24.08.2018 | 11:50:00 | ID: 25875 | Ressort: Landwirtschaft | Veranstaltungen

Der Kampf um den WM-Titel

Stuttgart (agrar-PR) - Das erste WM-Märchen des Jahres endete mit einer bitteren Niederlage. Am 1. und 2. September besteht für die Nation die Möglichkeit, dass ein Herbstmärchen wahr wird. Nicht die Nationalmannschaft, sondern Florian Sander und Sebastian Murkowski greifen bei der 65. Weltpflügermeisterschaft an und ackern für den Gewinn der Trophäen. 
 
Hoch über Kirchentellinsfurt (Landkreis Tübingen) liegt das Hofgut Einsiedel, der Ort, an dem die weltweite Pflügerelite bei der 65. Weltmeisterschaft im Pflügen am 1. und 2. September 2018 aufeinandertrifft. Der Niedersachse Florian Sander und der Westerwälder Sebastian Murkowski wollen den vermeintlichen Heimvorteil nutzen. Bereits im vergangenen Herbst begann die heiße Phase der Vorbereitung in unmittelbarer Nähe zu Stuttgart. Nicht nur die Teilnehmer nahmen die lange Reise auf sich, sondern auch die Wettbewerbsgeräte von Lemken, Kverneland und Fendt. Und wie bereitet man sich auf den großen Tag vor? „Das Gerät gehört ausgestattet, das heißt, dass man dem Pflug die notwendigen technischen Hilfsmitteln einbaut und richtig einstellt“, so der 28-jährige Sander, der erstmals bei einer Weltmeisterschaft an den Start geht. Aber auch Flächen, auf welchen die deutschen Teilnehmer für den Entscheid üben können, müssen vorhanden sein. Unterstützung erhalten die beiden Technikfans von ihren Pflügervereinigungen: Vereinsmitglieder stellen Übungsflächen zur Verfügung. Beim Training selbst ist vorerst jeder auf sich alleine gestellt, nur der Trainer und Vereinsmitglieder stehen mit Rat und Tat zur Seite. Eine Woche vor dem Entscheid findet das offizielle Training statt, wo sich alle vor Ort gemeinsam vorbereiten. Ein erstes Kräftemessen.

Gut verpackt auf die Reise geschickt

Auf sein eigenes Gespann verzichten möchte keiner der Teilnehmer. Nahezu die gesamte Weltelite reist deshalb mit eigenem Wettkampfpflug, der mit dem Standard-Ackerpflug kaum mehr was gemeinsam hat, und Schlepper an. Die ersten Container wurden in Neuseeland bereits Anfang Juni beladen und auf die Reise um die halbe Welt geschickt. Kaum in Deutschland angekommen, haben sich die beiden Pflüger von der anderen Seite der Weltkugel, Bob Mehrtens und Ian Woolley, nach einer Übungsfläche umgesehen. Und wie das Leben so spielt, konnten sich die zwei auf die Hilfe des ehemaligen WM-Teilnehmers Thomas König aus der Ortenau verlassen, der im nahe gelegenen Hailfingen seine Ausbildung absolvierte. Ein Anruf bei seinem Berufskollegen Alexander Kaiser genügte und drei Hektar Ackerland waren organisiert. Im Haifingen wird indes überlegt, was auf dem Acker entlang  des vielgenutzten Fahrradwegs passiert. Möchte sich Kaiser eine neue Maschine zulegen, die vor Ort noch getestet wird? Wenige trauen sich, die beiden Neuseeländer auf ihre Arbeit hin anzusprechen. So ziehen Bob und Ian täglich von morgens bis abends ihre Bahnen. Eine Furche liegt neben der anderen. Doch wirklich zufrieden sind die beiden noch nicht. „Wir haben Probleme damit, den Pflug in den ausgetrockneten Boden zu bekommen“, erklärt Bob Thomas beim Besuch auf dem Acker. Und auch hier helfen die Kontakte weiter. Zwei Anrufe und die Pfluggewichte werden von den bayerischen Pflügerkollegen angeliefert. Hilfe auf dem kurzen Dienstweg. Nach und nach trudeln nun laufend Container, Lkws und Teilnehmer ein – das internationale Zusammentreffen der Pflügerelite beginnt.

Der Unterschied steckt im Detail

Und wer stürmt am Ende das Podest, wird Weltmeister? Die Titel sichern sich diejenigen, die am  Ende der beiden Wettbewerbstage die meisten Punkte erreichen. Im vergangenen Jahr waren das John Whelan aus Irland in der Kategorie Drehpflügen und der Amerikaner Gene Gruber im Beetpflügen. Beide sind auch bei der 65. Weltpflügermeisterschaft in Kirchentellinsfurt mit dabei – mit einem kleinen, aber feinen Unterschied. Der Amerikaner ist „nur“ Trainer. Das ist nicht selten, doch man muss wissen, dass er seine erst 16-jährige Tochter Hailey betreut. Das macht die Situation besonders. Schafft die jüngste Teilnehmerin im Feld, die schon mit sieben Jahren mit dem Leistungspflügen begonnen hat, vielleicht die Sensation und erbt den Weltmeistertitel von ihrem Vater? „Ich hab mir im Vorfeld überlegt, ob ich die Trophäe mitnehmen soll, oder ob der Pokal in den USA bleiben kann“, erzählt Gruber mit einem Augenzwinkern und zeigt auf die Holzkiste, die noch im Container  steht.

Nicht nur eine Frage der Einstellung

Sebastian Murkowski erklärt mit Blick auf seine frisch gezogenen Furchen: „Um bei der WM beim Kampf um die Trophäen eingreifen zu können, muss ich auf eine Menge Kriterien achten, die über Sieg oder Niederlage entscheiden. Das sind sehr viele, die kann ich gar nicht alle aufzählen. Am wichtigsten ist die Geradheit, die springt jedem zuerst ins Auge. Auch dem absoluten Laien auf dem Acker.“ Das wissen auch die Richter. Mit einer krummen Furche kann der Pflüger schon bei der allerersten Fahrt seine Titelambitionen verspielen. Über die Punktvergabe entscheidet an beiden Seiten der Parzellen je ein Richterteam, das anhand eines Bewertungskatalogs der Weltpflügerorganisation die Arbeit der Teilnehmer bewertet. Mehrmals muss der international zusammengesetzte Trupp die Parzellen passieren. Knapp 600 Meter Wegstrecke einfach zurücklegen, um vom ersten bis zum letzten Wettkampfbeet zu kommen.

Im Beetpflügen werden pro Richterteam täglich 130 Punkte vergeben, im Drehpflügen 140. Die Pflugakrobaten wissen ganz genau, worauf sie achten müssen: Bewuchsunterbringung, Geradheit und Gleichmäßigkeit zählen nahezu bei allen Überpunkten zu den Bewertungskriterien. Während des Wettbewerbs sind die Teilnehmer so konstant gefordert, ein Zurücklehnen auf dem Schleppersitz gibt es nicht. Die erste große Herausforderung der Beetpflüger ist der Zusammenschlag, der unmittelbar nach der Bewertungspause ansteht. Bei den Drehpflügern ist der Anschluss an den Keil einer der Höhepunkte, den sich die Zuschauer nicht entgehen lassen sollten. Rund eine Viertelstunde vor Ende des Wettbewerbs wird es dann nochmals hektisch auf den Parzellen. Wer hat sich die Zeit richtig eingeteilt, um die Schlussfurche in Ruhe auspflügen zu können. Die letzte Fahrt bleibt offen liegen und allen in Erinnerung. Wer hier unter Zeitdruck steht, wird schnell unachtsam und vergisst womöglich, eine Einstellung bei seinem Arbeitsgerät vorzunehmen.

Ein buntes Rahmenprogramm

Das Kuratorium Weltpflügen 2018 e.V., das vom Deutschen Pflügerrat e.V. extra für dieses besondere Spektakel ins Leben gerufen wurde, ist Gastgeber der traditionsreichen Veranstaltung. Ohne die Unterstützung des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung, dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Baden-Württemberg, der Landwirtschaftlichen Rentenbank als auch dem Hauptsponsor Lemken und dem Gold-Sponsor BayWa/Fendt wäre solch eine Veranstaltung nicht durchführbar. „Bei entsprechendem Wetter werden etwa 30.000 Gäste erwartet“, erklärt der Vorsitzende Helmut Wolf. Das sind viele. Jedoch nichts im Vergleich zu den Besuchermassen, die sich solch eine Veranstaltung auf der Grünen Insel anschauen. Dort treffen sich zu den irischen Meisterschaften jährlich 350 Pflüger und 300.000 Zuschauer.

Neben den Wettbewerben erwartet die Besucher auf dem Hofgut Einsiedel ein hochattraktives und abwechslungsreiches Rahmenprogramm, das für jeden Besucher etwas bietet: Hohenheimer Feldtag mit Dampfpflugvorführung, Pferdepflügen, Landmaschinenvorführungen, Kinderland, regionaler Spezialitäten- und Kreativmarkt, Modellflugvorführungen und vieles mehr. Eine Reihe von musikalischen Darbietungen – dazu zählen die SWR4 Sommernächte mit der Kölner Kultband „Die Höhner“ und Ballonglühen – runden das Programm ab.

Ein Highlight für Technikfans wird die einzigartige Oldtimerschau Traktoren „Made in Südwest“ mit zahlreichen Raritäten sein: 66 Traktoren gibt es in der Sonderschau Südwest zu bestaunen, 33 Traktoren kommen aus anderen Regionen. Eine Zusammenstellung, die es bisher noch nie gegeben hat.

Weitere Informationen erhalten Sie online unter www.weltpfluegen2018.de
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