10.03.2010 | 00:00:00 | ID: 5000 | Ressort: Landwirtschaft | Produkte

Biogasspeichermembranen: Wie gasdurchlässig sind Foliendächer?

Bexbach/Saar (agrar-PR) - Folientypen im Test – Ein Beitrag von Jörg Johann (DLG-Testzentrum Technik/Groß-Umstadt) und Dr. Andreas Konrad (Mecadi GmbH/Bexbach/Saar)
Aus dem Kapitel 4 der „Sicherheitsregeln für landwirtschaftliche Biogasanlagen (TI 4)“ ergeben sich Vorgaben für Biogasspeichermembranen hinsichtlich der Gasdurchlässigkeit für Methan und der Reißfestigkeit. So ist für diese Folien eine maximale Methandurchlässigkeit von 1.000 cm³/m²d festgeschrieben. Bei der Reißfestigkeit liegt der Grenzwert bei mindestens 500 N/5 cm. Für beide Vorgaben sind keine Normen als Grundlage zur Ermittlung der entsprechenden Zielgröße genannt: Bei der sicherheitstechnischen Überprüfung nach 29a BImSchG sind entsprechende Prüfprotokolle der Membranen dem Sachverständigen vorzulegen. Das Testzentrum Technik der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) hat in Kooperation der Mecadi GmbH, ein weltweit branchenübergreifend tätiger Dienstleister und Hersteller in den Bereichen Permeation und funktionalisierte Polymere, Prüfmethoden entwickelt, um die verschiedenen Folientypen auf die beiden Vorgaben aus der TI 4 zu überprüfen. Die ersten Prüfungen erfolgten sowohl im DLG-Testzentrum in Groß-Umstadt als auch bei der Mecadi GmbH in Bexbach/Saar.
 
Abbildung 1: Gewebefolie im Einsatz
Momentan finden bei Biogasanlagen vorwiegend zwei Materialien als Biogasspeicher im Kopfbereich der Gärbehälter Verwendung: Foliendächer aus EPDM-Folien und Foliendächer aus mit Kunststoff beschichteter Gewebefolien. Als weiteres Material ist noch Polyurethan zu nennen, die Verbreitung dieses Materials ist jedoch noch sehr begrenzt. Gewebefolien werden hauptsächlich bei Tragluftdächern verwendet. Der Aufbau dieser Tragluftdächer ist zweischichtig, eine Folie dient als Gasspeicher (Gasmembran) und eine weitere Folie dient als Wetterschutz (Schutzmembran). In den Zwischenraum wird mit Hilfe eines Gebläses Luft eingeblasen. Dadurch wird ein Druck erzeugt: die Schutzmembran ist auch bei niedrigem Biogasdruck gespannt, um die Bildung von Pfützen durch Regenwasser oder die Bildung einer Schneedecke zu verhindern. Für die Gasdurchlässigkeit ist in diesem Anwendungsfall nur die Gasmembran relevant. Gewebefolien benötigen insbesondere bei größeren Behälterdurchmessern die Installation einer Unterkonstruktion (z. B. eine Holzbalkendecke) mit Mittelstütze. Dies ist aus statischen Gründen bei Gewebefolien und EPDM-Folien erforderlich. Zur Befestigung der Foliendächer aus Gewebefolien an den Behälterwänden kommen je nach Behälter- und Folientyp unterschiedliche Techniken zum Einsatz, z. B. ein sogenannter Seeger-Verschluss oder verschiedene Klemmleistensysteme. Für die verschiedenen Befestigungs­möglichkeiten sind immer unterschiedliche Vorbereitungen an der Behälterkrone notwen­dig. Hierauf ist bei Nachrüstungen unbedingt zu achten, da nachträgliche Anpassungen der Behälterkrone an ein neues Befestigungssystem sehr kostspielig sein können. Das Foliendach aus Gewebefolien wird in der Regel komplett vernäht und verschweißt an die Anlage geliefert, bei einem Behälter mit einem Durchmesser von 25 m hat ein zweischichtiges Foliendach aus zwei übereinander angeordneten Gewebefolien ein Gewicht von ca. 1,2 t ohne Berücksichtigung der Kugelform.
 
Abbildung 2: EPDM-Folie im Einsatz
 
EPDM ist ein Elastomer und kommt als einschichtiges System zum Einsatz. Die Folie als Fermenterdach dient dabei sowohl als Wetterschutz als auch zur Gasspeicherung. Auch beim Einsatz dieser Folien ist eine Unterkonstruktion aus statischen Gründen notwendig. Die EPDM-Folien werden in Bahnen an die Biogasanlage geliefert und von einer Fachfirma vor Ort zusammengeschweißt. Hierbei dient die Unterkonstruktion gleichzeitig als Arbeitsbühne zur Herstellung des Foliendachs. In der Regel werden die EPDM-Foliendächer mit einem sogenannten Seeger-Verschluss an der Behälterkrone befestigt. Dabei ist in der Behälterkrone eine U-Schiene eingegossen und die Folie mit einem mit Luft oder Wasser gefüllten Schlauch eingepresst. Hierzu ist während des Betriebes der Biogasanlage ein Kompressor notwendig, der den entsprechenden Druck in dem Schlauch gewährleistet. Das Gewicht einer EPDM-Folie beträgt bei einem Behälter mit 25 m Durchmesser ohne Berücksichtigung der Kugelform ca. 1 t.
 
Bei großen Behälterdurchmessern wird die Angriffsfläche für Windlasten sehr hoch. Die Reißfestigkeit der Folien spielt bei der statischen Betrachtung des Fermenterdaches eine wichtige Rolle. Bei Sturmereignissen können instabile Folien reißen und somit große Schäden an der Biogasanlage verursachen. Zur Überprüfung der Reißfestigkeit im Labor werden je nach Folientyp Prüfkörper vorbereitet, die in eine eigens hierfür konzipierte Maschine eingespannt werden und bis zum Zerreißen gedehnt werden. Für die verwendeten Folientypen, mit Kunststoff beschichtete Gewebefolien und EPDM-Folien, sind dabei unterschiedliche DIN-Normen anzuwenden, da die Normung von jeweils anderen Anwendungsmöglichkeiten ausgeht. So gilt für die EPDM Folie die DIN 53504 „Bestimmung der Reißfestigkeit, Zugfestigkeit, Reißdehnung und Spannungswerte im Zugversuch“ und für die kunststoffbeschichteten Gewebefolien die DIN 1421 „Bestimmung der Zugfestigkeit und der Bruchdehnung“. Der Unterschied liegt dabei hauptsächlich in der Herstellung der Prüfkörper. Während gemäß den entsprechenden DIN-Normen beschichtete Gewebefolien jeweils in Kette- und Schussrichtung geprüft werden, wird hierauf bei EPDM-Folien verzichtet. Bei der Auswertung gemäß den unterschiedlichen DIN-Normen werden für die Reißfestigkeit auch unterschiedliche Bezugseinheiten angegeben. Während bei den Gewebefolien die Foliendicke eine untergeordnete Rolle spielt, wird bei EPDM-Folien die Reißfestigkeit auf die Querschnittsfläche bezogen. Bei EPDM-Folien erfolgt die Angabe des Messwertes in N/mm² und bei Gewebefolien wird der Messwert in N/5 cm angeben (wobei 5 cm die Breite des Prüfkörpers sind). Um die Ergebnisse vergleichen zu können, wird bei DLG-Prüfungen die Foliendicke auch bei EPDM-Folien nicht berücksichtigt, aber trotzdem ist die Dicke als Bezugsgröße anzugeben. In der Abbildung 3 sind beispielhaft Prüfergebnisse dargestellt.
 
Abbildung 3: Vergleich der Reißfestigkeit der geprüften Folientypen (Gewebefolien werden Kette- (blau) und Schussrichtung (rot) geprüft)
 
Es fällt auf, dass die Gewebefolien eine wesentlich höhere Reißfestigkeit besitzen als die EPDM-Folien. Dies ist bei den letzteren auf die Gewebeverstärkung zurückzuführen. Die geprüften EPDM-Folien sind nicht gewebeverstärkt. Die Schwankungen bei den verschiedenen Gewebefolien erklären sich dabei aus der Qualität der verwendeten Gewebe.
Die Vorgaben aus den „Sicherheitsregeln für landwirtschaftliche Biogasanlagen“ mit 500 N/5 cm sind jedoch in diesem gezeigten Beispiel sowohl bei den EPDM-Folien als auch bei den Gewebefolien deutlich eingehalten. Die Messwerte für die EPDM-Folien liegen zwischen 700 und 1.000 N/5 cm.
 
Unterschiedliche Materialien weisen auch deutliche Unterschiede bei der Bruchdehnung auf. Dies ist aus der Abbildung 4 ersichtlich. Die Bruchdehnung ist die maximale Dehnung der Folie zum Zeitpunkt des Zerreißens.
 
Abbildung 4: Bruchdehnung der geprüften Folien im Vergleich in % der Prüflingslänge
 
Es zeigt sich ein umgekehrtes Bild. Während die Bruchdehnung bei EPDM-Folien in diesem Beispiel zwischen 240 % und 360 % liegt, wurden bei Gewebefolien deutlich niedrigere Prüfergebnisse erzielt. Der Grund hierfür liegt wiederum beim verwendeten Gewebe, welches die Dehnung im Vergleich zu den reinen Elastomeren beschränkt. Bei hoher Dehnung der Folien nimmt die Materialermüdung zu, dennoch spielt die Bruchdehnung aufgrund des niedrigen Biogasdruckes eine untergeordnete Rolle. Bei hohen Windlasten muss dieser Punkt jedoch berücksichtigt werden.
 
Die Überprüfung der Methandurchlässigkeit für Membranen zur Speicherung von Biogas im Gärbehälter erfolgt meist in Anlehnung an die DIN 53380 Teil 1 und 2 („Prüfung von Kunststoffen - Bestimmung der Gasdurchlässigkeit“) unter Laborbedingungen. Diese DIN-Normen werden den Anforderungen an Biogasspeichermembranen nur teilweise gerecht. So ist insbesondere die DIN 53380 Teil 2 nicht darauf ausgerichtet, die praktische Anwen­dung einer solchen Folie als Biogasspeichermembran darzustellen. Die Überprüfung der Gasdurch­lässigkeit erfolgt gemäß dieser Norm mit trockenem Gas im Temperaturbereich zwischen 10°C und 40°C. Bei Biogasspeichermembranen als Behälterabdeckung ist jedoch mit einer relativen Feuchte des Biogases von nahezu 100 % auszugehen. Die Temperatur des Biogases schwankt zwischen Sommer und Winter sehr stark und kann im Sommer bei hoher Sonneneinstrahlung über 70°C liegen. Für die DIN 53380 Teil 1 ist anzumerken, dass die Anwendung dieser Norm für an den Kunststoffen kondensierende Gase ausgeschlossen wird. Gerade in kalten Monaten kondensiert sehr viel im Biogas enthaltende Feuchtigkeit bereits an den Membranen. Beide Normen sind für die Überprüfung von Kunststoff-Verpackungen konzipiert. Aus Abbildung 5 sind gemessene Methandurchlässigkeiten bei unterschiedlichen Temperaturen ersichtlich. Die Gasdurchlässigkeit wird als Gasvolumen (in cm³) pro Fläche Folie (in m²), pro Zeiteinheit (d = Tag) und pro Partialdruck Methan (in bar) angegeben.
 
Abbildung 5: Methandurchlässigkeit der geprüften Folien bei einer Prüftemperatur von 23°C (die gestrichelte Linie entspricht der Vorgabe aus der TI 4)
 
Für 23°C werden die Vorgaben aus der TI 4 für alle geprüften Folien eingehalten. Jedoch sind Qualitätsunterschiede durchaus erkennbar. Jedoch entspricht die Prüftemperatur von 23°C gemäß der DIN 53380 nur selten den praktischen Bedingungen. Zudem wurden die in Abbildung 5 ermittelten Messwerte bei einer relativen Feuchte des Prüfgases von 0 % durch­geführt. Um den Praxisbezug zu erhöhen, wurde bei drei der Folien die Methandurchlässigkeit bei 41°C geprüft. Die Ergebnisse dieser Messung sind in Abbildung 6 zu sehen.
 
Abbildung 6: Methandurchlässigkeit der bei 41°C geprüften Folien im Vergleich
 
Es fällt auf, dass die Methandurchlässigkeit bei zunehmender Temperatur stark ansteigt. So liegt die Methandurchlässigkeit für die hier geprüften EPDM-Folien bei einer Prüfgastemperatur von 41°C im Mittel um 165 % über den bei 23°C ermittelten Werten. Demnach hat die Temperatur des Biogases einen entscheidenden Einfluss auf die Gasdurchlässigkeit. Die Temperaturabhängigkeit der Methandurchlässigkeit ist von Material zu Material unterschiedlich, aber typischerweise verdoppelt sich die Gasdurchlässigkeit alle 10 bis 20 K Temperaturerhöhung. Ein weiterer wichtiger Faktor für die Gasdurchlässigkeit ist sicher die Materialermüdung infolge der Einflüsse von Wind, Wetter und Biogas. Auch hier ist über die Dauer des Einsatzes mit einer Erhöhung der Gasdurchlässigkeit und einer Absenkung der Reißfestigkeit zu rechnen.
 
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass bei allen hier gezeigten Beispielen die Vorgaben der TI 4 eingehalten werden. Um den Praxisbezug der Prüfung zu erhöhen, sollte die Prüftemperatur entsprechend angepasst werden. Zudem muss die Feuchte des Biogases bei der Prüfung berücksichtigt werden. Deshalb haben das DLG-Testzentrum Technik und die Mecadi GmbH hierzu in Anlehnung an bewährte Normen für die Bestimmung der Gasdurchlässigkeit von Materialien ein Prüfverfahren entwickelt, bei dem die Prüftemperatur z.B. auf 40°C oder höher und das Prüfgase angefeuchtet werden kann. Damit stehen geeignete Prüfverfahren zur Verfügung, die eine praxisnahere Bewertung von Folien zur Herstellung von Fermenterdächern als Biogasspeicher ermöglichen. Zukünftig ist sicher auch die Veränderung der Materialien über die Gebrauchsdauer zu bewerten. Dies kann unter anderen durch Messungen der Gasdurchlässigkeit und der mechanischen Eigenschaften von in Betrieb oder künstlich gealterten Folien geschehen.
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