11.10.2022 | 16:37:00 | ID: 34294 | Ressort: Landwirtschaft | Forstwirtschaft

Naturverjüngung: Was ist das eigentlich?

Erfurt (agrar-PR) - Die Saat ist eine der ältesten Wiederbewaldungsverfahren. Schon im ausgehenden Mittelalter wurde dieses von sog. Tannensähern im Raum Nürnberg großräumig erfolgreich angewendet.
Auch die Pflanzung ist ein jahrhundertealtes Verfahren. Als ein großer Teil des Thüringer Waldes in den Nachkriegsjahren 1946 bis 1948 einer Borkenkäferkatastrophe zum Opfer fiel, wurde er durch Pflanzung wiederaufgeforstet. Kahlschlag und anschließende Pflanzung waren zu DDR-Zeiten die übliche Bewirtschaftungsform, die seit der Wende durch eine nur in Ausnahmesituationen statthafte, ansonsten kahlschlagsfreie Waldbewirtschaftung abgelöst wurde.

Naturverjüngung als forstliches Wiederbewaldungsverfahren ist bislang insbesondere von naturnahen Waldbauern zur Anwendung gekommen und im Dauerwald perfektioniert worden. Es bedeutet schlicht, die Wiederbewaldung von Flächen mit Hilfe der natürlich ablaufenden Baumverjüngung durchzuführen. Prima, denkt da der forstliche Laie, wir lassen die Wälder in Ruhe, die helfen sich selbst. Leider ist das Ökosystem Wald deutlich komplizierter in seinen Abläufen und die Anforderungen an den Wald durch den Klimawandel, aber auch der Gesellschaft, künftig immer anspruchsvoller.

Klimaanpassung in wenigen Jahrzehnten schafft der Wald nicht alleine

„Die Anpassung der heimischen Wälder an das prognostizierte Klima der nächsten Jahrzehnte ist nur durch die tatkräftige, insbesondere steuernde Hilfe der Forstleute und Waldbesitzenden möglich“, erläutert Volker Gebhardt, ThüringenForst-Vorstand. Und dabei setzen Thüringens Försterinnen und Förster bei Wiederbewaldung und Waldumbau, wo örtlich möglich, auf das Naturverjüngungsverfahren.

Dies bedeutet, bei einer Schadfläche die natürliche Ansamung von Restbäumen auf dem Areal oder der angrenzenden Waldbestände zu nutzen. Denn die Natur ist verschwenderisch: Eine enorme Zahl von Samen wird jedes Jahr aus den Baumkronen auf den Waldboden geschüttet, die dort als Sämlinge aufgehen. Und was die Natur kostenlos liefert, braucht der Waldbesitzende nicht teuer säen oder pflanzen. Und auf großer Fläche funktioniert dies auch und wird genutzt. Aber starke Rohhumusauflagen, fehlende Mutterbäume oder schlechte Samenproduktion können die Naturverjüngung hemmen.

Hier können Forstleute und Waldbesitzende durch eine geringe Holzentnahme den Lichteinfall auf den Waldboden verbessern, und den Humuszustand für die Sämlinge verbessern. Durch punktuelle Bodenbearbeitung kann er das Aufgehen des Saatgutes befördern. Aber ganz wichtig ist: Es sollen sich nur die Bäume naturverjüngen, die von ihrer Trockenheitstoleranz die prognostizierten klimatischen Bedingungen bis zum Ende des Jahrhunderts auch erfüllen können. Einige Arten wie die Fichte sind von den klimatischen Veränderungen besonders betroffen.

Der Anteil der Fichte soll daher künftig reduziert werden. Dann ist die Naturverjüngung des Altbestands u. U. kein Lösungsansatz. Mit viel forstlichem Sachverstand muss also an jedem Waldstandort individuell entschieden werden, ob Saat, Pflanzung oder Naturverjüngung oder anteilig alle drei Verfahren zur Anwendung kommen. Wo nötig können über die Pflanzung völlig neue Baumarten in unsere Wälder eingebracht werden und diese als gemischte, laubholzreiche und strukturierte Bestände mit möglichst risikoarmen Baumarten klimaresilient machen.

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