24.01.2022 | 10:49:00 | ID: 32134 | Ressort: Landwirtschaft | Tier

LBV-Umfrage: Schweinehalter im Land sehen keine Perspektive mehr

Stuttgart (agrar-PR) - Bauernverband mit offenen Briefen an Politik und Marktpartner
Die prekäre Situation am Schweinemarkt setzt sich fort. Aufgrund der Corona-krise sind die Schweine- und Ferkelpreise auf einem historischen Tief und die Tierhalter schreiben tiefrote Zahlen. Der Landesbauernverband (LBV) hat deshalb eine Umfrage unter Schweinehaltern durchgeführt. Das Ergebnis ist ernüchternd: Über 50 Prozent der Befragten planen einen partiellen oder kompletten Ausstieg aus der Schweinhaltung. Gründe dafür seien neben gesetzlichen Auflagen und Unwirtschaftlichkeit, mangelnde Perspektiven. „In dieser Situation ist eine Weiterentwicklung der Betriebe unmöglich“, erklären die LBV-Vizepräsidenten Kaus Mugele und Hans-Benno Wichert. „Alle Marktbeteiligten und die Politik müssen jetzt endlich handeln, ansonsten ist Schweinefleisch aus Baden-Württemberg bald Geschichte.“ Schon heute sei der Selbstversorgungsgrad im Land nur noch bei rund 45 Prozent.

Die Situation der Ferkelzüchter und Schweinemäster ist desaströs. In der LBV-Umfrage machen die 282 Teilnehmenden, knapp 15 Prozent der Schweinehalter im Land, ihrem Unmut Luft.

Enttäuscht vom Handel, Ausbau der Regionalprogramme gefordert Die baden-württembergischen Schweinehalter sind laut Umfrage enttäuscht und ernüchtert von den leeren Versprechungen und Marketingaktionen des Lebensmitteleinzelhandels, die schlussendlich keinerlei Besserung, sondern nur noch mehr Druck auf die Erzeuger verursachen. Die Befragten haben dementsprechend jegliche Erwartung gegenüber dem Handel verloren.
„Fleischwirtschaft und die weiteren Glieder der Kette müssen jetzt auf Augenhöhe mit den Erzeugern neue integrierte Konzepte entwickeln“, erklärt Vizepräsident Mugele. Das Bekenntnis von Lebensmittelhändlern zu „5xD“ sei zwar das richtige Signal, aber: „Wir müssen unabhängiger von den Preisschwankungen der internationalen Märkte werden. Dazu müssen im Land die Regionalprogramme mit Abnahmegarantie ausgebaut werden, damit die Tierhalter mit stabilen Preisen rechnen können“, fordert Mugele.

Tierhalter fühlen sich von der Politik im Stich gelassen In Summe fühlen sich die befragten Tierhalter von der Politik im Stich gelassen. „Die Frustration unserer Schweinehalter ist groß. Sie kritisieren politische Entscheidungen der vergangenen Jahre, die wichtige Fragen unserer Branche nicht zufriedenstellend beantworten. Es werden immer neue Anforderungen gestellt, es ist aber unklar wer diese bezahlt“, sagt Wichert. „Wir brauchen ein klares Bekenntnis der politischen Entscheider zur Weiterentwicklung der Tierhaltung im Sinne des Borchert-Plans, bei dem die Einkommenskomponente schnellstmöglich geklärt werden muss. Zudem müssen Auflagen im Baurecht abgebaut werden, die der Weiterentwicklung der Schweinehaltung im Wege stehen, damit unsere Schweinehalter langfristig und vor allem verlässlich planen können.“ Wenn nicht endlich gehandelt wird, kommt statt der gewünschten Agrarwende, ein hartes Agrarende, so kommentiert ein an der Umfrage teilnehmender Schweinehalter die aktuelle Situation.

Hintergrund:
Der Landesbauernverband in Baden-Württemberg e. V. (LBV) vertritt rund 33.000 Landwirte aus Baden-Württemberg. 20 selbstständige Kreisbauernverbände nehmen auf regionaler Ebene die Interessen des bäuerlichen Berufsstandes wahr. Insgesamt ist jeder zehnte Arbeitnehmer in Baden-Württemberg direkt oder indirekt von der Landwirtschaft abhängig.

Details zur LBV-Umfrage unter Schweinehalter: 282 Schweinehalter aus Baden-Württemberg haben teilgenommen, das entspricht etwa 15 Prozent der Schweinehalter im Land. Dabei haben Tierhalter aus den Betriebszweigen Sauenhaltung und Ferkelerzeugung 23,3 Prozent, Ferkelaufzucht 13,4 Prozent, Schweinemast 37 Prozent und geschlossenem System 23,9 Prozent teilgenommen. Die Tiere werden in folgenden Haltungsformen gehalten: 1 (Stallhaltung), beispielsweise QS 55,4 Prozent, 2 (Stallhaltung Plus), beispielsweise Initiative Tierwohl 33,1 Prozent, 3 (Außenklima), beispielsweise Einstiegsstufe Tierschutzlabel 8,2 Prozent und 4 (Premium/Bio), beispielsweise Premiumstufe Tierschutzlabel 3,3 Prozent.

Schweinehaltung in Baden-Württemberg: Es gibt laut Statistischem Landesamt (November 2021) nur noch 1.900 schweinehaltende Betriebe, darunter 700 Ferkelzüchter in Baden-Württemberg. In den vergangenen Jahren hat diese Sparte einen regelrechten Strukturbruch erlebt, die Anzahl der Betriebe mit Ferkelzucht hat innerhalb eines Jahres (2020-2021) um 11,3 Prozent abgenommen. Der Schweinebestand ist ebenfalls deutlich rückläufig. Gegenüber November 2020 wurden rund 181.500  Schweine weniger gezählt, das entspricht einer Abnahme um 11 Prozent. Am stärksten wurde der Bestand an Ferkeln reduziert: binnen Jahresfrist sank ihre Zahl um etwa 113.000 Tiere (-18,6 Prozent) und lag damit zum Stichtag bei weniger als 500.000 Tieren.

Situation der Schweinehalter: Die baden-württembergische Schweinehaltung befindet sich momentan in der größten Krise seit Jahrzehnten. Viele Betriebe wirtschaften bereits seit über einem Jahr nicht mehr kostendeckend. Die Preise für Ferkel und Mastschweine sind viel zu niedrig.
Momentan erhält der Schweinemäster 1,20 je Euro/kg Schlachtgewicht, der Ferkelzüchter nur 26,10 Euro pro Ferkel. Kostendeckend wird es für die Mäster ab einem Preis von ca. 1,80 Euro/kg Schlachtgewicht. Bei den Schweinezüchtern rechnet sich die Arbeit erst ab ca. 70 Euro pro Ferkel.
Diese Zahl hängt jedoch auch stark von den betriebsindividuellen Gegebenheiten ab und kann teilweise auch deutlich höher liegen.

Unternehmensergebnisse 2020/21 der Schweinehalter: Mit Beginn der Corona-Pandemie ist der Schweinepreis eingebrochen und hat sich seitdem nicht mehr erholt. Die fehlende Nachfrage der Gastronomie und die Einschränkungen des öffentlichen Lebens belasten den Schweinefleischmarkt bis heute. Für die Schweinehalter ist die Situation katastrophal und existenzbedrohend. Das spiegelt sich auch in den Unternehmenseinkommen je Familienarbeitskraft wider. Die Betriebe müssen einen Rückgang von 58,6 Prozent auf 25.547 Euro (2019/20: 61.719 Euro) verkraften.

Situation am Schlachtschweinemarkt: Der Schlachtschweinepreis hat mehrere große Einbrüche erlitten, die Hauptursache für die anhaltend schlechte Marktsituation ist vor allem in der Coronapandemie zu sehen, wodurch das allgemeine Preisniveau für Schweinefleisch stark abgesunken ist. Gründe dafür sind unter anderem immer noch fehlende Großveranstaltungen und Einschränkungen in der Gastronomie.
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