Hannover (agrar-PR) - Milchausschuss Eine ausführliche Analyse des Milchmarktes und erste
Ergebnisse einer Umfrage unter Milcherzeugern durch das Johann-Heinrich-von-
Thünen-Institut in Braunschweig standen auf der Tagesordnung des
Milchausschusses im Landvolk Niedersachsen. Es hatte im Frühjahr in
verschiedenen Regionen Niedersachsens Landwirte zu ihren
Entwicklungsperspektiven befragt.
Als guter Indikator für die zukünftige Entwicklung der
Milchproduktion lässt sich die bisherige Quotenwanderung als Messlatte
nehmen. Birthe Lassen, die im Auftrag des Landvolks Niedersachsen für
das von-Thünen-Institut (vTI) die Umfrage durchgeführt und ausgewertet
hat, prognostizierte ein weiteres einzelbetriebliches Wachstum. In
Grünlandregionen wie Cuxhaven und Ostfriesland werden die Betriebe
weiter wachsen, während im Süden Niedersachsens die Kuhzahlen insgesamt
abnehmen. Birthe Lassen hatte ihren Berechnungen drei Szenarien mit
unterschiedlichen mittelfristigen Auszahlungspreisen (35, 30 und
25
ct/kg) zugrunde gelegt. Die Anpassungsreaktionen der Landwirte lassen
ein mittleres Preisniveau in einer langfristigen Prognose bis 2020 nach
ihrer Einschätzung wahrscheinlich erscheinen. Bei niedrigen Preisen
werde die Menge wegbrechen, bei höheren das Angebot die Nachfrage weit
übertreffen. Unter der Annahme eines mittleren Preisniveaus bleibt die
Milchanlieferung weitgehend stabil. Der Strukturwandel wird sich weiter
nicht aufhalten lassen und insbesondere kleine und mittlere Betriebe
zum Ausstieg veranlassen.
Ihre Entwicklung verdient nach Einschätzung
Lassens besonderes Augenmerk.
Entscheidend sind neben den Parametern des Milchmarktes
die Erfolgschancen alternativer Betriebszweige. So investieren
beispielsweise in Ostfriesland viele Landwirte in die Biogaserzeugung.
Als problematisch wertet die Wissenschaftlerin den anhaltenden
Flächendruck. In den Befragungen wurde aber auch die Schwierigkeit,
geeignete Arbeitskräfte zu finden, als Hypothek für die betriebliche
Entwicklung genannt. Dieses Problem hat das Landvolk ebenfalls erkannt
und bereits eine Ausbildungsinitiative gestartet. Weitere
Unsicherheiten ergeben sich für Milchviehhalter nach dieser Umfrage
durch schleppende Genehmigungen von Stallbauten. Auch hier bemüht sich
das Landvolk um einen Ausgleich zwischen Genehmigungsbehörden und den
Interessen der Landwirte.
Die mehrstufig aufgebaute Analyse des vTI soll durch
die Berechnung typischer Betriebe einen noch detaillierten Blick in die
Zukunft ermöglichen. Zusätzlich sollen noch offene Fragen, wie der
Einfluss des technischen Fortschritts oder die Entwicklung in
Gemischtbetrieben, geklärt werden. Das Landvolk wird weitere Ergebnisse
der Studie im Oktober in einem größeren Kreis vorstellen und
diskutieren. Heinz Korte als Vorsitzender des Milchausschusses zeigte
sich mit dem gesamten Milchausschuss ebenso wie Landvolkpräsident
Werner Hilse erfreut über die wissenschaftlich fundierten Aussagen und
Daten über die Entwicklungsperspektiven der Milchproduktion in
Niedersachsen.
Recht unterschiedliche Prognosen werden zurzeit zur
Entwicklung des Milchmarktes gemeldet, leitete Korte zu den aktuellen
Bewegungen in den einzelnen Produktbereichen über.
Landvolk-Milchreferent Dr. Werner Rüther bestätigte die sehr
indifferenten Vorhersagen, die er auch auf die wenig verlässliche
Datenlage zurückführte. Die nach der Liquidation der ZMP gerissene
Lücke wurde bislang von der AMI noch nicht voll ausgefüllt. Zusätzlich
sind die von der Bundesanstalt für Ernährung (BLE) veröffentlichten
Daten zurzeit wenig verlässlich. Gleichwohl berichtete Rüther von
positiven Trends bei Sahne und Butter, während sich die private
Nachfrage bis auf den Monat Juli in 2009 weiter negativ entwickelt
habe. Sorge bereitet auch die Absicht des Lebensmitteleinzelhandels,
die Niedrigpreisphase für langfristige Kontrakte auszunutzen.
Vor diesem Hintergrund wertete Rüther die Intervention
als „Rettungsanker", erneut setze sie die unterste Auffanglinie für die
Auszahlungspreise. Der Milchausschuss sieht Verfütterungsbeihilfen für
die inzwischen mehr als 250.000 t Magermilchpulver in staatlichen
Lagern als unerlässlich an. Auch weitere Aktionen wie die Förderung von
Bäcker- oder Sozialbutter müssten als Ventil für die Märkte genutzt
werden. Die USA habe seit 2007 mit genau diesen Maßnahmen vorgemacht,
wie sich die Exportstellung verbessern lässt, fügte Korte an.
Große Einigkeit schließlich bestand in der Frage der
Saldierung, die in Deutschland zurzeit mit Leidenschaft diskutiert
wird. Dazu gebe es einen eindeutigen Beschluss des Deutschen
Bauernverbandes, argumentierten die Vertreter aus allen Regionen
Niedersachsens zu diesem Thema: Alles, was die Milcherzeugung
verteuert, wirkt sich zum Nachteil der deutschen Milcherzeuger aus. Die
Mengeneffekte auf den EU-Markt seien dagegen vernachlässigbar, während
die Quotenkosten erneut Auftrieb erhielten. Die von den Milcherzeugern
als Erleichterung empfundene Saldierung soll daher uneingeschränkt
fortgeführt werden, hält das Landvolk an seinem Standpunkt fest. Diese
Einschätzung wurde einen Tag später auch auf der Vorsitzenden- und
Geschäftsführertagung des Landvolkes bestätigt, auch im Milchausschuss
des Deutschen Bauernverbandes wurde die Saldierung nicht in Frage
gestellt.