05.10.2015 | 14:00:00 | ID: 21181 | Ressort: Landwirtschaft | Agrarpolitik

Umweltministerium prüft weiter Pflanzenschutzsteuer

Kiel/Berlin (agrar-PR) - Minister Robert Habeck: „Das EU-Recht verlangt eine Minimierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln“
Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck will die Debatte um eine mögliche Steuer auf Pflanzenschutzmittel (PSM) intensiv fortführen. „Wir müssen geeignete Wege finden, um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und damit die Einträge in die Umwelt zu reduzieren. Das ist Handlungsauftrag, der sich aus den EU-rechtlichen Vorgaben ergibt, und Ziel der Bundesregierung. Daher sollten wir die Möglichkeit einer Steuer auf Pflanzenschutzmittel, wie es sie schon in Dänemark, Frankreich und Schweden gibt, diskutieren. Ziel muss eine effiziente Lenkungswirkung sein“, sagte Habeck heute (5. Oktober) in Berlin, wo ein vom Ministerium in Auftrag gegebenes Gutachten bei einem Fachgespräch mit Akteuren aus Naturschutz, Landwirtschaft, Wissenschaft und Politik vorgestellt wurde.

Einnahmen einer PSM-Steuer sollten in die Landwirtschaft zurückfließen

Das im Juli 2014 in Auftrag gegebene Gutachten des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung aus Leipzig kommt zu dem Ergebnis, dass eine solche Steuer wichtige Impulse zur Begrenzung des weiter steigenden Einsatzes von Pestiziden in der Landwirtschaft setzen kann. Die Forscher schlagen einen Grundabgabesatz in Hohe von 20 EUR für die maximal zulässige Aufwandmenge je PSM pro Hektar und Jahr (Hektar-Basispreis) vor; hinzu kommen ein spezifischer Risikozuschlag für Gesundheitsgefahren sowie weitere Zuschlagsfaktoren, etwa für Haus- und Kleingartenmittel. Die Abgabe würde den Gutachtern zufolge den PSM-Einsatz, der typischerweise nur wenige Prozent der landwirtschaftlichen Produktionskosten ausmacht, im Durchschnitt um rund 40 Prozent je Hektar verteuern. Insgesamt rechnen die Gutachter bei ihrem Vorschlag mit Einnahmen von einer Milliarde Euro.

„Das Gutachten ist Grundlage für eine intensive Diskussion“, betonte Habeck. Es zeige Wege auf, wie es gehen kann. Anregungen und Kritik würden in der Diskussion ernst genommen und in die Überlegungen einfließen. „Die Landwirtschaft steht unter großem ökonomischen Druck. Vor diesem Hintergrund gilt es, kluge Wege zu finden, wie potenzielle Einnahmen in die Landwirtschaft zurückfließen können, das ist ein wichtiger Aspekt“, sagte Habeck. Das Ministerium werde in den kommenden Monaten das Gutachten mit Bund und anderen Ländern sowie Naturschutz, Landwirtschaft, Wissenschaft und Politik weiter diskutieren, auch mit einer Veranstaltung in Schleswig-Holstein.

Dem Gutachten zufolge ist in den letzten 20 Jahren der PSM-Absatz stetig angestiegen. 2013 seien in Deutschland knapp 100.000 Tonnen Pflanzenschutzmittel mit über 30.000 Tonnen an Wirkstoffen verkauft worden. Nach dem aktuellen Bericht des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit wurden im Jahr 2014 exakt 106.155 Tonnen Pflanzenschutzmittel und 34.515 Tonnen Wirkstoffe abgesetzt.

Pflanzenschutzmittel führen zur Beeinträchtigung von Gewässern

Die Auswirkungen auf die Umwelt zeigt dabei ein Bericht der Landesregierung, für den die Daten für Schleswig-Holstein aus den Jahren 2010 bis 2014 ausgewertet wurden. Sie deuten auf eine erhebliche ökotoxikologische Beeinträchtigung der Gewässerbiologie hin. „Auch im Grundwasser sind Rückstände der Pflanzenschutzmittel und ihrer Abbauprodukte in relevantem Ausmaß zu finden. Dabei ist es die Quelle für unser gesamtes Trinkwasser. Deshalb müssen uns diese Befunde zu denken geben“, betonte Habeck.

Dem Bericht zufolge werden Pflanzenschutzmittelwirkstoffe in Fließgewässern regelmäßig in nahezu allen untersuchten Proben gefunden. So wurden insgesamt an 327 Messstellen des reduzierten Gewässernetzes 1.717 Wasserproben auf Pflanzenschutzmittel untersucht. In 91 Prozent der 298 untersuchten Messstellen wurden Pflanzenschutzmittel oder deren Abbauprodukte in zumeist niedrigen Konzentrationen nachgewiesen. An 58 Wasserkörpern werden die europaeinheitlich festgelegten Umweltqualitätsnormen überschritten, so dass diese zehn Prozent der schleswig-holsteinischen Wasserkörper nicht im guten Zustand nach der Wasserrahmenrichtlinie sind. Besonders häufig wurden in Fließgewässern AMPA – ein Abbauprodukt von Glyphosat – mit 68 Prozent der Befunde nachgewiesen. Glyphosat wurde in knapp 40 Prozent und das Herbizid Terbuthylazin in knapp 30 Prozent der Befunde nachgewiesen.

Seen wurden in 2012 auf das Vorkommen von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen untersucht. Dabei wurde in sechs Seen Glyphosat und in 20 Seen dessen Abbauprodukt nachgewiesen. Weitere Pflanzenschutzmittelrückstände wurden nicht gefunden. Auch im Grundwasser werden Wirkstoffe von Pflanzenschutzmitteln oder deren Abbauprodukte nachgewiesen. Im oberen Grundwasserleiter traten von 2010 bis 2014 in 36 Prozent der insgesamt 387 untersuchten Messstellen Nachweise auf. Überschreitungen des Grenzwertes von PSM-Wirkstoffen wurden in drei Prozent der Messstellen festgestellt, und auch die sogenannten „nicht relevanten Metabolite“ überschreiten in rund drei Prozent die Orientierungswerte.

„Zwar sind sie in Bezug auf die Überschreitung des Grenzwerts nicht Besorgnis erregend, die landesweiten Nachweise zeigen aber, dass unerwünschte Stoffe ins Grundwasser gelangen. Dieses trifft insbesondere auf nicht relevante Metabolite zu, die zunehmend im Grundwasser gefunden werden." (Pd)
Pressekontakt
Frau Nicola Kabel
Telefon: 0431 / 988-7201
E-Mail: pressestelle@melur.landsh.de
Pressemeldung Download: 
Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein
Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein
Mercatorstraße 3
24106 Kiel
Deutschland
Telefon:  +49  0431  988-0
Fax:  +49  0431  988-7209
E-Mail:  pressestelle@melund.landsh.de
Web:  www.melund.landsh.de
>>>  Pressefach


© proplanta 2006-2024. Alle Rechte vorbehalten.