen Firma Plant Bioscience das Patent (EP 1069819) auf ein Verfahren, um Brokkoli mit einem erhöhten Anteil an einem bestimmten Inhaltsstoff (Glucosinolate) zu züchten. Das Verfahren beruht auf einer Selektion natürlicher Gene und nicht auf Genmanipulation. Das Patent beinhaltete die Züchtungsmethoden, Brokkoli-Samen und essbare Brokkolipflanzen, die durch die Züchtungsmethoden gewonnen werden.

 

Nach Einsprüchen entschied das EPA im Dezember 2010, dass Verfahren zur konventionellen Züchtung von Pflanzen und Tieren nicht patentiert werden dürfen. Im Oktober 2011 kündigte das Amt aber an, dass das Patent auf den Brokkoli als Saatgut und Pflanze nicht widerrufen werden soll.

 

Das Brokkoli-Patent wurde somit zum Präzedenzfall für die Frage der Patentierbarkeit von Pflanzen, die aus konventionellem Züchtungsmethoden stammen.

 

Die Patentrichtlinie der EU (98/44 EC) verbietet Patente auf „im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen und Tieren“.

 

Von der Großen Beschwerdekammer soll jetzt geklärt werden ob Pflanzen und Tiere, die mit solchen Verfahren gezüchtet werden, trotzdem patentiert werden können.

 

Die Große Beschwerdekammer ist das höchste Entscheidungsgremium des Amtes.

 

Mischa Brüssel de Laskay

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