02.12.2009 | 00:00:00 | ID: 3928 | Ressort: Landwirtschaft | Agrarwirtschaft

Gastvortrag

Hannover (agrar-PR) - Für Hannovers Bauern hatte Peter Harry Carstensen viel Zeit mitgebracht. Nach seinem Vortrag beim Kreislandvolkverband Hannover in Pattensen am Mittwoch vergangener Woche stellte sich der Ministerpräsident Schleswig-Holsteins noch einer langen Aussprache und erwarb Sympathien durch seine hohe Kompetenz – kein Wunder, denn Carstensen ist diplomierter Landwirt.


Eingestimmt auf die Erwartengen der Landwirte hatte der Kreisverbandsvorsitzende Heinrich Blume mit einem Blick auf die negative derzeitige Erzeugerpreissituation. Die Entwicklung stehe in krassem Gegensatz zum Bedarf der wachsenden Weltbevölkerung. Mit Blick auf die Öffnung zum Weltmarkt forderte er von der EU, dass diese allerdings auch bei knappen Märkten gelten müsse und dann nicht durch Brüsseler Restriktionen blockiert werde. Zugleich mahnte Blume einen verlässlichen politischen Rahmen für landwirtschaftliches Handeln an. Das Beispiel Biodiesel mit dem Zusammenbruch vieler Ölmühlen zeige, wie wichtig dieser ist. Von Carstensen erwartete er Antworten auf die Frage, welchen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen sich die Bauern in Zukunft stellen müssen. Und die blieb der Ministerpräsident in keiner Weise schuldig.

Als einen „grundlegenden Schlüsselsektor der Volkswirtschaft“ stellte Carstensen die Landwirtschaft heraus und wies ihr einen wichtigen Platz im Mittelstand zu. Sie sei ein stabilisierender Faktor in der Krise, die Carstensen allerdings noch nicht beendet glaubte. Natürlich müssten Bauern mit ihrer Arbeit Geld verdienen, niemand produziere Nahrungsmittel, weil er „im Roten Kreuz ist“, sagte Carstensen. Zugleich skizzierte er umfangreiche gesellschaftliche Anforderungen an die Bauern. Nur gesunde Betriebe könnten indes Nachhaltiges für die Gesellschaft leisten.

Zur Verbesserung der Einkommensperspektiven sah Carstensen zuerst die Landwirtschaft selbst in der Pflicht. Ganz klar stellte er heraus, dass sich das Rad der Globalisierung nicht mehr zurückdrehen lasse. Dem müsse sich die Landwirtschaft durch striktes Kostenmanagement und marktgerechte Produktion stellen. Für den wirtschaftlichen Erfolg entscheide nicht die Größe der Betriebe allein, immer größere Bedeutung komme der Ausbildung und den Fähigkeiten der Betriebsleiter zu. Auch müsse sich die Wertschöpfungskette stärker als bisher an den Interessen der Landwirtschaft orientieren. Scharfe Kritik äußerte Carstensen in diesem Zusammenhang an der Molkereiwirtschaft. Zusammenschlüsse von Molkereien dürften kein Tabu sein; „Notfalls müssen die Unternehmen dazu gezwungen werden!“, forderte der Ministerpräsident. Zudem müsse die Lebensmittelindustrie das verwenden, was der Verbraucher erwarte, nahm Carstensen Analogkäse und Analogschinken aufs Korn.

Politik muss Türen öffnen

Gleichwohl müsse die Politik dafür sorgen, dass die Landwirtschaft mit den neuen Rahmenbedingungen zurecht komme. Zweifellos sei die Weltmarktsituation für die Landwirtschaft schwierig geworden. Dennoch biete die Globalisierung auch neue Absatzchancen für die deutsche und europäische Landwirtschaft. An der Politik sei es, die Türen zu diesen neuen Märkten zu öffnen. „Wir brauchen sowohl die Weltmärkte als auch die Wochenmärkte“, sagte Carstensen. Weiterhin nötig sei aber ein gewisser Schutz vor außergewöhnlichen Marktrisiken.

Carstensen war überzeugt, dass angesichts der angespannten Welternährungssituation das Interesse an einer sichereren regionalen Versorgung mit Lebensmitteln in Europa künftig steigen wird. Den Fokus richtete er dabei auf den Qualitätsvorsprung. „Ohne Qualität werden wir keine Geschäfte machen“, warnte er. Und die Landwirtschaft brauche dazu auch die Partner für die Vermarktung ihrer Produkte. In diesem Zusammenhang erinnerte er kritisch an die Milchdemos. Die Molkereien müssten als Partner gesehen und nicht beschimpft werden.

Kampf um Erste Säule

Für den künftigen Kurs der europäischen Agrarpolitik wird nach Einschätzung von Carstensen viel Überzeugungsarbeit nötig sein, um das bisherige Zwei-Säulen-Modell weiter zu führen und die Direktzahlungen zu erhalten, und zwar sowohl bei etlichen EU-Mitgliedsländern in der Gemeinschaft als auch bei der Argumentation gegenüber der Öffentlichkeit. Es sei niemand mehr zu vermitteln, dass Landwirte Ausgleichszahlungen für eine Preissenkung erhalten, die „der Vater einmal hinnehmen musste“. Carstensen rückte stattdessen die Honorierung von erwünschten Leistungen für die Gesellschaft in den Vordergrund. Diese müssen vergütet statt nur entschädigt werden. In diesem Sinne sei die Agrarpolitik dann auch eine Politik für die Allgemeinheit. Allerdings müsse die Landwirtschaft ihre erbrachten Leistungen der Öffentlichkeit viel stärker vermitteln und dabei auch die bei vielen vorhandenen Sympathien für die Landwirtschaft nutzen.

Neben der Honorierung von Umweltleistungen, die Carstensen beim Naturschutz lieber auf der Basis freiwilliger Vereinbarungen sehen wollte, spiele vor allem der Erhalt und der Ausbau der sozialen Absicherung in der Landwirtschaft eine wichtige Rolle. Er betonte aber, dass Deutschland hier bereits jetzt einen Spitzenplatz in Europa einnehme und von anderen EU-Ländern beneidet werde.
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