12.08.2009 | 00:00:00 | ID: 1643 | Ressort: Landwirtschaft | Unternehmen

Banken schätzen Top-Unternehmer

Hannover (agrar-PR) - Liquidität   Schlechte Preise und gestiegene Kosten gefährden immer häufiger die Zahlungsfähigkeit der Betriebe. Im Herbst wird mit einer Verschärfung durch dann fällige Pacht-Zahlungen gerechnet. Niedersachsens Banken spüren die Liquiditätskrise bereits an einer deutlich gestiegenen Kreditnachfrage aus dem Agrarsektor. Die Betriebe müssen hohe Standards erfüllen, um Geld zu erhalten. Friedrich Janssen hat derzeit viele Termine bei Banken und Sparkassen. Er berät 60 Milchviehbetriebe für den Beratungsring Ostfriesische Küste (Aurich). „Die Banken hinterfragen stärker, ab wann der Betrieb in der Lage ist, einen Kredit zurückzuzahlen“, schildert er seinen Eindruck. Über mangelnde Kooperation seitens der Geldinstitute kann er sich nicht beklagen. „Wenn ein 58-jähriger Betriebsinhaber Geldprobleme hat, aber keine Zukunftsperspektive, dann wird gemeinsam ein langsamer Ausstieg bis zum Rentenalter geplant.“ Allerdings habe er auch Fälle erlebt, bei denen ein junger Landwirt den Betrieb nach einem Bankgespräch aufgeben musste.

Eine Ursache liegt in den Mindesteigenkapitalanforderungen für Kreditrisiken (MaK). Diese verbindliche Vorgabe der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gilt seit 2004 und ist eine Säule des Sicherungssystems Basel II. Je nach Güte des Kreditnehmers muss die Bank unterschiedlich viel Eigenkapital vorhalten. Hat eine Bank zahlreiche schwache Kunden, sinkt ihr eigenes Rating. Das Interesse, sich für liquiditätsschwache Betriebe zu engagieren, wird also auch von der Bankenaufsicht torpediert. Worauf müssen sich die Landwirte einstellen, um an Kredite zu kommen?

Biologische Leistung zählt

Thomas Lusch, Berater für landwirtschaftliche Kunden bei der Volksbank Bremerhaven-Cuxland, verfolgt eine offensive Strategie: „Wir suchen seit 2008 intensiv das Kundengespräch.“ Das tut die Volksbank in der Grünlandregion schon aus eigenem Interesse. Eigenen Angaben zufolge beträgt das Kreditvolumen für die Sparte Landwirtschaft 90 Mio. Euro, das sind 18 Prozent des Gesamtkreditvolumens der Bank. 78 Prozent der landwirtschaftlichen Kreditnehmer sind Milchviehbetriebe. Lusch setzt sich gemeinsam mit dem Betriebsleiter(-ehepaar), einem Vertreter des Landvolks, Ringberatern und Steuerberatern an einen Tisch, um die Fakten zu analysieren. Gefragt sind dabei nicht nur Bilanzen, sondern stärker als je zuvor die biologischen Leistungen.

„Die Kernfrage ist die nach der Unternehmerqualität: Hat er seine Produktionstechnik im Griff?“, erklärte Detlef Jungclaus, Geschäftsführer des Landvolk Kreisverbandes Land Hadeln, der zahlreiche Kreditnehmer berät. Dabei werde von den Bankvertretern genau hinterfragt, wo der Betrieb räumlich angesiedelt ist, wie die familiäre Struktur ist und welche Strategie der Betrieb selbst hat. „Ganz vorne steht bei uns die Zukunftsfähigkeit des Betriebes“, stellt Gerd-Ulrich-Cohrs, Vorstand der Volksbank Lüneburger Heide, klar. Die 900 landwirtschaftlichen Betriebe, die von Cohrs und seinen Kollegen betreut werden, drehen im Geschäftsbereich das, was man landläufig als „großes Rad“ bezeichnet. Bei einem Gesamtkreditvolumen von 570 Mio. Euro  entfallen 82 Mio. Euro auf landwirtschaftliche Betriebe und weitere 25 Mio. Euro auf Betriebe, die in Erneuerbare Energien investieren. Das ist die Hälfte der gewerblichen Kredite. Tendenz steigend, da auch in der Krise vor allen Dingen in den Biogasbereich investiert werde.

Für Vorstand Cohrs, der selbst von einem landwirtschaftlichen Betrieb kommt, ist deshalb die Agrarwirtschaft in seinem Bereich „eine Kernbranche. Da gehen wir auch bei Liquiditätsdellen mit.“ Im Geschäftsbereich der Volksbank Lüneburger Heide führte die Kreditvergabe in den vergangenen Jahren zu dem, was Cohrs als „Positivauslese“ wertet: „Da die Landwirtschaft bei uns diese große Bedeutung hat, sind wir daran interessiert, zukunftsfähige Strukturen zu schaffen.“ Betriebe, bei denen auch in guten Marktphasen oftmals die Betriebsergebnisse nicht ausreichen, um die Liquidität herzustellen, müssten vor unnötigem Substanzverzehr geschützt werden.

Bankvorstand Gerd-Ulrich Cohrs gehört zu den Gästen des Kuratoriums für Wirtschaftsberatung in Soltau-Fallingbostel. „Uns ist es wichtig, dass die Geldinstitute direkt von den landwirtschaftlichen Organisationen und Verbänden informiert werden“, sagt Heiner Beermann, Vorsitzender des Landvolk Kreisverbandes Soltau-Fallingbostel, der den Dialog leitet.  Erfreuliche Erkenntnis bei den monatlichen Gesprächen: Eine hohe Eigenkapitaldecke und nur wenige Kreditausfälle sprechen für ein weiteres Engagement der Kreditinstitute im Sinne der Bauern. „Für die Banken sind Großprojekte zwischen 500.000 Euro und
2 Mio. Euro Investitionssumme attraktiv“, stellte Beermann fest.

Ludger Greten, Gruppenleiter Ernährung, Landwirtschaft und Neue Energien bei der Oldenburgischen Landesbank (OLB), gibt den (Milchvieh-)Betrieben den Rat, konkrete Pläne zur künftigen Liquiditätsentwicklung zu erstellen und frühzeitig mit dem Bankbetreuer Kontakt aufzunehmen. Die OLB hat im Weser-Ems-Gebiet 4000 produzierende Landwirte als Kunden. Bei einem Gesamtkreditvolumen von
7.614 Mio. Euro entfallen auf die landwirtschaftlichen Unternehmen 590 Mio. Euro. „Wir schätzen die langjährigen Geschäftsbeziehungen und verfassen nicht einfach neue Spielregeln bei der Kreditvergabe“, stellt Greten klar. Dennoch sieht er eine ernstzunehmende Gesamtsituation, die neue Anforderungen an die Betriebsleiter stellt.

„Reißleine“ gezogen

Bei allem Optimismus: In einigen Fällen, ist schon die „Reißleine“ gezogen worden, weiß Markus Grofer von der VR Agrarberatung in Lingen. Die  Gesellschaft berät im Vorfeld einer Kreditfinanzierung. Im Gespräch mit den Banken sei es unter anderem entscheidend, welche Festkosten ein Betrieb hat und auf welchem Niveau der Landwirt wirtschaftet. „Bei den Niedrigpreisen wird der Anteil der Betriebe zunehmen, die aussteigen“, ist sich Grofer sicher. Positiv habe er bei den Terminen mit den Kreditinstituten bemerkt, dass die Betriebe, die auslaufen oder stark investiert haben, nicht hängengelassen werden.

 Seit 1981 ist Wilfried Westermann bei der Landessparkasse zu Oldenburg (LzO) im Bereich Agrarkredite tätig. Die LzO betreut 4000 landwirtschaftliche Kunden, die mit 650 Mio. Euro zehn Prozent des Gesamtkreditvolumens in Anspruch nehmen. Westermann hat schon einige Krisen mit den Bauern durchgestanden und erinnert an die zwei Jahre anhaltende Flaute für die Ferkelerzeuger. Die augenblickliche Situation der Milchviehhalter betrachtet er deshalb als Delle, die nicht zu Aktionismus führen dürfe.  Nur für die Branche sei die Situation neu. „Wir achten natürlich darauf, wie der Betrieb geführt wird und wo er im Vergleich steht“, sagt Westermann. Die große Schwankungsbreite in den Produktionsergebnissen sei in der Milchwirtschaft auch eine Ursache für die Liquiditätskrise. Ringberater Friedrich Janssen sieht  mittelfristig weitere Probleme: „Bisher haben wir ein breites Mittelfeld mit solider Grundstruktur. Bei anhaltend niedrigen Milchpreisen ist ein Absturz dieser Gruppe zu befürchten.“
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Frau Sonja Markgraf
Telefon: 0511/36704-31
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Landvolk Niedersachsen - Landesbauernverband e.V.
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