20.11.2014 | 21:45:00 | ID: 19178 | Ressort: Landwirtschaft | Forstwirtschaft

Gesundheitszustand des Hessischen Waldes ist weiter stabil

Wiesbaden (agrar-PR) - Waldzustandsbericht 2014 vorgestellt – Starke Bucheckernmast ist gut für die Verjüngung, stresst aber ältere Buchen

„Der Zustand des hessischen Waldes ist weiterhin stabil. Der positive Gesamttrend der letzten zwei Jahre hat sich allerdings aufgrund der Resultate bei der Buche nicht fortgesetzt.“, sagte Hessens Umweltministerin Priska Hinz bei der Vorstellung des Waldzustandsberichtes 2014 im Forstamt Wiesbaden-Chausseehaus.

Nach den Ergebnissen der diesjährigen Waldzustandserhebung hat sich die mittlere Kronenverlichtung aller Baumarten und Altersstufen um drei Prozentpunkte auf 23 Prozent verschlechtert. Unter Kronenverlichtung versteht man sichtbaren Blatt- oder Nadelverlust der Bäume.

„Erfreulich bleibt die Tendenz dagegen bei den jüngeren Bäumen, hier erreicht der Wert mit sechs Prozent mittlerer Kronenverlichtung nahezu das Niveau zu Beginn der Untersuchungen im Jahr 1984. Auch die Absterberate – ein wichtiger Indikator für Vitalitätsrisiken – liegt in diesem Jahr mit 0,2 Prozent weiter auf einem geringen Niveau“, erläuterte die Ministerin.

In den Monaten Juli und August wurde der Zustand des Waldes in Hessen von geschulten Teams erfasst. Die Erhebung findet auf einem für die hessischen Wälder repräsentativen 8 x 8 km-Dauerbeobachtungsnetz mit 139 Flächen statt und umfasst die Kronenverlichtung der Bäume, die Fruktifikation, Kleinblättrigkeit sowie Insekten- und Pilzschäden. Seit 1994 erfolgt in der besonders betroffenen Rhein-Main-Ebene zusätzlich eine Vollerhebung auf einem 4 x 4 km-Rasternetz. Der Aufnahmeumfang von rund 4.000 Bäumen ermöglicht Aussagen zum Zustand des Gesamtwaldes sowie zu den hessischen Hauptbaumarten Buche, Eiche, Fichte und Kiefer.

Witterung und biotische Einflüsse gehören neben den Luftschadstoffen zu den wesentlichen Einflussfaktoren auf den Waldzustand. „Das Jahr 2014 präsentierte sich mit ausgeprägt unterschiedlichen Witterungsabschnitten, ein ausreichender Vorrat an Feuchtigkeit in den Waldböden war jedoch meist gegeben“, so Hinz. Zeigten sich der Winter und der Frühjahrsbeginn überdurchschnittlich warm und trocken, so kam es im Mai zu den dringend benötigten Niederschlägen. Der anschließende Sommer erwies sich als sehr wechselhaft mit Hitzewellen, Gewittern und extremen Niederschlagsereignissen.

Das diesjährige Gesamtergebnis wird maßgeblich durch die Entwicklung der in Hessen häufigsten Baumart, der Buche, beeinflusst. So stieg die mittlere Kronenverlichtung der älteren Buchen um sieben Prozentpunkte auf aktuell 35 Prozent deutlich an. Diese Entwicklung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der starken Bucheckernmast in 2014. Rund 80 Prozent der über 60jährigen Buchen haben in diesem Jahr mittel oder stark fruktifiziert.

Die Blüte und die anschließende Fruchtbildung belasten den Stoffhaushalt erheblich. Die Folgen sind häufig eine frühere Blattvergilbung und die Bildung sehr kleiner Blätter. „Es ist jedoch gerade auch die Buchenmast, die in weiten Teilen Hessens einen wichtigen Beitrag zur natürlichen Verjüngung der Wälder und zu einem stabilen zukunftsorientierten Waldaufbau leistet“, machte Priska Hinz deutlich.

Nach wie vor angespannter bleibt die Situation insbesondere bei den älteren Eichen und den jüngeren Bäumen in der besonders belasteten Rhein-Main-Ebene. Der Trockenstress für die Wälder mit ungünstigem Grundwasseranschluss wird sich aufgrund der Klimaänderungen weiter erhöhen. Die Erhaltung und Sanierung der besonders betroffenen Wälder im Hessischen Ried sind daher schon lange ein Anliegen der Hessischen Landesregierung.

Die endgültigen Ergebnisse des „Runden Tisches zur Verbesserung der Grundwassersituation im Hessischen Ried“ stehen zum Jahresende an. „Damit soll der Runde Tisch einen wichtigen Beitrag zur langfristigen Sanierung des Waldes im Hessischen Ried leisten“, so die Ministerin. „Auf extremen Standorten im Ried müssen wir uns mittlerweile fragen, ob wir noch in einem Wald stehen. Eine nachhaltige Bewirtschaftung zur Erfüllung aller Waldfunktionen ist kaum mehr möglich“, warnt Michael Gerst, Leiter des Landesbetriebes Hessen-Forst. Einen möglichen Ausweg aus dieser Situation sieht er in einem aktiven Waldumbau.

„Die Bürgerinnen und Bürger im hessischen Ried brauchen den Wald - er ist für uns alle wichtig. Auch die Tier- und Pflanzenwelt ist auf einen intakten Hochwald angewiesen. Wir sollten deshalb dem Wald helfen, sich an die veränderten Bedingungen anzupassen“, erläutert Gerst die Zukunftsplanung von Hessen-Forst.

Neben dem langfristigen Aufbau stabiler und naturnaher Mischwälder liegt ein weiterer Fokus der Landesregierung auf den hessischen Waldböden. Die Kalkung hat sich nach den Ergebnissen der Bodenzustandserhebung als wirksam zum Schutz des Bodens erwiesen und soll zielgerichtet fortgeführt werden. Der Schutz vor weiterer Versauerung, eine Verbesserung des Ernährungszustandes und der Vitalität der Wälder sowie eine Förderung der Durchwurzelung und wichtiger Bodenorganismen (z.B. Regenwürmer) sind dabei wichtige Anliegen. Das Waldökosystem wird durch die geringe Menge (drei Tonnen Kalk je Hektar) und den Ausbringungszeitraum (September bis März) nur wenig gestört. Besonders sensible Waldbereiche, wie Aue- und Schluchtwälder sowie trockene Standorte, werden zudem grundsätzlich ausgespart. Im Jahr 2014 wurden beziehungsweise werden in allen Waldbesitzarten rund 12.300 Hektar Wald gekalkt. Langfristig sollte bei einer naturnahen Waldbewirtschaftung jedoch möglichst auf die Kalkung verzichtet werden. Dies gilt besonders für die FSC-zertifizierten Waldflächen.

Hessen ist das waldreichste Land der Bundesrepublik. Daraus ergibt sich eine besondere Verantwortung zum Erhalt unserer Wälder, mit ihren vielfältigen positiven Wirkungen auf unsere Umwelt und für unsere Gesellschaft. Die aus den langjährigen Waldzustandserhebungen und den Forschungen an intensiven Waldmessflächen resultierenden Ergebnisse ermöglichen ein rechtzeitiges Erkennen negativer Auswirkungen auf Umwelt und Wald. Nicht zuletzt dadurch wurden erfolgreiche Gegenmaßnahmen wie die umfassende Reduktion von Schadstoffemissionen aus Großkraftwerken initiiert. Inzwischen werden durch das Forstliche Umweltmonitoring auch neue Themenkomplexe wie Klimaänderung und Kohlenstoffspeicherung erfasst. „Die Landesregierung hält daher an der jährlichen Erfassung des Waldzustandes fest, um auch künftig gravierenden Veränderungen im Wald mit ihren negativen Folgewirkungen rechtzeitig erkennen und gegebenenfalls entgegenwirken zu können“, sagte Hinz.

Die vor kurzem veröffentlichten und vorgestellten Ergebnisse der dritten Bundeswaldinventur haben uns gezeigt, dass die Wälder Hessens in den letzten zehn Jahren naturnäher, vielfältiger, reicher an Laubbäumen und Holzvorräten geworden sind. Ein Beleg dafür, dass wir bei der Bewirtschaftung der Wälder auf dem richtigen Weg sind. „Durch die angestrebte FSC-Zertifizierung des Hessischen Staatswaldes sollen diese Wälder zukünftig noch stabiler und artenreicher werden“, so die Ministerin abschließend.

Weitere Ergebnisse im Detail:

- Die Buche ist mit rund 31 Prozent Baumartenanteil die wichtigste Baumart in Hessens Wäldern. Sie beeinflusst somit das Gesamtergebnis zum Zustand der hessischen Wälder erheblich.

- Die Kronenverlichtung der älteren Eichen hat sich nochmals deutlich um vier Prozentpunkte auf 18 Prozent verringert, dem niedrigsten Wert der zurückliegenden zwei Jahrzehnte. Das dürfte wesentlich durch den weiteren Rückgang der Fraßschäden durch die Raupen der Eichenfraßgesellschaft (Frostspanner, Eichenwickler u.a.) beeinflusst worden sein.

- Bei der älteren Fichte hat sich die mittlere Kronenverlichtung von 25 Prozent (2013) geringfügig auf 26 Prozent erhöht. Stärkere Insektenschäden waren bei Fichte und Kiefer nicht festzustellen.

-Die mittlere Kronenverlichtung der älteren Kiefer liegt mit 21 Prozent auf dem Niveau des Vorjahres. Die ältere Kiefer zeigt – im Vergleich zu den anderen Hauptbaumarten – während des Beobachtungszeitraums den geringsten Anstieg der Kronenverlichtung.
Durch Maßnahmen wie Rauchgasentschwefelung bei Großfeuerungsanlagen oder die Einführung von schwefelarmen Kraftstoffen nahmen die Sulfateinträge in die Wälder deutlich ab (bis zu 90 Prozent gegenüber Mitte der 80erJahre). Trotz eines Rückgangs überschreiten allerdings die Stickstoffeinträge regional nach wie vor den Bedarf der Bestände für ihr Wachstum teilweise erheblich.

- Die jährliche Absterberate (alle Bäume, alle Alter) hat sich gegenüber dem Vorjahr von 0,1 Prozent auf 0,2 Prozent erhöht. Sie liegt aber insgesamt auf einem sehr niedrigen Niveau. Im Beobachtungszeitraum (1984-2014) zeigen sich erhöhte Absterberaten jeweils nach Sturmwürfen sowie nach Trockenjahren. Die durchschnittliche Absterberate liegt für den gesamten Beobachtungszeitraum bei nur 0,3 Prozent.

Der Waldzustandsbericht 2014 steht im Internet unter folgendem Link auf der Webseite des hessischen Umweltministeriums zur Verfügung: https://umweltministerium.hessen.de/sites/default/files/media/hmuelv/wzbhessen2014_internet.pdf (umwelt-hessen) 
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