Hannover (agrar-PR) - Muscheln sollte man in den Monaten genießen, in denen ein „R“
vorkommt – diese alte Regel gilt mittlerweile als überholt. Aber für
viele Feinschmecker gehört eine leckere Muschelmahlzeit einfach in die
kühle Jahreszeit. An der niedersächsischen Küste werden seit August
wieder Miesmuscheln angelandet, doch das „schwarze Gold“ des
Wattenmeeres macht seinem Namen in diesem Jahr keine Ehre, berichtet
der Landvolk-Pressedienst. „Wir können nur wenig Konsumware fischen“,
berichtet Manuela Gubernator, Geschäftsführerin der Niedersächsischen
Muschelfischer. Experten prognostizieren daher eine Ernte, die das
Niveau der Saison 2008/09 wahrscheinlich unterschreiten wird. Bereits
damals hatten die niedersächsischen Muschelfischer mit Anlandungen von
gut 2.500 Tonnen (t) das Vorjahresergebnis von 5.440 t um mehr als die
Hälfte verfehlt. Da sie aufgrund der eher knappen Marktversorgung
jedoch relativ gute Preise für die begehrten Weichtiere erzielen
konnten, ziehen sie unter die abgelaufene Saison ein
zufriedenstellendes Fazit, sagt Gubernator.
In der laufenden Saison scheint weniger Konsumware zur Verfügung zu
stehen, da die Muscheln in den vergangenen Jahren für zu wenig
Nachwuchs sorgten, um die Bestände zu sichern. „Im vergangenen Jahr ist
der sogenannte Brutfall sogar erstmals komplett ausgefallen“, sagt
Thorsten Brandt, Leiter des staatlichen Fischereiamtes in Bremerhaven.
Erschwert wurde die Situation in den vergangenen Jahren durch die
milden Winter, in denen die Fressfeinde der wenigen Jungmuscheln - wie
Seesterne, Schnecken oder Vögel - fast immer präsent waren. Außerdem
hat sich mittlerweile an fast allen natürlichen Muschelbänken die
Pazifische Auster angesiedelt, die nicht nur ein Nahrungskonkurrent für
die heimische Miesmuschel ist, sondern auch deren Bänke besetzt.
Um eine verlässliche Versorgung mit Jungmuscheln sicher zu stellen,
wurden in jüngster Zeit verschiedene Verfahren zum Gewinnen von
Muschelsaat etwa an Langleinen getestet. Diese sind jedoch zum einen
relativ kostspielig, zum anderen geraten die Fischer dadurch in
Nutzungskonflikte mit anderen Wattenmeer-Anrainern. Da sie in diesem
Jahr jedoch erstmals seit langem wieder einen guten Brutfall
beobachten, schöpfen die Fischer Hoffnung für die kommende Saison.
Damit könnte eine alte Theorie Nahrung bekommen, nachdem ein harter
Winter für einen guten Brutfall der begehrten, leckeren Schönheiten mit
der schwarz-violetten Schale sorgt. Die Muschelfischer widmen sich
derzeit daher vor allem der Besatzmuschelfischerei. Sie bringen die
Jungmuscheln auf die Kulturbänke, wo sie in etwa zwei bis drei Jahren
Erntereife erreicht haben werden. Jetzt hoffen sie auf einen weiteren
harten Winter, damit die Miesmuschelbestände auch im kommenden Jahr zu
einem Bruterfolg kommen und große Teile des Wattenmeeres neu besiedeln
können.