Kiel (agrar-PR) -
Fischereiministerin Dr. Juliane Rumpf hat mit Blick auf das zu Ende gehende Fischereijahr 2010 von einem "durchwachsenen Ergebnis" für die schleswig-holsteinische Kutter- und Küstenfischerei gesprochen. "Trotz des langen Eiswinters war 2010 dank leicht
gestiegener Preise und Fänge besser als das katastrophale Jahr 2009, aber noch
weit davon entfernt, als gut und auskömmlich bezeichnet werden zu können",
sagte sie am Mittwoch (29. Dezember).
Auch wenn noch nicht alle Zahlen vorliegen, geht die Ministerin in der Nordsee
bei der schleswig-holsteinischen Krabbenfischerei von einer leicht gestiegenen
Fangmenge von rund 6.000 Tonnen am Jahresende und einem ebenfalls leicht
angestiegenem Durchschnittspreis von etwa 3,00 Euro je Kilogramm aus. Ein
Durchschnittspreis von drei Euro wird von der Krabbenfischerei selbst als
untere Grenze für eine wirtschaftlich noch lohnende Fischerei angesehen. Das
Jahr 2010 sei für die Krabbenfischer wegen innerer Um- und Neustrukturierungen
in den Erzeugerorganisationen ansonsten sehr turbulent gewesen. Als positiv
bezeichnete die Ministerin die sich abzeichnende Vereinigung der
Haupterwerbsbetriebe der Krabben- und Ostseefischerei unter dem Dach des
Landesfischereiverbandes zum Jahreswechsel.
Für die Muschelfischerei setzte sich 2010 die Durststrecke fort. Da es in den
letzten Jahren keinen nennenswerten natürlichen Brutfall an jungen Miesmuscheln
gegeben hat, konnten die Kulturflächen kaum mit Besatzmuscheln belegt werden.
Entsprechend gering sind die Anlandungen an Speisemuscheln. Alternative
Verfahren der Besatzmuschelgewinnung befinden sich in der Testphase, seien aber
noch nicht ausgereift. Allerdings konnte in 2010 erstmals wieder in geringem
Umfang eine Besatzmuschelfischerei auch im schleswig-holsteinischen Wattenmeer
aufgenommen werden. "Es gibt also ein gewisses Licht am Ende des Tunnels.
Die Natur lässt die Muschelfischer nicht ganz im Stich", sagte Frau Rumpf.
Die Betriebe hoffen nun, dass sich dieser positive Trend in 2011 fortsetzt,
damit dann 2012 und 2013 erstmals wieder nennenswerte Mengen an Speisemuscheln
geerntet werden können.
In der Nordsee zeigt die Scholle als wirtschaftlich bedeutender Fisch eine sehr
erfreuliche Bestandsentwicklung. Der Bestand erwachsener Schollen hat eine
Größe erreicht, wie er zuletzt vor 20 Jahren in der Nordsee beobachtet wurde.
Der mehrjährige Managementplan und die Abwrackung von großen niederländischen
Baumkurrenkuttern habe hier eine deutlich positive Wirkung gezeigt, so die
Ministerin. Leider bewegen sich die Erzeugerpreise nahe dem Interventionspreis
und teilweise sogar noch darunter, so dass auf den niederländischen Auktionen
schon Schollen vom Markt genommen und zu Fischmehl verarbeitet wurden, weil
sich keine Käufer dafür fanden. Juliane Rumpf bewertete das als "eine
untragbare Situation. So ein hochwertiger Speisefisch darf nicht zu Fischmehl
verarbeitet werden. Ich hoffe sehr, dass die Erzeugerpreise schnell auf ein
auskömmliches Niveau steigen, damit unsere Kutterbetriebe von den auch 2011
weiter steigenden Fangquoten auch wirtschaftlich profitieren können."
Weniger positiv entwickelt sich der Kabeljaubestand in der Nordsee. Die
Bestände erholen sich nur langsam, weil in einigen gemischten Fischereien immer
noch zu viel Kabeljau als unerwünschter Beifang ungenutzt bleibt. Dies gilt
allerdings nicht für die deutsche Fischerei, die anerkanntermaßen nur wenig so
genannten Discard hat. Für die schleswig-holsteinische Kutter- und
Küstenfischerei hat der Kabeljau nur eine geringe wirtschaftliche Bedeutung.
Beim wichtigsten Fisch für die schleswig-holsteinische Ostseefischerei, dem
Dorsch, zeichnet sich ebenfalls ein besseres Ergebnis im Jahr 2010 ab. Trotz
des langen Fangausfalls zu Beginn des Jahres wegen der Vereisung der Häfen
können die schleswig-holsteinischen Fischer ihre Quoten voraussichtlich
ausfischen. Nachdem im Jahr 2009 die Erzeugerpreise auf einen Tiefstand von
teilweise deutlich unter einem Euro pro Kilo gefallen waren, konnten sie sich
2010 leicht erholen. Von einem angemessenen Preis von mindestens zwei Euro je
Kilo sind sie aber noch ein gutes Stück entfernt. In der Dorschfischerei sind
die Aussichten für 2011 aber durchaus positiv. Die Fangmengen konnten wegen der
sich erholenden Bestände in der östlichen Ostsee um 15 Prozent und in der
westlichen Ostsee um sechs Prozent angehoben werden. Die Quotenanhebungen
folgen streng den wissenschaftlichen Vorgaben aus dem mehrjährigen
Managementplan. In der östlichen Ostsee wäre sogar nach Meinung der
Wissenschaftler eine deutlich höhere Quotenanhebung möglich gewesen. Auch bei
den Erzeugerpreisen erwartet die Ministerin in 2011 einen weiteren Anstieg.
Hilfreich dafür dürfte auch die Kaufempfehlung des WWF in seinem neuesten
Fischführer insbesondere für Dorsch aus der östlichen Ostsee sein.
Problematisch bleibt weiterhin der Hering in der Ostsee. Die Anlandungen gingen
2010 wegen der gekürzten Quote weiter zurück. Auch für 2011 war eine weitere
Kürzung der Quote des Heringbestandes der westlichen Ostsee um 30 Prozent
notwendig. Die EU-Fischereiminister folgten bei der Quotenfestlegung streng den
Empfehlungen der Wissenschaft. "Der zurückgehende Heringsbestand hat
weitgehend natürliche Ursachen. Die Fischer haben sich bereits
eingeschränkt", betonte die schleswig-holsteinische Fischereiministerin.
Aus unbekannten Gründen ging der Nachwuchs an Jungheringen im Zeitraum 2004 bis
2008 kontinuierlich zurück. Erst der Jahrgang 2009 ist wieder deutlich besser,
so dass frühestens ab 2012 mit wieder steigenden Fangmengen gerechnet werden
kann. Frau Rumpf ermahnte die EU-Kommission, nun endlich den bereits lang
angekündigten Entwurf eines mehrjährigen Managementplanes für diesen Bestand
vorzulegen. Mehrjährige Managementpläne wie bei Scholle und Dorsch seien ein
geeignetes Instrument, um Bestände wieder aufzubauen und für eine nachhaltige
Fischerei zu sorgen.
Für viel Aufregung in den Betrieben und der Fischereiverwaltung sorgte auch im
Jahr 2010 die Gemeinsame Fischereipolitik (GFP). An erster Stelle stand hier
die Diskussion um die Reform im Jahr 2013. "Ich bin froh, dass hier Bund
und Länder weitgehend mit einer Stimme sprechen. Um es kurz zu machen: Bei den
Zielen der Reform muss die Nachhaltigkeit an oberster Stelle stehen. Vermeidung
von Beifang und Rückwurf ist in diesem Zusammenhang ein sehr wichtiges
Stichwort. Außerdem muss die Fischereipolitik einfacher und verständlicher
werden. Wie diese Ziele am besten erreicht werden, darüber gibt es allerdings
EU-weit unterschiedliche Ansichten und Vorstellungen. Die Diskussionen werden
daher auch im Jahr 2011 einen breiten Raum einnehmen", so Frau Rumpf. Für
viel Kopfzerbrechen in der Fischereiverwaltung und Unverständnis bei den
Fischereibetrieben sorgt die Umsetzung der neuen EU-Kontrollverordnung.
"Vieles ist noch immer unklar. Wir warten händeringend auf eine Durchführungsverordnung
zur Kontrollverordnung, die zwar schon lange angekündigt ist, aber immer noch
auf sich warten lässt. Nach neusten Informationen wird diese DVO nicht vor
April 2011 in Kraft treten. Da viele Artikel der Kontrollverordnung zu dem
Zeitpunkt bereits gelten, ohne DVO jedoch nicht umsetzbar sind, ist das eine
sehr missliche Situation", kritisierte Fischereiministerin Rumpf. (PD)