10.12.2020 | 11:38:00 | ID: 29501 | Ressort: Landwirtschaft | Pflanze

Zeitliche Anbauvielfalt stabilisiert landwirtschaftliche Produktion

Leipzig (agrar-PR) - Für die Ernährungssicherung nur auf die Vielfalt der Anbaukulturen zu setzen, reicht nicht aus
Zeitliche Anbauvielfalt stabilisiert landwirtschaftliche Produktion
Für die Ernährungssicherung nur auf die Vielfalt der Anbaukulturen zu setzen, reicht nicht aus
Die Ernährung rund um den Globus zu sichern, ist eine zentrale Herausforderung der Menschheit - insbesondere vor dem Hintergrund des bis zum Jahr 2050 prognostizierten Bevölkerungsanstiegs auf fast zehn Milliarden Menschen und der Auswirkungen des Klimawandels. Eine hohe Vielfalt an Anbaukulturen gilt in der Landwirtschaft als stabilisierender Faktor für die Ernährungssicherheit. Doch diese Diversität allein genügt nicht. Es kommt auch darauf an, dass Anbaukulturen sich in ihren zeitlichen Produktionsmustern unterscheiden, schreibt ein vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) koordiniertes Forscherteam in einem Beitrag für Nature.

Die Diversität der Feldfrüchte ist ein wichtiger Faktor, um die landwirtschaftliche Produktion zu sichern. Eine größere Anzahl verschiedener Feldfrüchte mindert das Risiko eines kompletten Ernteausfalls, wenn einzelne Kulturen von Pflanzenkrankheiten befallen werden, und sie schützt vor Missernten infolge von extremen Wetterereignissen wie Dürren oder Schädlingsbefall. "Mindestens genauso entscheidend für die Produktionssicherung ist allerdings die Asynchronität", sagt Lukas Egli, UFZ-Agrarökologe und Erstautor der Studie.

So ergibt sich eine größere Asynchronität beispielsweise durch Unterschiede in der zeitlichen Abfolge, in der auf Ackerflächen Feldfrüchte ausgesät und geerntet werden oder die Variation der Phänologie, also der unterschiedlichen zeitlichen Entwicklung in der Vegetationsperiode. "Je heterogener die Feldfrüchte zeitlich verteilt sind und auf Auswirkungen von Extremereignissen, Naturkatastrophen und ökonomischen Krisen reagieren, umso weniger schwankt die gesamte landwirtschaftliche Produktion eines Landes", sagt Egli. Werden zum Beispiel unterschiedliche Nutzpflanzenarten zur gleichen Zeit erntereif, steigt das Risiko, dass bei einem Unwetter oder einem Hochwasser die komplette Ernte vernichtet wird. Ein solcher Totalausfall wird durch Asynchronität vermieden, zum Beispiel durch diverse Aussaat- und Erntezeiten, durch den Anbau von Kulturen mit unterschiedlichen Anforderungen an Klima und Bewirtschaftung oder durch den Einsatz von Mischkulturen.

Die Auswertung von Daten der Welternährungsorganisation (FAO) ergab, dass beispielweise Indien, Mexiko und China zu den Staaten mit einer hohen Produktionsstabilität und hoher Asynchronität gehören; in Russland, Australien und Argentinien sind Stabilität und Asynchronität dagegen gering. Derzeit geht der globale Trend in der Landwirtschaft allerdings eher dahin, dass die Asynchronität abnimmt. "Globalisierte Agrarmärkte erlauben es, dass Ernteausfälle in einer Region durch den Handel mit anderen Regionen ausgeglichen werden können. Der Handel selbst ist also ein stabilisierender Faktor und könnte den Anbau einer großen Vielfalt von Ackerkulturen mit unterschiedlichen Wachstumsverhalten als weniger wichtig erscheinen lassen", sagt Prof. Dr. Ralf Seppelt, UFZ-Landschaftsökologe und Co-Autor. Doch um die Nahrungsmittelproduktion von den Unwägbarkeiten des Weltmarktes etwas unabhängiger zu machen, sollten Staaten eine hohe Diversität und Asynchronität der Anbaukulturen stärker als bisher berücksichtigen.

Publikation:
Egli, L., Schröter, M., Scherber, C., Tscharntke, T., Seppelt, R.: Crop asynchrony stabilizes food production. Nature, https://www.nature.com/articles/s41586-020-2965-6

Weitere Informationen:
Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt und erarbeiten Lösungsoptionen. In sechs Themenbereichen befassen sie sich mit Wasserressourcen, Ökosystemen der Zukunft, Umwelt- und Biotechnologien, Chemikalien in der Umwelt, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg circa 1.100 Mitarbeitende. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.
www.ufz.de

Die Helmholtz-Gemeinschaft identifiziert und bearbeitet große und vor allem drängende Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft. Ihre Aufgabe ist es, langfristige Forschungsziele von Staat und Gesellschaft zu erreichen. Damit sollen die Lebensgrundlagen der Menschen erhalten und sogar verbessert werden. Helmholtz besteht aus 19 naturwissenschaftlich-technologischen und medizinisch-biologischen Forschungszentren.
www.helmholtz.de

Pressekontakt
Frau Doris Böhme
Telefon: 0341 - 2351269
Fax: 0341 - 2351468
Pressemeldung Download: 
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ
Permoserstr. 15
04318 Leipzig
Deutschland
Telefon:  +49  0341  2350
Fax:  +49  0341  2352649
E-Mail:  info@ufz.de
Web:  www.ufz.de
>>>  Pressefach


© proplanta 2006-2024. Alle Rechte vorbehalten.