11.05.2022 | 19:46:00 | ID: 33085 | Ressort: Landwirtschaft | Agrarpolitik

Liste der Reserveantibiotika: Segen des Umweltausschusses bleibt aus

Brüssel (agrar-PR) - Heute Morgen fand im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments ein Meinungsaustausch mit der Europäischen Kommission zur zukünftigen Liste derjenigen Antibiotika statt, die den Menschen vorbehalten bleiben sollen. Zentraler Punkt dabei ist, welche Antibiotika in der Humanmedizin eingesetzt werden können und welche bei Tieren, v.a. in der industriellen Tiermast. Im Kontext zunehmender Antibiotikaresistenzen kann dies eine lebensentscheidende Frage sein. Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umwelt- und Gesundheitsausschuss, kommentiert:

„‚Überzeugt sind wir nicht‘, so lassen sich die Rückmeldungen der Mitglieder des Umwelt- und Gesundheitsausschusses auf die Pläne der Europäischen Kommission zusammenfassen. Fraktionsübergreifend betonten die Mitglieder, dass der Vorschlag der Europäischen Arzneimittelagentur EMA von der Europäischen Kommission nicht zur Gesetzesvorlage für die Liste der Reserveantibiotika gemacht werden dürfe.

Die Liste enthält kein einziges derjenigen Antibiotika, die die Weltgesundheitsorganisation WHO als die für Menschen am allerwichtigsten Antibiotika einstuft (‚highest critically important antimicrobials for human use‘), welches nicht jetzt schon für die Verwendung bei Tieren nicht mehr zugelassen ist - alle aktuell erlaubten Antibiotika bleiben also weiterhin für Tiere erlaubt. Die Liste der WHO wird somit nicht umgesetzt.

Sollte die EU-Kommission die Liste ohne Änderungen übernehmen, wird der Gesamtansatz der Tierarzneimittelverordnung unterlaufen, entschieden gegen einen routinemäßigen Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung und damit gegen die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen vorzugehen. Die jetzige Liste schafft sogar einen Anreiz, weitere Präparate in der EU mit diesen Substanzen zuzulassen und damit einen höheren Verbrauch zu erzeugen.

Auch ist die Bewertungsgrundlagen der EMA anzuzweifeln - diese scheint nicht immer dem neusten Kenntnisstand zu folgen. Anders ist es nicht plausibel erklärbar, warum Colistin nicht für den Einsatz bei Tieren verboten wird. Schließlich ist bekannt, dass auf den Einsatz von Colistin sehr wohl verzichtet werden kann, wenn ein Mix aus Impfungen, Hygiene- und Managementmaßnahmen zielgenau eingesetzt wird. Einzelne EU-Länder wie Dänemark sehen inzwischen komplett von der Anwendung von Colistin ab, ebenso die Biolandwirtschaft. Es geht also ohne!

Die Aussage der Europäischen Kommission, dass die vorgelegte Liste vielleicht noch nicht der perfekte Schritt sei, aber ein wichtiger, ist ungenügend. Dass sie dafür vom CDU-Abgeordneten Norbert Lins volle Unterstützung bekommt, spricht Bände. Die Pharmaindustrie hat ganze Arbeit geleistet. Im Ausschuss der Mitgliedsländer haben sich nur drei Mitgliedsländer, darunter Deutschland, für die Aufnahme von Colistin und damit gegen die Übernahme des EMA-Vorschlages eingesetzt. Auch dieser dürfte mehrheitlich von Veterinärmediziner:innen besetzt sein, genauere Angaben zu den Ausschussmitgliedern aus dem Bereich der Humanmedizin blieb die Kommission schuldig.“

Weitere Informationen:
Hintergründe zu Martin Häuslings Einspruch gegen die Kriterien zur Erstellung der Liste der Reserveantibiotika: https://martin-haeusling.eu/themen/tierhaltung-und-tierschutz/2763-faq-zu-antibiotika-einwand.html

Studie im Auftrag von Martin Häusling zu Reserveantibiotika bei Tieren, die der Lebensmittelgewinnung dienen: https://martin-haeusling.eu/presse-medien/publikationen/2766-studie-zu-reserveantibiotika-bei-tieren-die-der-lebensmittelgewinnung-dienen.html

Redebeitrag Martin Häusling im Umwelt- und Gesundheitsausschuss am 11.05.22: https://www.youtube.com/watch?v=vfzo17IxA_g

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