Potsdam (agrar-PR) - Zur Abwendung erheblicher fischereiwirtschaftlicher Schäden
durch Kormorane sowie zum Schutz der heimischen Tierwelt wird die bis
zum 30. September diesen Jahres befristete Brandenburgische
Kormoranverordnung verlängert.
Nachdem der Kormoran Anfang des 19. Jahrhunderts aufgrund
andauernder Verfolgung fast gänzlich aus der heimischen Fauna
verschwunden war, haben Schutzbemühungen in Europa und Deutschland seit
den 70er Jahren zu einem Bestandsanstieg des Kormorans geführt. Auch in
Brandenburg kam es Anfang der 90er Jahre zu einer deutlichen Erholung
bis zum Beginn der 2000er Jahre. Seither schwankt der Bestand um 2.500
Brutpaare. Da Kormorane sich aber ausschließlich von Fischen ernähren,
war dieser Populationsanstieg auch zunehmend von Konflikten mit der
Fischereiwirtschaft begleitet.
Wie alle europäischen Vogelarten unterliegt der Kormoran dem Schutz der
Europarichtlinie über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten
(EG-Vogelschutzrichtlinie). Die Vogelschutzrichtlinie ist durch das
Bundesnaturschutzgesetz in nationales Recht umgesetzt worden.
Die zuständigen Landesbehörden können zur Abwendung erheblicher
fischereiwirtschaftlicher Schäden beziehungsweise zum Schutz der
heimischen Tier- und Pflanzenwelt im Einzelfall Ausnahmen von den
Bestimmungen zum Schutz des Kormorans zulassen. Die Landesregierungen
können solche Ausnahmen auch allgemein durch Rechtsverordnung zulassen.
Seit Ende der 90er Jahre verursachen die anwachsenden Kormoranbestände
vor allem in Teichwirtschaften erhebliche fischereiwirtschaftliche
Schäden. Die Landesregierung hat 1999 deshalb erstmals von ihrer
Ermächtigung Gebrauch gemacht und eine Kormoranverordnung für
Brandenburg erlassen, die zunächst nur in Teichwirtschaften den
Abschuss von Kormoranen allgemein zuließ. Seither wurde die
Kormoranverordnung zweimal – zuletzt am 1. Dezember 2004 - verlängert,
wobei sowohl der Geltungsbereich der Verordnung als auch die
eingeräumten Befugnisse jedes Mal erweitert wurden. Die aktuelle
Verordnung tritt mit Ablauf des 30. September 2009 außer Kraft.
Ohne Zweifel steht die brandenburgische Fischerei aber weiterhin vor großen Problemen und Herausforderungen.
Speziell in der Teichwirtschaft ist die wirtschaftliche Existenz
zahlreicher Betriebe gefährdet. In dieser angespannten Situation können
die Betriebe hinzukommende Kormoranschäden nicht mehr verkraften.
Dadurch ist nicht nur die wirtschaftliche Existenz der dort ansässigen
Betriebe gefährdet, sondern auch der Fortbestand des jeweiligen
Teichgebiets insgesamt in Frage gestellt. Den seit Jahrhunderten
gewachsenen Teichlandschaften würde als Folge einer Aufgabe der
Bewirtschaftung in kürzester Zeit die Verlandung und Verbuschung
drohen. Wertvolle Lebensräume für viele bedrohte Arten würden dadurch
verloren gehen. Hauptproblem der Karpfenteichwirtschaft sind Verluste
durch Kormorane bei der Aufzucht von Satzfischen. Ein- und zweisömmrige
Karpfen, aber auch Jungfische anderer Arten, gehören zum bevorzugten
Beutespektrum des Kormorans. Ein Indikator für die Schäden durch
Kormorane ist die Verlustrate bei ein- zum zweisömmrigen Karpfen. Mit
der rasanten Zunahme der Kormoranbestände im Binnenland stiegen die
Verluste auf bis zu 60 Prozent in der Satzkarpfenproduktion an.
Auch in den Fischereibetrieben der Fluss- und Seenfischerei des Landes
wurden die Schäden durch die Kormoranbestände seit Mitte der 90er Jahre
spürbar. Die ohnehin schwierige gesamtwirtschaftliche Situation der
Fluss- und Seenfischerei wurde durch die Kormorane weiter verschärft.
In einem Gutachten wurde ausgehend vom Kormoranbestand des Jahres 2003
für das Jahr 2003 die jährliche Fischentnahme durch Kormorane auf 840
Tonnen geschätzt. Bei einem angenommenen Aalanteil von 13 Prozent in
der Kormorannahrung ergibt sich hieraus für 2003 die Entnahme von 109
Tonnen Aal. Für weitere Fischarten mit maßgeblicher wirtschaftlicher
Bedeutung für die Seen- und Flussfischerei wurden Entnahmemengen von 75
Tonnen Schleie, 59 Tonnen Hecht, 4 Tonnen Zander und 2 Tonnen Quappen
ermittelt.
Um die Fischer und Teichwirte in die Lage zu versetzen, auch künftig
erhebliche fischereiwirtschaftliche Schäden abwenden zu können, bedarf
es daher einer Nachfolgeregelung, die zum 1. Oktober 2009 in Kraft
tritt. Die neue Kormoranverordnung tritt am 30. September 2014 außer
Kraft.
Keine Alternativen
Zur Abwendung der fischereiwirtschaftlichen Schäden und zum Schutz der
heimischen Tierwelt ist es erforderlich, die Kormoranpräsenz an den
Gewässern zu verringern. Die in Brandenburg gemachten Erfahrungen
zeigen, dass nicht-tödliche Vergrämungsmaßnahmen auf Dauer allein nicht
ausreichen.
Alternativ käme nur die Zulassung von Einzelausnahmen zum Abschuss von
Kormoranen in Betracht, was aber zu einem nicht vertretbaren
Verwaltungsaufwand und zu zusätzlichen Belastungen der Fischer durch
die zu erhebenden Verwaltungsgebühren führen würde.
Wesentlicher Inhalt des Verordnungsentwurfs
Zur Abwendung erheblicher fischereiwirtschaftlicher Schäden und zum
Schutz der heimischen Tierwelt wird der Abschuss von Kormoranen
zugelassen, wenn sie sich auf, über oder in einer Entfernung von nicht
mehr als 500 Metern Entfernung zu Gewässern, an denen ein
Fischereirecht nach § 3 Absatz 1 des Fischereigesetzes besteht, oder
bewirtschafteten Anlagen der Teichwirtschaft oder Fischzucht und
Haltung befinden.
Während der Brutzeit des Kormorans vom 16. März bis zum 15. August
dürfen nur immature (noch nicht voll ausgefärbte) Kormorane, die nicht
am Brutgeschäft beteiligt sind, getötet werden. Abschüsse dürfen nur
durch Personen, die einen gültigen Jagdschein besitzen, in der Zeit von
Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang durchgeführt werden.
Um eine weitere Bestandszunahme zu verhindern, gestattet es die
Verordnung Berufsfischern und den Betreibern von bewirtschafteten
Anlagen der Teichwirtschaft oder Fischzucht und Haltung auch, die
Neugründung von Brutkolonien und Schlafplätzen des Kormorans zu
verhindern.
Von den Zulassungen ausgenommen sind Kormorane und Kolonie-
beziehungsweise Schlafplatzneugründungen im Nationalpark, in
Naturschutzgebieten, Europäischen Vogelschutzgebieten und befriedeten
Bezirken. Außerdem ist der Abschuss während der Brutzeit auch im
Umkreis von 500 Metern um Brutkolonien unzulässig.
Daneben wurden weitere Einschränkungen vorgenommen, um zum einen
sicherzustellen, dass sich der Erhaltungszustand des Kormorans in
Brandenburg durch die zugelassenen Ausnahmen nicht verschlechtert und
zum anderen, um Tierschutzaspekten ausreichend Rechnung zu tragen.
Sollte sich abzeichnen, dass sich der Erhaltungszustand der Population
des Kormorans in Brandenburg wider Erwarten durch die mit der
Ver¬ordnung zugelassenen Ausnahmen verschlechtert, soll die Verordnung
vor¬zeitig außer Kraft gesetzt werden.