Schwerin (agrar-PR) -
Sperrfrist: Redebeginn Landwirtschafts- und Umweltminister Dr. Till Backhaus hat in der
heutigen Landtagsdebatte den Antrag der Fraktion Die Linke
"Nachhaltige Entwicklung der ländlichen Räume durch regionale Vielfalt
sichern" als unzutreffend und aufgrund falscher Lösungsansätze als
unbrauchbar zurückgewiesen.
Mecklenburg-Vorpommern sei ein durch
die Agrarwirtschaft geprägtes Bundesland. Die Landschaft werde nur
durch eine nachhaltige landwirtschaftliche Flächennutzung erhalten. Die
Existenz der Dörfer und eine ländliche Infrastruktur sichere man durch
die Schaffung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum selbst. "Deshalb
müssen die bestehenden Potentiale für die landwirtschaftliche
Veredlungsproduktion über Tierhaltung oder Bioenergieanlagen ausgebaut
werden", unterstrich der Minister und untermauerte dies mit Zahlen:
So
werden bezogen auf einen Hektar landwirtschaftliche Fläche mit reinem
Marktfruchtbau Umsatzerlöse von 1000 Euro erzielt. Wird das erzeugte
Getreide als Futtergetreide genutzt und Mastgeflügel oder Mastschweine
erzeugt, erhöht sich der Umsatzerlös je ha auf 2000 bis 3000 Euro.
"Mit
der Veredlung der landwirtschaftlichen Rohstoffe in unserem Land in
neuen Veredlungsanlagen erhöhen wir die Wertschöpfung erheblich und
schaffen in diesem Zusammenhang durch Produktion finanzierte
Beschäftigung", so Backhaus.
So werden je 100 ha Ackerbau ca. 0,8
Arbeitskräfte benötigt. Durch Veredlung und Geflügelfleischproduktion
erhöht sich der Arbeitskräfteeinsatz auf 1,4 und 100 Kühe, die 100 ha
als Futterfläche nutzen, bedeuten 2 Voll- Arbeitskräfte.
"In
Deutschland werden 26 Mio. Schweine gehalten, in Mecklenburg-Vorpommern
768.000. Wenn die Besatzdichte Deutschlands flächenmäßig auf M-V
hochgerechnet wird, könnten im Land 2 Mio. Schweine gehalten werden,
bei Rindern könnte der Besatz von 559.000 auf 1 Mio. Stück erhöht
werden, bei Legehennen von 1, 9 Mio. auf 3,1 Mio. Stück. Das würde fast
4.000 Arbeitsplätze nach sich ziehen, die hierdurch direkt in der
Produktion entstehen könnten.Hinzu kämen noch einmal 16.000
Arbeitsplätze im vor- und nachgelagerten Bereich, wie zum Beispiel in
der Futtermittelwirtschaft, in der Schlachtung oder in der
Fleischverarbeitung", argumentiert der Minister.
Während in MV
der Besatz mit Schweinen nur etwa ein Drittel des Bundesdurchschnitts
beträgt, liegt dieser in Niedersachsen bei 200 %, also dem Sechsfachen
unseres Landes. Ähnlich sieht es beim Geflügel aus.
"Ich denke
keiner hier im Saale ist der Auffassung, dass in Niedersachsen kein
Tourismus mehr stattfindet und ein Leben im ländlichen Raum
unerträglich wäre" unterstrich der Minister und forderte eine sachliche
Diskussion zu den geplanten Tieranlagen.
Derzeit laufen in den
Staatlichen Ämtern für Landwirtschaft und Umwelt insgesamt 17
Genehmigungsverfahren für Anlagen der Geflügel- und Schweinemast.
Neugenehmigungen nach § 4 BImschG werden derzeit für 12
Geflügelmastanlagen und 3 Schweinemastanlagen durchgeführt. Im
Änderungsgenehmigungsverfahren nach § 16 BImSchG befinden sich derzeit
2 Anlagen der Schweinemast. Von den laufenden Verfahren sind derzeit
keine bei Gericht anhängig.
Der Minister ging in seiner Rede auf
die Genehmigungsverfahren und die Aufgabe der Genehmigungsbehörde ein.
So spiele im Verfahren die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) zur
Beurteilung der Erheblichkeit und Zumutbarkeit von Geruchsbelastungen
aus Anlagen eine Rolle.
Die aktuelle GIRL M-V stützt sich auf ein
entsprechendes Regelwerk der Länderarbeitsgemeinschaft für
Immissionsschutz von 2004, das 2008 wegen neuer Erkenntnisse zur
Beurteilung von Gerüchen aus Tierhaltungsanlagen überarbeitet wurde.
Dabei wurde festgestellt, dass Gerüche von Rinder weniger belästigend
und Gerüche von Geflügel stärker belästigend sind. "Überraschend war,
dass die Geruchsqualität "Schwein" im Verhältnis zu Industriegerüchen
weniger belästigend wirkt. Dieses tierartspezifische
Belästigungspotential wird in der überarbeiteten GIRL berücksichtigt,
indem Geflügelmast strenger als bisher bewertet wird. Die Rinder- und
Schweinehaltung kann dagegen günstiger bewertet werden. Eine
Veröffentlichung der überarbeiteten GIRL im Amtsblatt werde im dritten
Quartal 2010 erfolgen. Bei den derzeit laufenden Genehmigungsverfahren
werd die GIRL aber bereits herangezogen.
Minister Backhaus
unterstrich in der Debatte, dass Tierproduktions- und Bioenergieanlagen
im ländlichen Raum so konfliktarm und standortangepasst wie nur möglich
errichtet werden sollten. Die Nachhaltigkeit könne nur im
Zusammenwirken von Ökonomie, Ökologie und Sozialem erreicht werden.
"Ökologie
bedeutet in diesem Zusammenhang, dass alle Umweltvorgaben zur Erhaltung
unserer natürlichen Umwelt und zur Erfüllung der besonderen Natur- und
Umweltvorschriften insbesondere der EU in unserem Bundesland
eingehalten werden.
Ökonomie heißt hierbei, dass
neue Tierproduktionsanlagen von ihrer Größe und von ihrem
Produktionsverfahren her heute und im Durchschnitt der kommenden
zwanzig Jahre am Markt wettbewerbsfähig betrieben werden können.
Soziale Belange werden für mich durch Anlagen berücksichtigt,
* die so weite Abstände zur Wohnbebauung einhalten, dass die ländliche
Bevölkerung nicht bis an die Schwelle des gesetzlich Zulässigen
hinsichtlich Lärm oder Geruch beeinträchtigt wird,
* die durch ihre Standortwahl keine besondere Verkehrsbelastung für die Dorfbevölkerung bedeuten und
* die so wirtschaftlich betrieben werden, dass auskömmliche Löhne für die dort Beschäftigten gezahlt werden können."
Der
vorliegende Antrag der Fraktion Die Linke greife keines dieser
Kriterien auf. Weiterhin verkenne der vorliegende Antrag die
tatsächliche Rechtsregelungen des Baurechts und die Folgen der
angestrebten Änderung im Baugesetzbuch völlig.
"Ein Antrag an die
Landesregierung, der zwar ein aktuelles und Teile der Bevölkerung
emotional stark berührendes Thema aufgreift, in der Sache und in den
Lösungsansätzen aber fehlschlägt", muss abgewiesen werden", so der
Landwirtschaftsminister abschließend.