Bexbach/Saar (agrar-PR) -
Folientypen im Test – Ein Beitrag von Jörg Johann (DLG-Testzentrum Technik/Groß-Umstadt) und Dr. Andreas Konrad (Mecadi GmbH/Bexbach/Saar) Aus dem Kapitel 4 der „Sicherheitsregeln für landwirtschaftliche
Biogasanlagen (TI 4)“ ergeben sich Vorgaben für Biogasspeichermembranen
hinsichtlich der Gasdurchlässigkeit für Methan und der Reißfestigkeit.
So ist für diese Folien eine maximale Methandurchlässigkeit von
1.000 cm³/m²d festgeschrieben. Bei der Reißfestigkeit liegt der
Grenzwert bei mindestens 500 N/5 cm. Für beide Vorgaben sind keine
Normen als Grundlage zur Ermittlung der entsprechenden Zielgröße
genannt: Bei der sicherheitstechnischen Überprüfung nach 29a BImSchG
sind entsprechende Prüfprotokolle der Membranen dem Sachverständigen
vorzulegen. Das Testzentrum Technik der DLG (Deutsche
Landwirtschafts-Gesellschaft) hat in Kooperation der Mecadi GmbH, ein
weltweit branchenübergreifend tätiger Dienstleister und Hersteller in
den Bereichen Permeation und funktionalisierte Polymere, Prüfmethoden
entwickelt, um die verschiedenen Folientypen auf die beiden Vorgaben aus
der TI 4 zu überprüfen. Die ersten Prüfungen erfolgten sowohl im
DLG-Testzentrum in Groß-Umstadt als auch bei der Mecadi GmbH in
Bexbach/Saar.
Abbildung 1:
Gewebefolie im Einsatz
Momentan finden bei
Biogasanlagen vorwiegend zwei Materialien als Biogasspeicher im
Kopfbereich der Gärbehälter Verwendung: Foliendächer aus EPDM-Folien und
Foliendächer aus mit Kunststoff beschichteter Gewebefolien. Als
weiteres Material ist noch Polyurethan zu nennen, die Verbreitung dieses
Materials ist jedoch noch sehr begrenzt. Gewebefolien werden
hauptsächlich bei Tragluftdächern verwendet. Der Aufbau dieser
Tragluftdächer ist zweischichtig, eine Folie dient als Gasspeicher
(Gasmembran) und eine weitere Folie dient als Wetterschutz
(Schutzmembran). In den Zwischenraum wird mit Hilfe eines Gebläses Luft
eingeblasen. Dadurch wird ein Druck erzeugt: die Schutzmembran ist auch
bei niedrigem Biogasdruck gespannt, um die Bildung von Pfützen durch
Regenwasser oder die Bildung einer Schneedecke zu verhindern. Für die
Gasdurchlässigkeit ist in diesem Anwendungsfall nur die Gasmembran
relevant. Gewebefolien benötigen insbesondere bei größeren
Behälterdurchmessern die Installation einer Unterkonstruktion (z. B.
eine Holzbalkendecke) mit Mittelstütze. Dies ist aus statischen Gründen
bei Gewebefolien und EPDM-Folien erforderlich. Zur Befestigung der
Foliendächer aus Gewebefolien an den Behälterwänden kommen je nach
Behälter- und Folientyp unterschiedliche Techniken zum Einsatz, z. B.
ein sogenannter Seeger-Verschluss oder verschiedene Klemmleistensysteme.
Für die verschiedenen Befestigungsmöglichkeiten sind immer
unterschiedliche Vorbereitungen an der Behälterkrone notwendig. Hierauf
ist bei Nachrüstungen unbedingt zu achten, da nachträgliche Anpassungen
der Behälterkrone an ein neues Befestigungssystem sehr kostspielig sein
können. Das Foliendach aus Gewebefolien wird in der Regel komplett
vernäht und verschweißt an die Anlage geliefert, bei einem Behälter mit
einem Durchmesser von 25 m hat ein zweischichtiges Foliendach aus zwei
übereinander angeordneten Gewebefolien ein Gewicht von ca. 1,2 t ohne
Berücksichtigung der Kugelform.
Abbildung
2: EPDM-Folie im Einsatz
EPDM
ist ein Elastomer und kommt als einschichtiges System zum Einsatz. Die
Folie als Fermenterdach dient dabei sowohl als Wetterschutz als auch zur
Gasspeicherung. Auch beim Einsatz dieser Folien ist eine
Unterkonstruktion aus statischen Gründen notwendig. Die EPDM-Folien
werden in Bahnen an die Biogasanlage geliefert und von einer Fachfirma
vor Ort zusammengeschweißt. Hierbei dient die Unterkonstruktion
gleichzeitig als Arbeitsbühne zur Herstellung des Foliendachs. In der
Regel werden die EPDM-Foliendächer mit einem sogenannten
Seeger-Verschluss an der Behälterkrone befestigt. Dabei ist in der
Behälterkrone eine U-Schiene eingegossen und die Folie mit einem mit
Luft oder Wasser gefüllten Schlauch eingepresst. Hierzu ist während des
Betriebes der Biogasanlage ein Kompressor notwendig, der den
entsprechenden Druck in dem Schlauch gewährleistet. Das Gewicht einer
EPDM-Folie beträgt bei einem Behälter mit 25 m Durchmesser ohne
Berücksichtigung der Kugelform ca. 1 t.
Bei großen
Behälterdurchmessern wird die Angriffsfläche für Windlasten sehr hoch.
Die Reißfestigkeit der Folien spielt bei der statischen Betrachtung des
Fermenterdaches eine wichtige Rolle. Bei Sturmereignissen können
instabile Folien reißen und somit große Schäden an der Biogasanlage
verursachen. Zur Überprüfung der Reißfestigkeit im Labor werden je nach
Folientyp Prüfkörper vorbereitet, die in eine eigens hierfür konzipierte
Maschine eingespannt werden und bis zum Zerreißen gedehnt werden. Für
die verwendeten Folientypen, mit Kunststoff beschichtete Gewebefolien
und EPDM-Folien, sind dabei unterschiedliche DIN-Normen anzuwenden, da
die Normung von jeweils anderen Anwendungsmöglichkeiten ausgeht. So gilt
für die EPDM Folie die DIN 53504 „Bestimmung der Reißfestigkeit,
Zugfestigkeit, Reißdehnung und Spannungswerte im Zugversuch“ und für die
kunststoffbeschichteten Gewebefolien die DIN 1421 „Bestimmung der
Zugfestigkeit und der Bruchdehnung“. Der Unterschied liegt dabei
hauptsächlich in der Herstellung der Prüfkörper. Während gemäß den
entsprechenden DIN-Normen beschichtete Gewebefolien jeweils in Kette-
und Schussrichtung geprüft werden, wird hierauf bei EPDM-Folien
verzichtet. Bei der Auswertung gemäß den unterschiedlichen DIN-Normen
werden für die Reißfestigkeit auch unterschiedliche Bezugseinheiten
angegeben. Während bei den Gewebefolien die Foliendicke eine
untergeordnete Rolle spielt, wird bei EPDM-Folien die Reißfestigkeit auf
die Querschnittsfläche bezogen. Bei EPDM-Folien erfolgt die Angabe des
Messwertes in N/mm² und bei Gewebefolien wird der Messwert in N/5 cm
angeben (wobei 5 cm die Breite des Prüfkörpers sind). Um die Ergebnisse
vergleichen zu können, wird bei DLG-Prüfungen die Foliendicke auch bei
EPDM-Folien nicht berücksichtigt, aber trotzdem ist die Dicke als
Bezugsgröße anzugeben. In der Abbildung 3 sind beispielhaft
Prüfergebnisse dargestellt.
Abbildung 3: Vergleich der Reißfestigkeit der geprüften Folientypen
(Gewebefolien werden Kette- (blau) und Schussrichtung (rot) geprüft)
Es
fällt auf, dass die Gewebefolien eine wesentlich höhere Reißfestigkeit
besitzen als die EPDM-Folien. Dies ist bei den letzteren auf die
Gewebeverstärkung zurückzuführen. Die geprüften EPDM-Folien sind nicht
gewebeverstärkt. Die Schwankungen bei den verschiedenen Gewebefolien
erklären sich dabei aus der Qualität der verwendeten Gewebe.
Die
Vorgaben aus den „Sicherheitsregeln für landwirtschaftliche
Biogasanlagen“ mit 500 N/5 cm sind jedoch in diesem gezeigten Beispiel
sowohl bei den EPDM-Folien als auch bei den Gewebefolien deutlich
eingehalten. Die Messwerte für die EPDM-Folien liegen zwischen 700 und
1.000 N/5 cm.
Unterschiedliche Materialien weisen
auch deutliche Unterschiede bei der Bruchdehnung auf. Dies ist aus der Abbildung
4 ersichtlich. Die Bruchdehnung ist die maximale Dehnung der Folie zum
Zeitpunkt des Zerreißens.
Abbildung 4: Bruchdehnung der geprüften Folien im Vergleich in % der
Prüflingslänge
Es zeigt sich ein
umgekehrtes Bild. Während die Bruchdehnung bei EPDM-Folien in diesem
Beispiel zwischen 240 % und 360 % liegt, wurden bei Gewebefolien
deutlich niedrigere Prüfergebnisse erzielt. Der Grund hierfür liegt
wiederum beim verwendeten Gewebe, welches die Dehnung im Vergleich zu
den reinen Elastomeren beschränkt. Bei hoher Dehnung der Folien nimmt
die Materialermüdung zu, dennoch spielt die Bruchdehnung aufgrund des
niedrigen Biogasdruckes eine untergeordnete Rolle. Bei hohen Windlasten
muss dieser Punkt jedoch berücksichtigt werden.
Die
Überprüfung der Methandurchlässigkeit für Membranen zur Speicherung von
Biogas im Gärbehälter erfolgt meist in Anlehnung an die DIN 53380 Teil 1
und 2 („Prüfung von Kunststoffen - Bestimmung der Gasdurchlässigkeit“)
unter Laborbedingungen. Diese DIN-Normen werden den Anforderungen an
Biogasspeichermembranen nur teilweise gerecht. So ist insbesondere die
DIN 53380 Teil 2 nicht darauf ausgerichtet, die praktische Anwendung
einer solchen Folie als Biogasspeichermembran darzustellen. Die
Überprüfung der Gasdurchlässigkeit erfolgt gemäß dieser Norm mit
trockenem Gas im Temperaturbereich zwischen 10°C und 40°C. Bei
Biogasspeichermembranen als Behälterabdeckung ist jedoch mit einer
relativen Feuchte des Biogases von nahezu 100 % auszugehen. Die
Temperatur des Biogases schwankt zwischen Sommer und Winter sehr stark
und kann im Sommer bei hoher Sonneneinstrahlung über 70°C liegen. Für
die DIN 53380 Teil 1 ist anzumerken, dass die Anwendung dieser Norm für
an den Kunststoffen kondensierende Gase ausgeschlossen wird. Gerade in
kalten Monaten kondensiert sehr viel im Biogas enthaltende Feuchtigkeit
bereits an den Membranen. Beide Normen sind für die Überprüfung von
Kunststoff-Verpackungen konzipiert. Aus Abbildung 5 sind gemessene
Methandurchlässigkeiten bei unterschiedlichen Temperaturen ersichtlich.
Die Gasdurchlässigkeit wird als Gasvolumen (in cm³) pro Fläche Folie
(in m²), pro Zeiteinheit (d = Tag) und pro Partialdruck Methan (in bar)
angegeben.
Abbildung 5:
Methandurchlässigkeit der geprüften Folien bei einer Prüftemperatur von
23°C (die gestrichelte Linie entspricht der Vorgabe aus der TI 4)
Für
23°C werden die Vorgaben aus der TI 4 für alle geprüften Folien
eingehalten. Jedoch sind Qualitätsunterschiede durchaus erkennbar.
Jedoch entspricht die Prüftemperatur von 23°C gemäß der DIN 53380 nur
selten den praktischen Bedingungen. Zudem wurden die in Abbildung 5
ermittelten Messwerte bei einer relativen Feuchte des Prüfgases von 0 %
durchgeführt. Um den Praxisbezug zu erhöhen, wurde bei drei der Folien
die Methandurchlässigkeit bei 41°C geprüft. Die Ergebnisse dieser
Messung sind in Abbildung 6 zu sehen.
Abbildung 6: Methandurchlässigkeit der bei 41°C geprüften Folien im
Vergleich
Es fällt auf, dass die
Methandurchlässigkeit bei zunehmender Temperatur stark ansteigt. So
liegt die Methandurchlässigkeit für die hier geprüften EPDM-Folien bei
einer Prüfgastemperatur von 41°C im Mittel um 165 % über den bei 23°C
ermittelten Werten. Demnach hat die Temperatur des Biogases einen
entscheidenden Einfluss auf die Gasdurchlässigkeit. Die
Temperaturabhängigkeit der Methandurchlässigkeit ist von Material zu
Material unterschiedlich, aber typischerweise verdoppelt sich die
Gasdurchlässigkeit alle 10 bis 20 K Temperaturerhöhung. Ein weiterer
wichtiger Faktor für die Gasdurchlässigkeit ist sicher die
Materialermüdung infolge der Einflüsse von Wind, Wetter und Biogas. Auch
hier ist über die Dauer des Einsatzes mit einer Erhöhung der
Gasdurchlässigkeit und einer Absenkung der Reißfestigkeit zu rechnen.
Zusammenfassend
lässt sich feststellen, dass bei allen hier gezeigten Beispielen die
Vorgaben der TI 4 eingehalten werden. Um den Praxisbezug der Prüfung zu
erhöhen, sollte die Prüftemperatur entsprechend angepasst werden. Zudem
muss die Feuchte des Biogases bei der Prüfung berücksichtigt werden.
Deshalb haben das DLG-Testzentrum Technik und die Mecadi GmbH hierzu in
Anlehnung an bewährte Normen für die Bestimmung der Gasdurchlässigkeit
von Materialien ein Prüfverfahren entwickelt, bei dem die Prüftemperatur
z.B. auf 40°C oder höher und das Prüfgase angefeuchtet werden kann.
Damit stehen geeignete Prüfverfahren zur Verfügung, die eine
praxisnahere Bewertung von Folien zur Herstellung von Fermenterdächern
als Biogasspeicher ermöglichen. Zukünftig ist sicher auch die
Veränderung der Materialien über die Gebrauchsdauer zu bewerten. Dies
kann unter anderen durch Messungen der Gasdurchlässigkeit und der
mechanischen Eigenschaften von in Betrieb oder künstlich gealterten
Folien geschehen.