Berlin (agrar-PR) -
Imker und BUND fordern Reform der Zulassungspraxis Zwei Jahre nach dem großen Bienensterben in
Süddeutschland, bei dem etwa 20000 Bienenvölker durch das Insektizid
Clothianidin getötet oder schwer geschädigt wurden, werden in der
Landwirtschaft beim Raps-, Mais-, Gemüse- und Getreideanbau weiter
bienengefährdende Pestizide eingesetzt. Nach Auffassung des Deutschen
Berufs- und Erwerbsimkerbundes (DBIB) und des Bundes für Umwelt und
Naturschutz Deutschland (BUND) brachten die 2008 verordneten Maßnahmen
zur Begrenzung der Gefährlichkeit von Schädlingsbekämpfungsmitteln für
Bienen nicht das gewünschte Ergebnis. Die Verbände haben weiterhin vor
allem das von der Firma Bayer CropScience hergestellte Clothianidin im
Visier, das zur Gruppe der sogenannten Neonicotinoide gehört.
Die Firma Bayer CropScience habe zwar die Wirkung
von Clothianidin auf Sommerraps getestet und für unbedenklich erklärt.
Die Ergebnisse dieser Tests ließen sich jedoch nicht auf Winterraps
übertragen, da dieser bereit von April bis Juni, Sommerraps hingegen
erst im Juli oder August blühe. Da Honigbienen den Nektar von Winterraps
als Nahrungsreserve und zur Fütterung ihres Nachwuchses nutzten, sei
eine Anwendung von Clothianidin insbesondere bei Winterraps mit großen
Risiken verbunden, sagte Manfred Hederer, Präsident des Deutschen
Berufs- und Erwerbsimkerbundes (DBIB).
Der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger forderte den
unverzüglichen Widerruf der Zulassungen für bienengefährdende
Neonicotinoide. "2010 begehen wir das UNO-Jahr der Biodiversität und in
Deutschland werden durch Agrargifte tausende Bienenvölker in Gefahr
gebracht", sagte Weiger. "Aber nicht nur die für unsere
Nahrungsmittelproduktion unverzichtbaren Bienen werden von Pestiziden
bedroht. Gefährdet sind auch unzählige andere Insekten, Vögel und
Kleintiere."
Mindestens drei weitere Neonicotinoide, die
Grundchemikalien für viele Schädlingsbekämpfungsmittel seien, schädigten
die Artenvielfalt und die Gewässer, sagte der BUND-Chemieexperte
Heribert Wefers. Außerdem gebe es erstzunehmende Hinweise auf Gefahren
für die menschliche Gesundheit. Neben ihren toxischen und hormonellen
Wirkungen stünden Neonicotinoide wie das Thiacloprid im Verdacht, beim
Menschen Krebs auszulösen.
Imker-Präsident Hederer warnte vor den enormen
wirtschaftlichen Schäden durch das Bienensterben: "Anfang 2010 war etwa
ein Viertel der Bienenvölker in Deutschland verschwunden. Neben den
negativen Auswirkungen der industrialisierten Landwirtschaft wie der
Anbau großflächiger Monokulturen spielen Pestizide dabei eine nicht
unwesentliche Rolle. Es verdichten sich die Hinweise, dass der Einsatz
bienengefährdender Neonicotinoide wie Clothianidin zu den Ursachen des
Bienensterbens gehört."
Der Verband der Imker und der BUND forderten eine
Verschärfung der Zulassungsprüfungen für Pestizide. Wenn deren
Bienenvolkverträglichkeit nicht erwiesen sei, dürfe auch keine Zulassung
erfolgen. Um den Schädlingsbefall zu vermindern, müsse insbesondere
beim Maisanbau eine dreigliedrige Fruchtfolge vorgeschrieben werden.
Erforderlich sei außerdem eine intensivere Förderung des Ökolandbaus,
der auf den Einsatz von Pestiziden verzichte.