17.01.2023 | 16:00:00 | ID: 35187 | Ressort: Landwirtschaft | Agrarwirtschaft

Prognose der Wirtschaftsentwicklung für das laufende Wirtschaftsjahr 2022/23 - Deutlich bessere Rahmenbedingungen

Berlin (agrar-PR) - Die Landwirtschaftskammern legen ihre Vorschätzung über die Entwicklung der Ergebnisse für das laufende Wirtschaftsjahr 2022/23 vor.
Die vorliegende Prognose basiert auf den Buchführungsergebnissen von Haupterwerbsbetrieben des Vorjahres 2021/22, auf Ergebnissen des laufenden Wirtschaftsjahres und auf Trendanalysen.

Das Wirtschaftsjahr 2022/23 bringt für die landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebe insgesamt merklich verbesserte Rahmenbedingungen. Die Betriebsformen profitieren in unterschiedlichem Ausmaß. Für die Ackerbaubetriebe wird eine weitere, moderate Verbesserung der Gewinne prognostiziert. Nach unbefriedigenden Jahren erreichen die Futterbaubetriebe nunmehr Rekordergebnisse. Angespannt bleibt die Situation für die Veredlungsbetriebe, obgleich sich die Anzeichen für eine Besserung verdichten.

Rückblick auf eine zu warme und zu trockene Erntesaison 2022

Nach einem milden Winter herrschte im Frühjahr 2022 überwiegend zu warmes Wetter. Der trockene Sommer sorgte für einen frühen Erntebeginn. Das bundesweit uneinheitliche Ertragsniveau ist hauptsächlich auf unterschiedliche Niederschlagsereignisse zurückzuführen.

Die Erträge bei Getreide entsprachen in etwa dem langjährigen Mittel und lagen geringfügig über dem Niveau des mäßigen Vorjahres. Rapsbestände konnten dagegen deutliche Ertragssteigerungen verzeichnen.

Die Zuckerrüben zeigten sich bei der anhaltenden Trockenheit des letzten Sommers anpassungsfähig. Niederschläge im Spätherbst führten in vielen Regionen zu spätem Massenwachstum. Die Erträge waren trotzdem niedriger als im Vorjahr. Die zahlreichen Sonnenstunden brachten demgegenüber hohe Zuckergehalte ein, die aber mit zunehmenden Niederschlägen wieder abnahmen.

Bedingt durch den heißen Sommer fielen die Erträge bei Kartoffeln niedriger aus. Vor allem bei fehlender Bewässerung kam es zu gravierenden Ernteeinbußen. Die meisten Bestände reiften früh ab. Zu diesem Zeitpunkt waren die Böden noch durchgetrocknet und hart. Das machte die Ernte schwierig und verursachte Qualitätsprobleme.

Die Silomaiserträge konnten die Ertragserwartungen nicht erfüllen. Die Sommertrockenheit 2022 sorgte für geringes Massenwachstum und verringerten Kolbenansatz. Auch das Grünland brachte in einigen Regionen nicht ausreichende Grundfuttermengen. Insgesamt waren die Futterbaubetriebe in der Lage, qualitativ ansprechende Silagen anzulegen.

Preise der Marktfrüchte ziehen weiter an

Die Unsicherheiten der Ukrainekrise haben die Marktpreise aller Getreidearten an den Handelsbörsen – trotz einer global ausreichenden Erntemenge nahezu auf Vorjahresniveau – deutlich steigen lassen. Ausgehend von hohen Vorjahreswerten zogen die Preise für Getreide im ersten Halbjahr des laufenden Wirtschaftsjahres weiter an. Über das gesamte Wirtschaftsjahr gesehen rechnen die Landwirtschaftskammern mit Notierungen, die um gut 20 Prozent über dem Vorjahreszeitraum liegen.

Basierend auf bereits hohen Preisen für Raps zum Ausgang des zurückliegenden Wirtschaftsjahres 2021/22 zogen die Kurse nach der Ernte 2022 nochmals an. Für das laufende Wirtschaftsjahr 2022/23 rechnen die Landwirtschaftskammern mit Preisen, die ebenfalls 20 Prozent über denen des Vorjahres liegen.

Die Ertrags- und Qualitätseinbußen der Kartoffeln durch Hitze und Trockenheit haben zu steigenden Kartoffelpreisen geführt. Gegenüber dem Vorjahr ergibt sich ein Plus von bis zu 60 Prozent.

Spitzenerlöse für Milch

Die anhaltend rückläufige Milchproduktion beeinflusst derzeit die Milchpreise EU-weit positiv. So wurden bereits vor dem Jahreswechsel vielerorts zeitweise mehr als 60 Cent je Liter erlöst. Nach Einschätzung der Landwirtschaftskammern werden sich die Preise auch im zweiten Halbjahr auf höherem Niveau halten. Insofern wird von einem weiteren ganzjährigen Plus des Erzeugerpreises zwischen 25 und 35 Prozent ausgegangen.

Schlachtrindernotierungen erfreulich

Die Preise für Jungbullen verharrten im ersten Halbjahr des laufenden Wirtschaftsjahres stabil auf hohem Niveau. Mit einem eher spärlichen Angebot an Altkühen ist für das zweite Halbjahr des laufenden Wirtschaftsjahres zu rechnen, was insgesamt moderat höhere Erlöse als im Vorjahr erwarten lässt. Die Kälberpreise ziehen über das gesamte Jahr gesehen überwiegend an. Ähnlich stellt sich die Situation bei Färsen dar. In der Gesamtvorschau werden Preise prognostiziert, die sich mit 5 bis 20 Prozent über dem Vorjahresniveau bewegen.

Markt für Ferkel und Schlachtschweine hoffnungsvoll

Im Wirtschaftsjahr 2022/23 werden sich die Erzeugerpreise für Ferkel und Mastschweine auf einem signifikant höheren Niveau als in den beiden ruinösen Vorjahren bewegen. Seit dem Frühjahr 2022 setzt ein Aufwärtstrend bei den Notierungen ein. Die EU-weit abnehmenden Bestände haben zu einem Angebotsrückgang geführt. Im zweiten Halbjahr 2022 festigten sich die Märkte. Zum Jahreswechsel wurden Preise bis zu 60 EUR je Ferkel und ein Erlös von 2 EUR/kg Schlachtgewicht notiert. Das entspricht einer Umsatzsteigerung für Ferkel von 40 bis 60 Prozent und für Mastschweine von 30 bis 40 Prozent.

Die hohen Ferkel- und Jungsauenpreise sowie die gestiegenen Futter- und Energiekosten sorgen demgegenüber für spürbare Mehrausgaben in Veredlungsbetrieben.

Betriebsmittelausgaben insgesamt weiter steigend

Bereits das Vorjahr war durch besorgniserregende Steigerungen der Betriebsausgaben gekennzeichnet. Krisen- und inflationsbedingt wird mit einer Erhöhung von Ausgaben für Düngemittel in einer Spanne zwischen 12 und 22 Prozent gerechnet. Für Energie müssen die Landwirte zwischen 25 und 50 Prozent mehr ausgeben. In Anbetracht einer knappen Grundfutterversorgung sind im laufenden Wirtschaftsjahr 2022/23 mehr Futtermittel zuzukaufen. Demgemäß ziehen die Ausgaben für Futtermittel zwischen 20 und 30 Prozent an.

Futterbaubetriebe mit hoher Gewinnsteigerung

Für Milcherzeuger werden bei auskömmlichen Milchpreisen vollkostendeckende Ergebnisse erwartet. Auch in der Bullenmast stimmt die Preisentwicklung zuversichtlich. Allerdings können Rindermäster und Mutterkuhhalter im Wirtschaftsjahr 2022/23 die erheblichen Mehrkosten voraussichtlich nicht mit den moderat besser eingeschätzten Erlösen ausgleichen. Deutlich niedrigere Grundfuttererträge aus der Ernte im Jahr 2022 erfordern in einigen rindviehhaltenden Betrieben einen kostspieligen Grundfutterzukauf.

Die deutlich gestiegenen Preise für Milch, verarbeitete Milchprodukte und Rindfleisch wirken sich, trotz höherer, Kosten sehr positiv auf die Gewinne der Futterbaubetriebe aus. Die Betriebsergebnisse steigen zwischen 28 und 75 Prozent an und schwanken um die 150.000-EUR-Marke.

Damit können die eingesetzten Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und Kapital in allen Kammerländern vollumfänglich vergütet werden. Das Maß der Vergütung wird als Nettorentabilität bezeichnet und in Prozent angegeben. Die anzustrebende 100-Prozent-Marke wird durchweg überschritten, so dass flächendeckend Unternehmergewinne realisiert werden können, die für Konsolidierung und Rücklagenbildung zur Verfügung stehen.

Marktfruchtbetriebe mit deutlicher Gewinnsteigerung

Im Ackerbau entwickelte sich bei allen Feldfrüchten eine komfortablere Erlössituation. Obwohl es trocken war, konnten dennoch in den meisten Regionen höhere Hektarerträge bei Getreide und Raps erzielt werden. Bei den Hackfrüchten lagen die Erträge unter dem Vorjahresniveau, was dennoch angesichts spürbar gestiegener Marktnotierungen in der Ernte 2022 zu höheren Umsätzen führte.

Wie beschrieben, haben die landwirtschaftlichen Betriebe im laufenden Jahr aber auch mit deutlich gestiegenen Ausgaben zu kämpfen. Im Bereich des Ackerbaus betrifft dies vor allem die Positionen Düngemittel sowie Treib- und Schmierstoffe.

Relativ verhalten wird die Situation für das Saarland, für Schleswig-Holstein und für Rheinland-Pfalz bewertet. Deren Unternehmensergebnisse werden die 100.000-EUR-Marke voraussichtlich nicht überschreiten. In Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen werden die erwarteten Gewinne aufgrund regional spezieller Produktionsausrichtungen und Betriebsgrößen optimistischer prognostiziert. Für diese Länder werden Gewinne um die 130.000 EUR erwartet.

Die Nettorentabilitätskennzahlen erreichen überall Größenordnungen jenseits der 100-Prozent-Marke. Zusammenfassend können die Ackerbaubetriebe wieder Eigenkapital aufbauen.

Veredlung: Stabilisierung auf niedrigem Niveau

In Europa und weltweit benötigen Schweineproduzenten angesichts der Kostensteigerungen angemessene Markterlöse zur Kostendeckung. Angesichts sinkender Viehzahlen erwarten Marktexperten ein weiter rückläufiges Ferkel- und Mastschweineangebot. Diese Verknappung wird positive Marktimpulse generieren. Und die Marktnotierungen werden sich voraussichtlich auf einem höheren Niveau einstellen. Die verbesserten Rahmenbedingungen auf den Veredlungsmärkten werden zu einer Stabilisierung der Gewinne auf niedrigem Niveau führen. Corona-Nothilfen verbessern zusätzlich die Liquidität einiger Veredlungsbetriebe.

Erwartet wird das Unternehmensergebnis des laufenden Wirtschaftsjahres in einer Spanne zwischen 61.000 EUR in Niedersachsen und 77.000 EUR in Rheinland-Pfalz. Dieses Gewinnniveau entspricht einer Nettorentabilität von 70 bis 100 Prozent. Letztendlich ist dadurch nur regional eine angemessene Entlohnung der eingesetzten Familienarbeitskräfte zu erzielen.

Gewinne im Weinbau geben nach

Für den Weinbau gehen die Fachleute aus Rheinland-Pfalz im Rahmen der Prognose nicht von einer Ergebnissteigerung, sondern sogar von einem leichten Rückgang (-5,5 %), aus. Die Naturalerträge des Vorjahres konnten zwar trotz langer Trockenheit für Rheinland-Pfalz insgesamt gehalten werden, regional wurde jedoch auch deutlich weniger geerntet. Dies trifft vor allem für die Lagen an der Mosel und in Rheinhessen zu. Gegenüber dem Herbst 2021 wurden nur in der Pfalz mehr Weintrauben gelesen.

Winzer kämpfen aktuell mit einem merklichen Konsumrückgang. Dieser trifft das mittlere und obere Preissegment stärker als die Basisweine. Zwar wurde der Flaschenpreis insbesondere im Basissortiment moderat angehoben, Umsatzzuwächse werden jedoch schwer zu erzielen sein. Auf der Kostenseite sind Weinbaubetriebe sogar stärker als andere Betriebsgruppen von der Steigerung bei den Personal- und Materialkosten betroffen, wie der Erhöhung des Mindestlohns für Aushilfen.

Alle Regionen und Betriebsformen partizipieren vom aktuellen Aufschwung

Die weltweit vorherrschende Wirtschaftssituation sorgt aktuell für Marktverhältnisse, von denen die bäuerlichen Familienbetriebe profitieren. Wie die Prognose der Wirtschaftsergebnisse für 2022/23 zeigt, prosperieren dadurch sämtliche Betriebsformen. Futterbau- und Ackerbaubetriebe partizipieren von den steigenden Umsatzerlösen deutlich. Der in den vergangenen Jahren existenzvernichtenden Einkommenssituation in der Veredlung wird durch die aktuelle Erholung auf den Fleischmärkten zumindest Einhalt geboten.

Der durchschnittliche Gewinn der Betriebe wird sich bundesweit insgesamt zwischen 30 und 60 Prozent verbessern. Erreicht werden Unternehmensergebnisse zwischen 100.000 EUR und 150.000 EUR.

Die Unternehmensergebnisse betrugen in der vergangenen Dekade im Durchschnitt weniger als 60.000 EUR. Die Betriebsleiter mussten somit für Neuinvestitionen auf Abschreibungen und hohe Fremdkapitalfinanzierung zurückgreifen. Unter den derzeitigen Bedingungen erscheint ein Unternehmensergebnis von 100.000 EUR für einen Haupterwerbsbetrieb erforderlich, um den Ansprüchen einer angemessenen Entlohnung und Risikodeckung nachhaltig zu entsprechen. Dies auch mit Blick auf die vom Gesetzesgeber geforderten Investitionen für eine zukunftsweisende Bewirtschaftung der Unternehmen.

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