28.10.2009 | 00:00:00 | ID: 3324 | Ressort: Landwirtschaft | Land & Leute

Entwicklung nach der Wende begleitet

Hannover (agrar-PR) - Landberatung
Ein buntes Spektrum verschiedenster Betriebe zählt heute zum Kundestamm der Landberatung in Sachsen-Anhalt. 20 Jahre nach der Wende hat sich die in Niedersachsen gegründete Beratungsorganisation im Partnerland Sachsen-Anhalt etabliert. Im Gespräch mit Dr. Friedrich Gottlieb Meyer zu Erbe, dem Gründungsvater der Organisation und langjährigem Aufsichtsratsvorsitzenden, und Geschäftsführer Dr. Wilfried Steffens zeichnen wir ein Stück Wendegeschichte auf dem Land nach.

Keine acht Tage war 1989 die Grenze offen, erinnert sich Meyer zu Erbe, da hat er sich als Vorsitzender der Landberatung Niedersachsen mit seinen Vorstandskollegen erstmals auf Höfen in Sachsen-Anhalt umgesehen. In Zusammenarbeit mit dem DDR-Landwirtschaftsministerium hatte Berater Otto Strauß eine Informations- und Besichtigungsfahrt organisiert. Viele Eindrücke nahmen die Niedersachsen mit nach Hause: „Wir waren erstaunt über die gut ausgebildeten Betriebsleiter und wir haben ihr Improvisationstalent bewundert, mit dem sie Mangelsituationen auszugleichen wussten“, erinnert sich Meyer zu Erbe. Natürlich imponierten den Niedersachsen auch die großen Flächen, wenngleich sie, wie Meyer zu Erbe in Erinnerung ruft, „mit rabiaten Methoden“ zustande gekommen waren.
Noch ein ganz anderer Eindruck blieb den Niedersachsen ebenfalls im Gedächtnis haften. Die damaligen LPG-Leiter waren ebenso hilflos vor dem, was die Zukunft ihnen wohl bringen würde, wie die Menschen in den Dörfern. Die Landwirtschaft zählte in dem sozialistischen Staat aus volkswirtschaftlicher Sicht zweifelsfrei zu einer Vorzeigebranche. „Allen Verantwortlichen in den Produktionsgenossenschaften war aber direkt klar, dass sie mit erheblich weniger Personal als bis dahin in die Zukunft starten müssten“, schildert Meyer zu Erbe die damals verbreitete Unsicherheit in den ostedeutschen Dörfern.

Der Wunsch zu helfen 

Beseelt von dem historisch einmaligen Gedanken der Wiedervereinigung und dem konkreten Wunsch, den Menschen auf dem Land in Sachsen-Anhalt helfen zu wollen, wurde in Niedersachsen geplant und diskutiert. „Uns war rasch klar, dass wir das niedersächsische Beratungssystem nicht eins zu eins transportieren konnten“, verdeutlicht Meyer zu Erbe. Damit waren die Weichen für eine privatwirtschaftlich organisierte Beratung gestellt. Auftrieb erhielt die Idee nach Gesprächen mit dem damaligen Landwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke. Er sicherte einen Zuschuss in Höhe von 720.000 DM zu. Niedersachsen engagierte sich als Partnerland von Sachsen-Anhalt vielfältig in der Zeit nach der Wende, davon profitierte auch die Landwirtschaft.

Schon im Dezember 1990 wurde die Landberatung Sachsen-Anhalt GmbH als berufsständische Beratungseinrichtung offiziell in Hannover aus der Taufe gehoben. Mit im Boot waren und sind das Landvolk Niedersachen, die Data-Treuhand OHG, die AG Landberatung, Landwirtschaftskammer Niedersachsen, der Landesverband der Maschinenringe und der Bundespächterverband. Erste Aufträge hatte die Gesellschaft schon vorab akquiriert, erinnert sich Geschäftsführer Dr. Wilfried Steffens. Im Februar 1991 bezog der erste Berater ein Büro in Roßlau.

Alt gedienten und erfahrenen Beratern aus Niedersachsen wurden bald Mitarbeiter aus Sachsen-Anhalt zur Seite gestellt. Sie absolvierten die Beraterausbildung in Niedersachsen. Junge Hochschulabsolventen ergänzten den Mitarbeiterstab, der zeitweise auf 22 anstieg. Zurzeit beschäftigt die Landberatung Sachsen-Anhalt 18 Mitarbeiter an den Standorten Gardelegen, Groß Schwechten, Genthin, Quedlinburg, Weißenfels und Wintersdorf.

Anschubfinanzierung vom Land

Die Anschubfinanzierung des Landes Niedersachsen sorgte für einen schnellen und guten Start. Dabei wahrte die Landberatung stets Neutralität zu den Berufsverbänden in Sachsen-Anhalt, die sich teilweise heftige Auseinandersetzungen lieferten. Der Kontakt zu beiden Verbänden schlug die Brücke zu neuen Kunden, zufriedene Betriebsleiter empfahlen die Beratungsorganisation weiter.

In den Anfangsjahren mussten die Berater noch manche Probleme bewältigen, „die KTBL-Tabellen beispielsweise waren für die LPG-Größenordnungen unterdimensioniert“, erinnert sich Steffens. Der in Sachsen-Anhalt für den Einzelbetrieb gewährte Zuschuss zur Beratung hatte viele Anbieter angelockt, dieser Wettbewerb war für die berufsständische geprägte Landberatung zunächst ein ungewohntes Pflaster. Die besten Ergebnisse, resümiert Geschäftsführer Steffens schrieb die Landberatung zwischen 1993 und 1998.

Um die 500 Betriebe in der Größenordnung von zehn bis 6.000 ha und mit einer Gesamtfläche von rund 20.000 ha bilden heute den Kundenstamm. Ob Wiedereinrichter, egal ob aus Ost oder West, LPG-Nachfolgebetriebe, juristische Personen oder auch Niederländer, die sich in den neuen Bundesländern umtun: Sie alle suchen Hilfe bei der Entwicklung ihrer Höfe. Noch vielfältiger sind die Produktionsschwerpunkte: Reine Ackerbaubetriebe, Milchviehhalter, Veredelungslandwirte, aber auch Spezialisten wie Gemüse- oder Hopfenanbauer, Baumschulen, Winzer oder ein Tabakanbauer fragen den Sachverstand der Landberatung nach. Spezialisten für alle diese Produktionszweige hat das Unternehmen natürlich nicht. Es übernimmt die betriebswirtschaftliche Beratung und vermittelt bei produktionstechnischen Fragen zu Spezialberatern.

Mit Leistung überzeugt

Anfängliche Ängste, von den „schlauen Wessis“ übernommen zu werden, sind durch fundierte Arbeit überwunden worden, sagt Steffens. Meyer zu Erbe stuft allerdings einen Fehler der Wiedervereinigung als irreparabel ein. Die große Zahl derjenigen Bauern, die vom sozialistischen Regime enteignet wurden, hätte zumindest einen Teil seiner Flächen zurück erhalten müssen. Das hätte nach seiner Einschätzung auf dem Lande viele Spannungen vermeiden können.

Neben dem Dienstleistungsangebot für die Landwirte hat sich die Landberatung in Sachsen-Anhalt und angrenzenden Bundesländern  einen Namen bei Pachtkontrollen im Auftrag der Bodenverwertungsgesellschaft (BVVG) gemacht. Für das Landwirtschaftsministeriums in Magdeburg hat sie mehrfach Evaluierungsarbeiten übernommen, um die Effizienz von EU-Förderungen zu überprüfen. Dazu arbeitet die Organisation eng mit der Universität in Halle zusammen und lässt dort die Auswertung machen. Über den Pächterverband fungiert sie schließlich als Beratungsstelle für die Berufsgenossenschaft.

Die Unterschiede zwischen den Betrieben haben sich in den 20 Jahren seit der Wende nivelliert – sowohl in Sachsen-Anhalt als auch im Vergleich zu Niedersachsen. Allerdings stufen sowohl Steffens als auch Meyer zu Erbe in erster Linie die kapitalintensiven Großbetriebe im Osten bei dünner Eigenkapitaldecke als anfällig ein gegenüber Marktschwankungen, wie sie in jüngster Zeit zunehmend auftreten. Viele engagierte Betriebsleiter haben sehr viel investiert, nicht nur in Gebäude oder Maschinen, sondern auch in Bodenkäufe. Diese Strukturentwicklung hat auch im Westen den Aufbruch in ganz neue Größenordnungen befördert. In dem direkt nach der Wende heftig umworbenen Markt für Beratungsdienstleistungen für landwirtschaftliche Betriebe hat sich die Landberatung Sachsen-Anhalt fest etabliert und die Entwicklung auf dem Land ein Stück weit mit begleitet.
Pressekontakt
Frau Sonja Markgraf
Telefon: 0511/36704-31
E-Mail: pressestelle@landvolk.org
Pressemeldung Download: 
Landvolk Niedersachsen - Landesbauernverband e.V.
Landvolk Niedersachsen - Landesbauernverband e.V.
Warmbüchenstr. 3
30159 Hannover
Deutschland
Telefon:  +49  0511  36704-0
E-Mail:  info@landvolk.org
Web:  www.landvolk.net
>>>  RSS
>>>  Pressefach


© proplanta 2006-2024. Alle Rechte vorbehalten.