21.09.2011 | 10:30:00 | ID: 10740 | Ressort: Landwirtschaft | Agrarwirtschaft

Regionale Lebensmittel ehrlich kennzeichnen

Bad Kreuznach (agrar-PR) - Regionalität ist ein Megatrend. Immer mehr Verbraucher greifen gerne und immer öfter bei regionalen Lebensmitteln zu.
Sie wünschen sich Erzeugnisse, die sie mit einem guten Gefühl konsumieren können, weil sie ehrlich und transparent in einer vertrauten Gegend erzeugt und mit heimischen Zutaten produziert wurden und keine langen Transportwege hinter sich haben. Doch der aufkommende Regionalboom kann leider auch dazu führen, dass der Regionenbegriff überstrapaziert wird und immer mehr Produkte, die die Bezeichnung eines regionalen Erzeugnisses nicht verdienen, als solche bezeichnet und vermarktet werden. Mangelnde Klarheit und Eindeutigkeit schwächt aber die Idee der regionalen Vermarktung. Daher wünscht sich auch die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz Klarheit und Eindeutigkeit bei der Bezeichnung, aber auch eine Versachlichung der Diskussion im Interesse der Verbraucher und der landwirtschaftlichen Erzeugerbetriebe in den Regionen.

Bereits der Begriff "Regionale Lebensmittel" legt nahe, dass bei den damit bezeichneten Erzeugnissen Produktion, Verarbeitung, Vermarktung und Konsum räumlich nahe beieinander liegen und dass es sich um Erzeugnisse handelt, die in besonderer Weise mit einer bestimmten Region, dort erzeugten Rohstoffen sowie traditioneller Erzeugungsmethoden und Rezepturen verbunden sind. Sie sorgen in der Region für Wertschöpfung und für den Erhalt regionaler Arbeitsplätze. Kurze Transportwege sparen Energie und schonen die Umwelt. Somit sollte die Verwendung der Bezeichnung regionalen Erzeugern und Regionalvermarktungsinitiativen vorbehalten bleiben, die ihre Produkte ehrlich und transparent für den Verbraucher herstellen und vermarkten. Es liegt auf der Hand, dass regionale Handelsmarken und Erzeugnisse von industriellen Großunternehmen der Ernährungswirtschaft, die Regionalität lediglich suggerieren, diesem Gedanken nicht entsprechen können und für Marketingaussagen zuweilen missbraucht werden.

Die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz setzt sich in enger Abstimmung mit anderen Landwirtschaftskammern im Bundesgebiet und Zusammenschlüssen landwirtschaftlicher Direktvermarkter dafür ein, einen glaubhaften Ansatz für die Definition regionaler Produkte zu finden. Diesen möchte sie in die allgemeine Diskussion mit einbringen, wobei auch Wert auf Praktikabilität gelegt wird. Unbestritten ist, dass Monoprodukte (Obst, Gemüse, Honig, Fleisch) mit Herkunftsbezeichnung zu 100 Prozent aus einer definierten Region stammen müssen. Bei aus mehreren Komponenten zusammengesetzten Lebensmitteln (Brot, Wurst, Teigwaren, Müsli) muss jedoch eine differenziertere Betrachtung erfolgen. Eine Forderung, dass bei diesen mindestens 95 Prozent der Rohstoffe aus regionaler Erzeugung stammen müssen, würde die Vielfalt regionaler und traditioneller Produkte erheblich einschränken. Außer Frage steht aber, dass alle wertbestimmenden Rohstoffe, insbesondere wenn sie in der Bezeichnung des Produktes benannt sind, aus der Region kommen müssen. Direktvermarkter gehen hier noch weiter. Denn Erzeugnisse vom Bauernhof stammen von namentlich benannten Betrieben, in denen Landwirtsfamilien die Verantwortung für ihre Produkte vom Feld oder Stall bis zum Verkauf tragen.

Doch jeder, der bei dieser Frage ehrlich und sachlich mitdiskutiert, weiß, dass es auch bei regionalen Lebensmitteln Zutaten gibt, die nicht aus der Region stammen (können), und dass durch ihren Zusatz der regionale Charakter des Produkts nicht beschädigt wird oder gar verloren geht. Produkte, wie Fruchtaufstriche, Obstsirupe oder Hartweizennudeln, können solche Zutaten enthalten. Der Bezug von Zucker, Gewürzen oder Hartweizengrieß aus der Region ist oft faktisch gar nicht möglich. Jeder informierte Verbraucher weiß dies und akzeptiert dies auch, sofern garantiert ist, dass die wertgebenden Zutaten nachvollziehbar regional erzeugt wurden. Bei Bestandteilen, die außerhalb der bezeichneten Region zugekauft werden müssen, sollte der Betrieb auf die nächstmögliche Bezugsquelle zurückgreifen. Nach Auffassung der Landwirtschaftskammer handelt es sich dann trotz Zukauf doch um ein glaubwürdiges regionales Produkt, wenn in den genannten Fällen beispielsweise das verarbeitete Obst bzw. die im Nudelteig verarbeiteten Eier garantiert von einem regionalen Erzeuger stammen. Ähnliches gilt für den Zukauf von Gewürzen, die für die Herstellung von Fertigprodukten notwendig sind. Da viele nicht in Deutschland und schon gar nicht regional angebaut werden, ist ein Bezug aus anderen Quellen unvermeidbar. So manches Produkt ließe sich nur als anonyme Handelsware vermarkten, würde man einen 95-prozentigen Bezug aus der Region fordern. Artikel, die nicht aus der Region stammen, aber eine sinnvolle oder notwendige Ergänzung des Verkaufssortiments darstellen, müssen im Hinblick auf ihre Herkunft eindeutig bezeichnet werden. Erstrebenswert ist schon, den Bezug der Zutaten so weit wie möglich aus der Region zu sichern und diesen so zu kennzeichnen, dass eine größtmögliche Transparenz und Klarheit geschaffen wird. In der Praxis ist es aber oft nicht möglich, ein neues Etikett anzufertigen, wenn eine nicht wertbestimmende Zutat aus einem anderen Ursprungsgebiet bezogen werden muss.

Die Landwirtschaftskammer möchte gerne ihren Beitrag zur Versachlichung der Diskussion um regionale Produkte leisten und begrüßt, dass das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz derzeit Leitlinien für eine klare und transparente Regionalkennzeichnung erarbeitet. Dabei sollte im Einvernehmen mit Vertretern landwirtschaftlicher Direktvermarkter, dem Bundesverband der Regionalbewegungen und fachkundigen Beratern Definitionen, Abgrenzungen und Bewertungen vorgenommen werden, die Erzeugern vor Ort genügend Raum geben, aus ihren eigenen Rohstoffen schmackhafte Lebensmittel in einer für die Regionen typischen Vielfalt herzustellen, und den Verbrauchern eine ehrliche Information über die Inhaltsstoffe ermöglicht. Eine Regionalkennzeichnung mit klaren Definitionen schützt Erzeuger wie Konsumenten vor Missbrauch, Irreführung und Täuschung.

Die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz teilt die Überzeugung der Landesregierung, wonach die Zukunft der Landwirtschaft in der regionalen Wertschöpfung liegt, ja dass die Landwirtschaft geradezu verpflichtet ist, ihren Beitrag zur regionalen Wertschöpfung zu leisten. Der Kreis regionaler Erzeuger ist es, der die Möglichkeiten aber auch die Grenzen glaubwürdiger regionaler Produkte am besten kennt und dessen Streben es ist, die Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung solcher Produkte vor Ort zu stützen. Und genau diese Produkte sind es auch, die Verbraucher als regionale Produkte zu schätzen wissen. (lwk-rlp)
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