22.04.2009 | 00:00:00 | ID: 353 | Ressort: Landwirtschaft | Pflanze

Minister Peter Hauk MdL: "Maikäferbekämpfung am Kaiserstuhl erfolgt auf der Basis eines ausgewogenen Konzeptes"

Stuttgart (agrar-PR) - Hubschraubereinsatz am Kaiserstuhl beginnt / Zielgerichteter Einsatz sichert einzigartige Kulturlandschaft / Verschiedene Bekämpfungsmethoden werden eingesetzt
"Die Bekämpfung der Feldmaikäfer am Kaiserstuhl muss jetzt durchgeführt werden. Der erwartet starke Maikäferflug hat aufgrund der warmen Witterung bereits eingesetzt. Mit einem ausgewogenen Konzept, das die fachkundigen Partner vor Ort mittragen, werden die Maikäfer zielgerichtet bekämpft. Zum Einsatz kommt ein pflanzlicher Wirkstoff, der auch im Ökolandbau verwendet wird", sagte der baden-württembergische Minister für Ernährung und Ländlichen Raum, Peter Hauk MdL, am Dienstag (21. April) in Stuttgart zum Beginn der Maikäferbekämpfung am Kaiserstuhl ab Mitte dieser Woche.

An den warmen Abenden des Osterwochenendes und den darauffolgenden Tagen fand bereits stärkerer Maikäferflug am Kaiserstuhl statt. Ein umfangreiches Monitoring mit Probegrabungen nach Engerlingen weist auf ein massenhaftes Auftreten des Maikäfers in diesem Jahr hin. Damit wurde eine sachliche Grundlage für eine Bekämpfung geschaffen. Aufgrund der Lebensweise der Käfer findet alle drei Jahre ein sogenanntes Hauptflugjahr statt.

"Um massive Schäden in Reben und Obstanlagen sowie in wertvollen Waldbiotopen zu vermeiden, ist eine Bekämpfung notwendig. Wer bei diesem Einsatz von einer großflächigen Giftdusche spricht, schürt auf unverantwortliche Weise die Ängste der Bevölkerung. In einem breit angelegten Gesprächsprozess wurden alle Partner vor Ort eingebunden und gemeinsam eine Strategie mit verschiedenen Maßnahmen entwickelt", ergänzte Hauk. Daran waren die Kaiserstuhl-Gemeinden, landwirtschaftliche Berufsverbände und Naturschutzorganisationen sowie die Landwirtschafts-, Forstwirtschafts- und Naturschutzbehörden beteiligt. "Zu diesen Gesprächen waren alle Partner eingeladen. Leider haben einzelne Verbände dieses Angebot nicht entsprechend wahrgenommen. Die Menschen vor Ort sind sich der Verantwortung für die besondere Natur am Kaiserstuhl bewusst und haben dies in die Beratungen eingebracht. Dadurch konnte eine für alle Belange angepasste Lösung gefunden werden", erläuterte Hauk das Vorgehen.

"Niemand will den Maikäfer ausrotten. Ziel ist eine für alle Betroffenen tragbare und akzeptable Vorgehensweise, die dem sensiblen Gefüge des Kaiserstuhls aus Artenreichtum von seltener Flora und Fauna, der Bewirtschaftung und Prägung durch Obst- und Weinbau, ausgewiesenen Naturschutzarealen sowie dem Tourismus gerecht wird", betonte Hauk. Sensible Schutzgebiete und weitere relevante Flächen werden von der Befliegung ausgenommen. Alle kritischen Flächen wurden durch Satellitennavigation kartiert und sind Grundlage für die Befliegungspläne. Dadurch werde eine sehr gezielte Wirkung erzielt. "Mit dem verwendeten Wirkstoff stellen wir zusätzlich sicher, dass andere Organismen nur minimal belastet werden. Das im ökologischen Landbau verwendete Pflanzenschutzmittel baut sich sehr schnell ab und ist dadurch, insbesondere für die sehr seltene Schmetterlingsart Spanische Flagge keine Gefahr", erklärte Hauk. Dies werde durch ein unabhängiges Monitoring seit der letzten Bekämpfung im Jahr 2006 bestätigt.

Die Bekämpfung erfolgt ausschließlich an den stark frequentierten Fraßplätzen, im wesentlichen die nördlichen und östlichen Waldränder im Kaiserstuhl bis Bötzingen. Behandelt werden rund 300 Hektar. Der zentrale Kaiserstuhl wird auch in diesem Jahr wegen der zahlreichen und hochwertigen Naturschutzgebiete von der Bekämpfung mit dem Hubschrauber ausgenommen. Eingesetzt wird das Pflanzenschutzmittel Neem-Azal-TS, das vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit dafür genehmigt wurde. Der Wirkstoff wird als Pflanzenextrakt aus den Samen des indischen Neem-Baums gewonnen und wirkt auf das Häutungshormon der Insekten. Die Wirkung tritt nur bei Insekten auf, die die damit behandelten Blätter fressen. Wirbeltiere werden nicht geschädigt, auch wenn sie Maikäfer fressen. Ergänzend werden die Gemeinden maikäferbesetzte Feldgehölze und Einzelbäume ebenfalls mit Neem-Azal-TS behandeln. Auch dies erfolgt nach naturschutzfachlichen Vorgaben.

Die Bekämpfung des Feldmaikäfers erfolgt aber nicht ausschließlich durch Pflanzenschutzmittel, sondern auch durch Abnetzen von Obstbauflächen, durch das sogenannte Lanzen (Einbringen von Pflanzenschutzmittel in der unmittelbaren Umgebung von Obst- oder Rebwurzeln), das Ausbringen von speziellen Pilzen (Beauveria-Sporen) und durch Ablenkungsfütterung mit bestimmten Einsaatmischungen.

Zusatzinformation:

Der Feldmaikäfer schlüpft Mitte April/Anfang Mai aus dem Boden und fliegt zum Reifungsfraß an Waldränder. Der Käfer legt dann Eier in den Boden von Obst-, Weinbau- sowie Acker- und Gemüseflächen ab. Daraus entwickeln sich in den Folgejahren Engerlinge, die große Schäden durch Wurzelfraß verursachen können. Ein Schaden tritt in jungen Obst- und Weinbaukulturen schon bei einem Besatz von 1 bis 2 Engerlingen/Quadratmeter auf.

Deswegen wurden in den Jahren 1997, 2000 und 2006 die Käfer an Waldrändern vom Hubschrauber aus mit Insektiziden bekämpft.

Weil der Kaiserstuhl eine besonders bedeutsame und schützenswerte Tierwelt aufweist, ist nur eine besonders naturschonende Bekämpfung möglich. Daher werden Waldränder an der West-, Nord- und Ostseite des Kaiserstuhls mit einem aus den Kernen der Neembaumfrüchte gewonnenen biologischen Insektizid behandelt. Das Präparat Neem-Azal- TS hat keine Kontaktwirkung sondern lediglich eine Fraßwirkung. Es wirkt auf Insekten fraß- und häutungshemmend. Die Maikäfer produzieren dann deutlich weniger oder gar keine Eier.
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