17.11.2016 | 20:05:00 | ID: 23237 | Ressort: Landwirtschaft | Forstwirtschaft

Waldzustandsbericht 2016 vorgestellt

Wiesbaden (agrar-PR) - Staatssekretärin Dr. Beatrix Tappeser: “Nachwirkungen aus 2015 belasten den Wald noch sehr. Insgesamt zeigt sich der Hessische Wald aber stabil.“

„Die Folgewirkungen des Jahres 2015 und eine sehr starke Mast der Buche belasten den Gesundheitszustand des hessischen Waldes in diesem Jahr spürbar. Der Zustand unserer Wälder ist aber trotz dieser Einflüsse insgesamt als stabil zu bezeichnen“, sagte heute die Hessische Umweltstaatssekretärin Dr. Beatrix Tappeser bei der Vorstellung des Waldzustandsberichtes 2016 im Forstamt Wiesbaden-Chausseehaus. Nach den Ergebnissen der diesjährigen Waldzustandserhebung ist die mittlere Kronenverlichtung aller Baumarten und Altersstufen um 4 %-Punkte auf 25 % angestiegen. Der Wert liegt damit im oberen Bereich der zurückliegenden 15 Jahre. Der eher günstige Kronenzustand bei den älteren Eichen und Kiefern bleibt nahezu unverändert.

Das Jahr 2016 brachte in der ersten Jahreshälfte die erhofften Niederschläge bei moderaten Temperaturen, nur regional in Nordhessen gab es Defizite. So verfügten die hessischen Wälder zu Beginn des Sommers über ausreichende Wasservorräte. Die Folgemonate Juli bis September waren dann wieder deutlich zu trocken. Ab Ende August bis in den September hinein folgte zudem eine außergewöhnliche Hitzeperiode mit Temperaturen bis über 35° C. „Solche kurzen Hitzeperioden kann der Wald in der Regel gut verkraften. Die Ursachen für den aktuell spürbar schlechteren Zustand unserer hessischen Baumkronen gehen auf die extremen Temperaturen in 2015 zurück. Das verdeutlicht, dass der Klimawandel auch in unseren Wäldern angekommen ist. Ein engagierter Aktionsplan gegen weitere Klimaerwärmungen liegt auch im Interesse unserer heimischen Wälder“, betonte Dr. Tappeser.

Das Jahr 2015 war deutschlandweit das zweitwärmste seit 1881. In Hessen lag das Niederschlagsdefizit im vergangenen Jahr im Landesdurchschnitt bei rund 23 Prozent. Diese Extreme stressten die Bäume im Jahresverlauf deutlich. Zudem wurde bei der Fichte die Entwicklung der Fichtenborkenkäfer begünstigt und bei der Buche die Grundlage für eine intensive Blüte und eine starke Buchenmast in 2016 gelegt.

Die Buche ist mit rund 31 Prozent Baumartenanteil die wichtigste Baumart in Hessens Wäldern, gefolgt von der Fichte mit rund 25 Prozent. „Nach dem Ausbleiben einer Buchenmast im vergangenen Jahr, haben in 2016 etwa 83 Prozent der älteren Buchen mittel bis stark fruktifiziert. Dies belastet den Stoffhaushalt und beeinflusst das Erscheinungsbild der Bäume erheblich“, erklärte Tappeser. Die Bildung kleiner Blätter und eine frühere Blattvergilbung - wie sie auch 2016 oft zu beobachten war - sind häufig das Resultat. Die Kronenverlichtung der älteren Buchen hat sich unter diesem Einfluss um 8 %-Punkte auf 37 % deutlich erhöht (2015: 29 %). „Eine Buchenmast ist allerdings auch ein wertvoller Beitrag zur natürlichen Verjüngung und hilft beim Aufbau stabiler Wälder“, erläuterte die Staatssekretärin.

Der deutliche Anstieg der Kronenverlichtung und auch die diesjährige Zunahme der Absterberate sind Zeichen einer gestressten Vitalität.  Zu vergleichbaren Resultaten war es bereits in der Vergangenheit nach Extremereignissen (z.B. Trockenjahr 2003) gekommen. „Die langjährigen Messreihen des forstlichen Umweltmonitorings belegen allerdings auch, dass sich unsere artenreichen und naturnahen Wälder bislang als stabiles Ökosystem erwiesen haben“, betont Dr. Tappeser.

Auch wenn in diesem Jahr die Kronenverlichtung in der Rhein-Main-Ebene eher stagniert, so bleibt die Situation dieser Wälder doch weiter angespannt, insbesondere bei den älteren Eichen. Nach Einschätzung der Experten wird sich der Stress für die Wälder in dieser Region aufgrund der Klimaänderungen noch weiter erhöhen. Für Maßnahmen zur Waldsanierung und zum Waldumbau im Rahmen eines speziellen Programmes werden daher in den nächsten vier Jahren erhebliche Mittel zur Verfügung gestellt. „Ein stabiler und ökologisch wertvoller Mischwald im Ballungsraum Rhein-Main ist unverzichtbar und rechtfertigt diese großen Anstrengungen“, bekräftigte die Staatssekretärin Dr. Tappeser.

Erfreulicherweise sind die Stoffeinträge in die hessischen Waldböden in den vergangenen Jahrzehnten insgesamt deutlich zurückgegangen. So wurde auf allen Monitoringflächen aktuell der niedrigste Schwefeleintrag seit Beginn der Messungen registriert. Die Erholung der Böden wird aber unter anderem durch die Freisetzung von im Boden zwischengespeichertem Schwefel und einem weiterhin zu hohen Eintrag an Stickstoff verzögert. Die Landesregierung unterstützt daher auch in Zukunft kommunale und private Waldbesitzer im Rahmen der forstlichen Förderung bei der Bodenschutzkalkung. Die Kalkung hat sich in den vergangenen Jahrzehnten als wirksam erwiesen und soll vorerst zielgerichtet fortgesetzt werden. Langfristig sollte aber bei einer naturnahen Waldbewirtschaftung auf die Kalkung verzichtet werden.

„Nur möglichst klimastabile, vielfältige, gesunde und leistungsfähige Wälder sind in der Lage, die künftigen Herausforderungen zu bestehen und als Lebens- und Erholungsraum, Rohstofflieferant und Kohlenstoffsenke zur Verfügung zu stehen“, sagte Dr. Tappeser. Allein in jedem Hektar hessischem Waldboden sind rund 80 Tonnen Kohlenstoff gespeichert, landesweit also rund 70 Millionen Tonnen, Tendenz leicht zunehmend.

Im Rahmen des Integrierten Klimaschutzplanes Hessen 2025 wird der Wald daher konsequenterweise eine wichtige Rolle spielen. Durch langjährige Datenreihen leistet das Forstliche Umweltmonitoring auch hierzu einen wertvollen und grundlegenden Beitrag. Die heimischen Wälder sollen einerseits durch den erforderlichen Wissenstransfer sowie Beratung und Förderung der Waldbesitzer möglichst flächendeckend noch klimastabiler gestaltet werden. Zum anderen gilt es die Möglichkeiten zur Speicherung von Kohlenstoff im Wald und in langlebigen Holzprodukten zu nutzen.

„Um die Gesundheit des Waldes weiter zu verbessern, setzt HessenForst eine gezielte Risikovorsorge um“, erläuterte Dr. Jürgen Willig, Leiter des Sachbereichs Waldnaturschutz bei HessenForst, „Unter anderem fördern wir ganz gezielt standortsangepasste Baumarten, die mit dem Klimawandel voraussichtlich gut zurecht kommen“. „Hessen hat mit etwa 25 % den größten Anteil sehr naturnaher Wälder in Deutschland. Über 100.000 Hektar unserer Laubwälder sind älter als 140 Jahre. Diese Entwicklung hin zu mehr Vielfalt und Naturnähe sowie die voranschreitende FSC-Zertifizierung im Staatswald zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Die Hessische Landesregierung ist sich ihrer besonderen Verantwortung zum langfristigen Erhalt unserer Wälder bewusst“, so die Staatssekretärin abschließend.

Hintergrund zur Datenerhebung:

In den Monaten Juli und August wurde nach bundeseinheitlichen Kriterien der Zustand des Waldes in Hessen von geschulten Teams erfasst. Die Erhebung findet auf einem für die hessischen Wälder repräsentativen 8 x 8 km-Dauerbeobachtungsnetz mit 139 Flächen statt und umfasst die Kronenverlichtung der Bäume, die Fruktifikation, Kleinblättrigkeit sowie Insekten- und Pilzschäden. Die Daten von rund 4.000 Bäumen ermöglichen repräsentative Aussagen.

Weitere Ergebnisse im Detail:

  • Die Kronenverlichtung der älteren Eichen ist leicht um 1 %-Punkt auf 19 % zurückgegangen, einem sehr niedrigen Wert. Das dürfte wesentlich durch die seit einigen Jahren anhaltend geringen Fraßschäden durch die Raupen der Eichenfraßgesellschaft (Frostspanner, Eichenwickler u.a.) beeinflusst worden sein.
  • Die mittlere Kronenverlichtung der älteren Kiefern (21 %) hat sich leicht erhöht (2016: 23 %). Stärkere Insektenschäden waren nicht festzustellen.
  • Die Kronenverlichtung bei den jüngeren Bäumen ist von 7 % auf 12 % angestiegen.
  • Die jährliche Absterberate (alle Bäume, alle Alter) ist gegenüber dem Vorjahr  von 0,1 % auf 0,5 % angestiegen. Sie liegt damit auf einem erhöhten Niveau. Die      durchschnittliche Absterberate liegt für den gesamten Beobachtungszeitraum      (1984-2015) bei nur 0,3 %.
  • Bei der Bodenschutzkalkung wird das Waldökosystem durch die geringe Menge (drei Tonnen Kalk je Hektar) und den Ausbringungszeitraum (September bis März) nur wenig gestört sowie besonders sensible Waldbereiche ausgespart.

 

 

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