05.07.2011 | 15:06:00 | ID: 10028 | Ressort: Landwirtschaft | Agrarpolitik

Neue EU-Lebensmittelkennzeichnung: Von der Lebensmittelkennzeichnung zur Verbraucherinformationsverordnung: "Eine schwere Geburt"

Wien (agrar-PR) - Nach über dreijähriger Diskussion über eine Totalreform der Kennzeichnung von Lebensmitteln, einer ausschließlichen EU-Kompetenz, haben sich Europäischer Rat, Europäisches Parlament und Europäische Kommission im sogenannten Trilog vor zwei Wochen auf einen Kompromiss geeinigt, der von allen Seiten ausreichend Akzeptanz findet.
Aus der Richtlinie zur Lebensmittelkennzeichnung wird die Verbraucherinformationsverordnung. Sie wird am 6. Juli im Europäischen Parlament in zweiter Lesung gebilligt und muss dann vom Rat nur noch formell beschlossen werden (womit noch im Juli gerechnet wird). 
 
Damit werden die Spielregeln für die Kennzeichnung allgemein, aber auch Spezialbereiche wie die Nährwert- und Allergenkennzeichnung, der Täuschungsschutz oder die Herkunftskennzeichnung neu geregelt.


Neue Regeln für Herkunftskennzeichnung

Speziell zur Herkunftskennzeichnung hatte es ein heftiges Tauziehen zwischen Rat und Parlament gegeben. 
 
Der Kompromiss enthält:

· verpflichtende Herkunftskennzeichnung für Frischfleisch (Schwein, Geflügel, Schaf, Ziege); Details durch Kommission innerhalb von zwei Jahren
· Prüfung von Milch, Fleisch in Verarbeitungsprodukten, Produkten mit 1 Zutat (Bericht innerhalb von fünf Jahren)
· verpflichtende Herkunftsangabe, wenn Hauptzutat und Fertigprodukt verschiedenen Ursprungs
· verschärfte Bestimmungen zum Täuschungsschutz, auch im Hinblick auf die Herkunft
· nationale Option für zusätzliche verpflichtende Herkunftskennzeichnung
 
Unberührt von der Verbraucherinformationsverordnung bleiben die derzeit sechs Produktbereiche, die in anderen Verordnungen verpflichtend bezüglich ihrer Herkunft zu kennzeichnen sind. Das sind Obst und Gemüse, Eier, Honig, Fische, Rindfleisch und Bio-Produkte. 

 
Akzeptabler Kompromiss, aber vieles offen bzw. noch zu tun

"Man kann mit dem Kompromiss leben, aber wir hätten uns mehr gewünscht", erklärte dazu Gerhard Wlodkowski, Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich. Neben den verbesserten Spielregeln für die Herkunftskennzeichnung und -auslobung hob Wlodkowski auch noch das Täuschungsverbot durch Imitate hervor. 
 
Was ist aus Sicht der agrarischen Interessenvertretung offen geblieben bzw. noch zu tun?

· rasche Umsetzung der Frischfleischkennzeichnung für Schweine- und Geflügelfleisch
· analoge Regelung für Milchprodukte bzw. Fleisch in Verarbeitungserzeugnissen
· klare und praktikable Spielregeln für den Täuschungsschutz bezüglich der Herkunft


Was ist noch zu tun?

· Bei der Frischfleischkennzeichnung sollte das Prinzip "geboren, gemästet, geschlachtet" die Basis sein, d.h., dass österreichisches Schweinefleisch nur von solchen Tieren stammt, die ihr ganzes Leben hier verbracht haben. Dieses Prinzip gilt bereits seit über zehn Jahren bei Rindfleisch.
· Die Konsumentenerwartung ist der Maßstab bei der praktischen Umsetzung. Unter diesem Blickwinkel sollte ein "Käse aus Österreich" aus österreichischer Milch sein, die hier zu Käse verarbeitet wurde. "Wo Österreich draufsteht, muss Österreich drin sein", so die einfache Verständlichkeit für Verbraucher.
· Beim Täuschungsschutz arbeitet die Codex-Kommission an einer praktikablen Umsetzung, es wurden auch bereits herzeigbare Resultate erzielt. Dennoch gibt es hier noch einiges zu präzisieren bzw. praktikabel zu machen. "Eine Bauernbutter von der Großmolkerei, dafür eine Landbutter vom Direktvermarkter entsprechen vermutlich nicht den Vorstellungen der Konsumenten", meinte Wlodkowski kritisch. Zur Erinnerung: Definition und Vollzug des Täuschungsschutzes sind nationale Aufgabe.
· Es braucht ebenfalls praktikable Regelungen für Imitate, damit Käse Käse bleibt.


Place of farming-Labelling: Bitte warten

Neben der Verbraucherinformationsverordnung regelt auch die agrarische Marktordnung manche Produktbereiche, wie z.B. Obst und Gemüse. In der gerade eröffneten Diskussion zum sogenannten Qualitätspaket (das u. a. geschützte Herkunftskennzeichnungen regelt) möchte die Kommission auch ein "Place of farming-Labelling" einführen, bei dem z. B. die Herkunft der Milch im Käse angegeben werden muss. Wlodkowski dazu: "Ob die Herkunft der Milch in der Verbraucherinformationsverordnung oder in der Marktordnung geregelt wird, ist sekundär. Wichtig sind verständliche und stimmige Rechtsgrundlagen." Derzeit wird kommissionsintern geprüft, ob und wie im Rahmen der Marktordnung eine solche Kennzeichnungsregelung machbar ist.

 
Position LK Österreich - praktische Beispiele
 
Spielregeln für die Herkunftsauslobung sollen einfach und verständlich sein.
 
· "Wenn Österreich draufsteht, muss Österreich drin sein."

Beispiele: "Österreichischer Gouda", "Waldviertler Milch", "Wachauer Marillenmarmelade", "Weinviertler Salami", "Kärntner Speck", "Mozzarella aus Österreich", "Käse aus Österreich", "Eine Spezialität aus Salzburg", "Qualität aus Österreich", "Ein Vorarlberger Produkt", "echt gut aus Österreich", "Tiroler Spezialität"
 
· "Wenn es wie Österreich ausschaut, muss klar sein, was aus Österreich drin ist"

Beispiele für unklare Begriffe und Symbole, bei denen Klärungsbedarf besteht:: Österreich-Fahne/Banderole, Wappen, Symbolfiguren, "typisch österreichisch", "Österreich ist schön", "täglich Waldviertel", "Schafkäse mit Tradition" + Österreichfahne, "Gaumenfreude aus Österreich" (lk-ö)
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