Oldenburg (agrar-PR) - Seit Dezember sinken
die Weizennotierungen tendenziell zwar nicht mehr, aber die
freundlichere Entwicklung in den ersten Monaten von 2009 reicht bei
weitem nicht, um wieder an das Erntepreisniveau heran zu kommen.
Zuletzt gaben sie erneut nach.
Die
Weizenpreise wären wahrscheinlich noch stärker unter Druck geraten,
wenn nicht ein sehr reges Exportgeschäft für deutliche Entlastung
gesorgt hätte. Die EU-Weizenausfuhren sind mit bislang (Ende März) 16,2
Mio. t fast dreimal so hoch wie zur gleichen Vorjahreszeit. Sie werden
natürlich in erster Linie mit französischen Herkünften bedient (45 %),
aber auch deutscher Weizen behauptet sich seit Herbst 2008 recht
erfolgreich im Wettbewerb auf Drittlandsmärkten. Nahezu 18 % der
EU-Weizenexporte in 2008/09 entfallen bislang auf deutsche Anbieter.
Für norddeutsche Weizenerzeuger ist zudem nach wie vor insbesondere
auch der Absatz an Mühlen in Belgien und in den Niederlanden wichtig.
Während es in 2007/08 nur geringe qualitätsbedingte Preisunterschiede
gab, weil auf Grund der allgemeinen Knappheit auch für Futterweizen
über eine längere Zeit außerordentlich hohe Preise gezahlt wurden,
zeigt sich in diesem Wirtschaftsjahr zumindest zeitweise wieder eine
wesentlich stärker ausgeprägte Spreizung (s. Grafik). Die hohe
Erntemenge setzte zunächst die Futterweizenpreise besonders kräftig
unter Druck. Während und unmittelbar nach der Ernte war außerdem ein
ungewöhnlich großes Preisgefälle zwischen B-Weizen mit 12 % und
B-Weizen mit 11,5 % Protein zu beobachten. Der Grund dafür wurde in dem
2008 besonders großen Angebot an Weizen mit relativ niedrigem
Eiweißgehalt und in den für höhere Qualitäten wesentlich besseren
Exportchancen gesehen. Allerdings hat sich anschließend nicht nur der
Abstand zwischen Brotweizen und Futterweizen wieder rasch verringert,
sondern auch der zwischen dem 11,5%- und dem 12%-Mühlenweizen. In
diesem Zusammenhang spielt sicher eine Rolle, dass der Proteingehalt
letztlich doch kein so entscheidendes Qualitätskriterium ist, wie es
leider in den Marktpreisen gerade zur Ernteerfassung 2008 wieder zum
Ausdruck kam. Eigentlich ist die Erkenntnis ja nicht neu, dass der
Rohproteingehalt für die gerechte Bezahlung von Brotweizen nur vage
Anhaltspunkte geben kann. Entscheidend ist eigentlich das Backergebnis,
für das wiederum in erster Linie Klebergehalt und –eigenschaft und
schließlich weitgehend einfach die Sorte Ausschlag gebend ist. Der
Proteingehalt wird in erster Linie nur deshalb herangezogen, weil er
mit der Nah-Infrarot-Spektroskopie bei der Anlieferung schnell und
billig zu ermitteln ist. In diesem Jahr scheint sich wieder einmal der
Eindruck zu bestätigen, dass bevorzugt in schwachen Marktphasen dennoch
damit gerne gearbeitet wird.
Maßgeblich für die im Herbst stark abnehmende Preisdifferenz zwischen
Brotweizen und Futterweizen ist die übliche Neigung vieler Landwirte,
schlechtere Qualitäten gleich aus der Ernte heraus zu verkaufen und
eher die besseren Partien einzulagern. Das setzt den Futterweizen
naturgemäß immer gleich zu Beginn der Saison unter überproportionalen
Preisdruck. Dass Brot- und Futterweizen sich in letzter Zeit wieder
etwas mehr auseinander entwickeln, liegt zum Teil daran, dass die
Absatzperspektiven für Futtergetreide sich wegen der rückläufigen
Tierbestände zuletzt wieder leicht eingetrübt haben.
Wenn größere Exportaufträge zu erfüllen sind, verbessern sich zeitweise
deutlich spürbar die Absatzchancen für Brotweizen aus hiesiger
Erzeugung. Die volumenmäßig besonders bedeutsamen Absatzmärkte für
einfachen Brotweizen in Nordafrika werden traditionell in erster Linie
von Frankreich aus beliefert. Der Wettbewerb durch russische und
ukrainische Anbieter hat zugenommen und ist dort ebenso wie in einigen
Ländern im Nahen Osten jetzt deutlich stärker als noch bis Januar. Dazu
trägt neben der Überwindung logistischer Schwierigkeiten in der
Schwarzmeerregion auch der neuerdings wieder stärkere Eurokurs bei.
Drittlandsexporte aus Norddeutschland sind in erster Linie eher in
Nischenmärkten erfolgreich, die aus Qualitätsgründen gewöhnlich weder
von Frankreich noch von Osteuropa aus bedient werden können. Deshalb
ist hier der Konkurrenzdruck und auch der Währungseinfluss etwas
geringer.
Weizenerzeuger sollten Vermarktungsgelegenheiten nutzen, die sich
eventuell Anfang April noch beispielsweise im Zuge einer 550.000 t -
Ausschreibung für Weizenlieferungen in den Iran ergeben könnten. Wenn
direkte Lieferungen für diesen Auftrag dann nicht mehr möglich sind,
kann in der Folge davon kurzfristig dennoch ein positiver Effekt
nachwirken. Ohnehin ist wegen des bislang anhaltend guten
Exportgeschäfts insbesondere in Hafennähe schon relativ viel Weizen
verkauft und ein Teil des frei gewordenen Lagerraums könnte unter
Umständen noch einmal belegt werden, wenngleich Landhandel und
Genossenschaften dabei recht vorsichtig sein werden. Anders sieht es
bei größerer Entfernung von Wasserplätzen aus. Dort ist eher damit zu
rechnen, dass noch einiges an Weizen in den Lägern liegt und demnächst
noch zur Vermarktung ansteht. Wenn sich hier Liefermöglichkeiten
ergeben, sollten sie demnächst ebenfalls genutzt werden.
Erfahrungsgemäß lassen sich in bestimmten Fällen für solche
Liefertermine noch etwas günstigere Preise erzielen, zu denen die
meisten Landwirte aus arbeitswirtschaftlichen Gründen gerade nicht
auslagern wollen. Dieser Effekt sollte aber nicht überschätzt werden.
Im Vergleich zu früheren Jahren ist er nicht mehr so bedeutend, denn
veränderte Prognosen können den Markt insgesamt jederzeit in Bewegung
bringen und ungleich größere Preisänderungen auslösen.
Aktuelle Schätzungen sehen die kommende Weizenernte der Europäischen
Union bei etwa 128 Mio. t. Das wären 16 Mio. t mehr als 2007, aber gut
12 Mio. t weniger als 2008. Die EU-Weizenanbaufläche fällt zwar nur um
etwa 2 % geringer aus als im vergangenen Jahr, wegen einer weniger
hohen Ertragserwartung dürfte die Erzeugung aus gegenwärtiger Sicht
aber um 8 - 9 % unter dem Vorjahresergebnis bleiben. Auch die Prognosen
für die Welt-Weizenernte 2009/10 liegen deutlich unter Vorjahresniveau.
Das australische Amt für Land- und Rohstoffwirtschaft erwartet für
2009/10 eine deutlich geringere Welt-Weizenerzeugung als das
US-Agrarministerium und als der Internationale Getreiderat. Statt mit
etwa 650 Mio. t rechnet man dort derzeit nur mit 632 Mio. t. Das wäre 8
% weniger als 2008/09. Damit bliebe die Weizenproduktion wohl wieder
deutlich unter dem jährlichen Verbrauch und die weltweiten Lagervorräte
würden im kommenden Wirtschaftsjahr wieder sinken, nachdem sie sich in
2008/09 gerade auf voraussichtlich gut 155 Mio. t, den höchsten Stand
seit sechs Jahren, vergrößern. Doch auch wenn sich eher die höheren
Prognosen bewahrheiten sollten, wäre die globale Versorgungsbilanz bei
Weizen wahrscheinlich allenfalls ausgeglichen, ein weiterer Aufbau von
Lagerbeständen also kaum möglich.
Die Angebotssituation ist derzeit relativ entspannt. Das kann sich aber
schnell wieder ändern, falls in den kommenden Monaten die
Ernteprognosen in wichtigen Anbaugebieten erneut deutlich nach unten
korrigiert werden sollten. Fest steht, dass in Folge der weltweiten
Finanzkrise insbesondere in Osteuropa und in Südamerika in vielen
Fällen nicht in ausreichendem Maße Betriebsmittelkredite gewährt
wurden. Deshalb ist nicht nur der Anbauumfang, sondern insbesondere
auch die Anbauintensität geringer als im Vorjahr.