Berlin (agrar-PR) -
Infoveranstaltung zum Modellvorhaben von DBV und DJV Trotz Rekordstrecke von 640.000 Stück Schwarzwild im vergangenen
Jagdjahr ist die Situation in einigen Regionen alarmierend - darüber
waren sich alle Teilnehmer der Informationsveranstaltung zum
„Modellvorhaben Schwarzwildbewirtschaftung“ im Rahmen der Agritechnica
in Hannover einig. Der Deutsche Bauernverband (DBV) und der Deutsche
Jagdschutz-Verband (DJV) hatten dazu eingeladen, um über die erste
Saison des vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (BMELV) initiierten Projektes zu berichten. In
bundesweit sechs Regionen werden über drei Jahre ackerbauliche und
jagdliche Strategien getestet, um zu untersuchen welche Methoden
erfolgversprechend und bezahlbar sind.
Der Präsident des Rheinischen Landwirtschaftsverbandes und
Umweltbeauftragte des DBV, Friedhelm Decker, machte deutlich, dass die
teilweise stark überhöhten Wildschweinbestände für die Schweine
haltenden Landwirte geradezu eine Frage des betrieblichen Überlebens
darstellen. Ein Überspringen der Seuche auf die Hausschweinbestände
müsse unbedingt verhindert werden. Helmut Dammann-Tamke, Präsident des
Landesjagdverbandes Niedersachsen, schilderte mit einer anschaulichen
Geschichte der Leitbache Jolante, die aufgrund des reichhaltigen
Nahrungs- und Deckungsangebotes in Wald und Feld ihre Rotte erfolgreich
durchs Jahr bringt, die Herausforderungen, vor denen die Jäger bei der
Bejagung stünden.
Andreas Leppmann, Geschäftsführer des DJV berichtete von ersten
Ergebnissen aus den teilnehmenden Betrieben und Revieren. Durch die
Anlage von Schneisen würden die Möglichkeiten zur Bejagung gerade in
großen Schlägen verbessert. Allerdings waren die tatsächlichen
Bejagungserfolge regional sehr unterschiedlich. Es zeichne sich ab,
dass die Einsaat anderer Früchte, zum Beispiel von Sommergetreide in
Maisschlägen, vorteilhafter sei, als das spätere Einhäckseln von
Schneisen. Die Schneisen sollten möglichst quer zur Saat angelegt
werden. Auch die Einbeziehung von vorhandenen Wasserstellen habe sich
als günstig erwiesen, um Schwarzwild in großen Flächen zu lenken.
Weiterhin wurden die unterschiedlichen Auswirkungen von Breit- und
Liniensaat sowie Methoden der Einzäunung getestet. Auch hinsichtlich
der Verbesserung der Jagdstrategien sah Leppmann gerade in den
Feld-Wald-Regionen und bei revierübergreifenden Drückjagden noch viel
Potenzial, das es auszuschöpfen gelte. Anhand des Vortrags von Dr.
Nikolaus Bretschneider-Hermann von der hessischen Naturlandstiftung
wurde besonders deutlich, dass es keine auf alle Reviere passende
Patentlösung gibt, sondern je nach Struktur der Betriebe und der
örtlichen Gegebenheiten geeignete Maßnahmen ergriffen werden müssen.
Prof. Dr. Friedrich Kerkhof von der FH Soest stellte die
Berechnungen der Deckungsbeitragsverluste durch die Anlage von
Bejagungsschneisen vor. Diese schwankten ebenso wie der zusätzliche
Arbeitsaufwand abhängig von den Betrieben sehr stark und lägen im
Schnitt bei 250 – 400 Euro pro Hektar. Bis zu einer Größenordnung von
10 Prozent der Gesamtfläche könnten Schneisen noch mit vertretbarem
Aufwand angelegt werden. Seiner vorläufigen Einschätzung nach müsste
auf den Flächen eine Schadensminderung von mindestens 4 – 5 Prozent
erreicht werden, damit sich die Anlage von Bejagungsschneisen lohne.
Alle Referenten machten deutlich, dass nach einem Jahr nur
Tendenzaussagen getroffen werden könnten und wissenschaftlich
belastbare Ergebnisse noch nicht vorlägen. Mit Gewissheit könne aber
bereits gesagt werden, dass eine gute Kooperation und Absprache von
Jägern, Landwirten und Grundeigentümern maßgeblich zum Erfolg
beitrügen. Auch Peter Lohner, Referatsleiter im BMELV, hob hervor, dass
das Ministerium es für zielführender erachtet, mit allen Beteiligten
vor Ort wirksame Konzepte zu entwickeln, als zu versuchen, das
Schwarzwild durch Gesetzesänderungen zu regulieren. Bernhard Haase
appellierte als Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der
Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer (BAGJE) in seinem
Schlusswort an die Beteiligten, die Anregungen aus der Veranstaltung in
ihre Reviere mitzunehmen und neue ackerbauliche und jagdliche Methoden
auszuprobieren, um das Ziel des Projektes „Strecke hoch – Schaden
runter“ zu erreichen.