Kiel (agrar-PR) -
Winterliches Wetter macht einen längeren Aufenthalt im Freien in diesen Tagen nicht gerade zu einem Vergnügen. Dennoch gibt es gerade auf den Weiden des Nordens Tiere,
denen Wind, Kälte oder Regen nichts anhaben können, und die zudem eine wichtige
Rolle im Naturhaushalt und zum Erhalt der Kulturlandschaft wahrnehmen.
Beispielsweise sind ca. 50 so genannte Heckrinder im Dienste des Naturschutzes
im Eidertal südlich von Kiel tätig. Nebenan grast noch eine Herde robuster
Koniks, eine ursprüngliche Pferderasse. Die gemeinsame Aufgabe dieser dem ungemütlichen
Winterwetter gegenüber unempfindlichen Tiere ist dafür zu sorgen, dass der
einst landwirtschaftlich genutzte Talraum nicht zuwächst, sondern sich zu einer
attraktiven, abwechslungsreichen Landschaft entwickelt, in der sich Pflanzen,
Tiere und Menschen wohl fühlen. Gerade jetzt im Winter haben die vielen Rinder
und Pferde im Eidertal und anderswo in Schleswig-Holstein, wo artenreiche
Landschaften durch eine ganzjährige Beweidung geschaffen oder erhalten werden
sollen, ihre Hauptaufgabe zu erledigen: Sie fressen das, was im Sommer stehen
geblieben ist.
Über das Jahr grasen auf den großen Weideflächen nur wenige Tiere. Oft sind es
nicht mehr als drei bis sechs Rinder oder Pferde je zehn Hektar, eine im
Vergleich zu den sonst üblichen landwirtschaftlichen Weideverfahren
verschwindend geringe Besatzdichte. Im Sommer können diese wenigen Tiere die
wuchernde Vegetation auch nicht im Zaum halten. So bleibt, obwohl die Flächen
nicht gedüngt werden, viel überständiges Gras und Kraut stehen.
Während der Vegetationsruhe müssen die Weidetiere sich mit dem begnügen, was
von den Zeiten des Überflusses übrig geblieben ist. Und dabei leisten sie ganze
Arbeit. Denn ohne ihren beharrlichen Appetit hätten viele Pflanzen keine
Chance, sich während der Vegetationsperiode gegen die Wuchskraft anderer Gräser
und Kräuter durchzusetzen. Das garantiert, dass im kommenden Sommer nicht nur
Gräser sprießen sondern auch viele unterschiedliche Kräuter blühen und sich
zahlreiche Schmetterlinge und viele andere nach Nektar und Pollen suchende
Insekten einfinden.
Mähen mit den heute üblichen Gerätschaften könnte die wertvolle Arbeit der
Weidetiere nicht ersetzen, insbesondere nicht in einem schwierigen Gelände wie
dem Eidertal mit vielen sumpfigen Stellen. Wenn diese trocken fallen oder bei
Frost zugänglich werden, sind die Tiere hingegen sofort zur Stelle, um den
Aufwuchs abzuweiden.
Darüber hinaus haben die tierischen Mähwerke noch ganz andere Vorteile: Im
Gegensatz zu einem mechanischen Mähwerk fressen sie selektiv, das heißt mal hier
mal dort. Es bleiben immer genügend Pflanzen zurück, die nur wenig oder gar
nicht angeknabbert werden und wo zum Beispiel Insekten ungestört überwintern
können. Außerdem hinterlassen Weidetiere Dungfladen, in denen sich schon im
zeitigen Frühjahr eine große Vielfalt verschiedener Käfer- und Fliegenlarven
entwickeln wird - Nahrung für Vögel, Fledermäuse, Dachs und Igel.
Und schließlich gestalten Weidetiere ihren Lebensraum nicht nur mit ihrem
Fressverhalten. Durch ihren Bewegungsdrang, durch Ruhen, Lagern, Fellpflege und
soziales Verhalten strukturieren sie die Landschaft und schaffen zahlreiche
Kleinstrukturen, auf die viele Pflanzen und Tiere angewiesen sind. Erdbienen,
Grabwespen und Feldheuschrecken nisten in den Abbruchkanten der Sandsuhlen oder
auf den unbewachsenen Triften und Lagenplätzen, Schwalben finden eben dort nach
Regengüssen ihr Nistmaterial und bei den grasenden Rindern auch die Fliegen für
die Brut, um nur einige Bespiele zu nennen.
Ohne die Gegenwart und das Wirken der Weidetiere, die auch jetzt dem
ungemütlichen Winterwetter trotzen, wären die Flächen also weitaus artenärmer.
Insgesamt erzeugen die Weidetiere nicht nur ein für den Artenschutz attraktives
Mosaik verschiedenster Lebensräume sondern ein auch für den Menschen
harmonisches Landschaftsbild und eigentlich wird dabei auf den hiesigen Wilden
Weiden nur das imitiert, was uns die Natur andernorts vorgibt, wo noch Herden
von frei lebenden Weidetieren die Landschaften durchstreifen.
Damit die Weidetiere ihre Aufgabe im Dienste des Naturschutzes erfüllen können,
müssen sie sich auch wohl fühlen. Die Weidefläche muss Ihnen ausreichend Raum
bieten, um genügend Futter zu finden und ihr angeborenes Verhaltensrepertoire
auszuleben. Sie müssen einen Platz finden, wo sie bei allzu schlechtem Wetter
geschützt und trocken ruhen und lagern können. Ein Stall ist dafür keinesfalls
notwendig. Schützende Gehölze und Gebüsche sowie ein trittfester trockener
Boden reichen.
Auch eine Zufütterung ist nur dann notwendig, wenn über mehrere Tage dichte
Schnee- oder Eislagen den Zugang zu Gras und Rinde verhindern. Und natürlich
müssen sich auch die Tiere dafür eignen, den Winter im Freien zu verbringen.
Robustrinder, die auch mit widrigen Witterungen zu Recht kommen sowie einige
Pferderassen eignen sich dafür, ganzjährig draußen gehalten zu werden. (PD)