24.04.2015 | 12:00:00 | ID: 20205 | Ressort: Landwirtschaft | Wissenschaft & Forschung

Carbon Farming der Universität Hohenheim: Saudi-arabische Wüste für 10.000 Hektar große Jatropha-Plantage

Hohenheim (agrar-PR) - Jatropha speichert Kohlendioxid und liefert Bio-Kerosin / Seine Exzellenz Sultan Masood Dakik plant bei Rektorbesuch wissenschaftliche Kooperation mit Riad.

Jatropha, ein Wolfsmilchgewächs, wird bis zu 50 Jahre alt und 12 Meter hoch und erträgt auch Wüstenklima und -böden, die landwirtschaftlich nicht anders genutzt werden können. Die Pflanze kann große Mengen Kohlendioxid aufnehmen, über Jahre speichern und so dessen Gehalt in der Atmosphäre verringern. Das macht Jatropha zu einem Kandidaten für „Carbon Farming“: CO2 soll in Pflanzen gespeichert und so dessen Gehalt in der Luft verringert werden.

Große Jatropha-Plantagen in heißen, trockenen Küstenregionen könnten bei geringer Bewässerung mit entsalztem Meerwasser jährlich bis zu 25 Tonnen Kohlendioxid pro Hektar aus der Atmosphäre über einen 20-Jahres-Zeitraum aufnehmen, fanden Prof. Dr. Klaus Becker, Prof. Dr. Volker Wulfmeyer und Prof. Dr. Thomas Berger von der Universität Hohenheim heraus.

Außerdem könnte eine 10.000 km² große Plantage regional die mittlere Oberflächentemperatur der bebauten Fläche reduzieren und damit dazu beitragen, dass Regenfälle oder Taubildung induziert oder verstärkt werden. Das zeigen hochauflösende Computersimulationen mit einem erweiterten Gelände-Oberflächen-Atmosphärenmodell. In solchen Bereichen könnten Pflanzenanbau und CO2-Speicherung solange fortgesetzt werden, bis sich dauerhaft Waldungen oder ganze Waldgebiete ansiedeln.

Ölfrüchte für Jatropha-Kerosin

Zusätzlich zu der enormen klimatischen Widerstandsfähigkeit sind an dem Ölstrauch seine ölhaltigen Früchte aus ökonomischer Sicht besonders interessant. „Die Kerne der Früchte sind nicht essbar, weshalb Tiere sie instinktiv meiden“, sagt Prof. Dr. Becker, Agrarwissenschaftler an der Universität Hohenheim und Gründer von JatroSolutions.

„Die ökologischen Eigenschaften der Pflanze sind unbestritten. Sowohl in hydro-ariden Regionen wie auch auf nährstoffarmem Brachland gedeiht die Pflanze und produziert ihre sehr ölhaltigen Früchte. Und das bis zu 30 Jahre.“

Aus den Kernen lässt sich Öl pressen: „Das Jatropha-Öl wird in Ländern wie China oder Indien bereits seit Jahren als Rohstoff für Biodiesel genutzt. Die Länder wollen damit ihre Abhängigkeit zu fossilen Ressourcen verringern und ihre CO2-Bilanz verbessern. An der Entwicklung von Bio-Kerosin aus Jatropha-Öl ist auch das saudi-arabische Königshaus sehr interessiert.“

Saudi-arabisches Königshaus sagt 10.000 Hektar Wüstenfläche zu

10.000 Hektar küstennahe Wüstenfläche sagte das saudi-arabische Königshaus nun zu, auf der Jatropha-Plantagen entstehen sollen. Die Praxis soll zeigen, ob die Ergebnisse der Studie richtig sind. Dabei würde sich auch zeigen, inwieweit Probleme durch eine Versalzung der Böden auftreten können. „Gegebenenfalls müssten wir den Pflanzenanbau auf zwei bis drei Jahrzehnte begrenzen und danach die Bewässerung reduzieren“, sagt Prof. Dr. Becker. „Das aufgenommene Kohlendioxid bliebe dann in Form von verholzter Biomasse gespeichert.“

Sultan Masood Dakik zu Gast beim Rektor der Universität Hohenheim

Als nächsten Schritt laufen Gespräche über eine größere Kooperation der Universität Hohenheim mit der König-Saud-Universität und weiteren wissenschaftlichen Institutionen in Saudi-Arabien. Ihren Auftakt nahmen sie mit dem Besuch von seiner Exzellenz Sultan Masood Dakik beim Rektor der Universität, Prof. Dr. Stephan Dabbert.

Beide Seiten stuften die Gespräche als sehr fruchtbar ein. „Ich freue mich über die Kooperation mit der Universität Hohenheim“, sagte Sultan Masood Dakik. „Ich fühle mich persönlich verantwortlich für die Realisation des Plantagenprojekts. Die Wüste war einmal grün, jetzt soll sie wieder grün werden.“

„Die Refertilisierung marginaler Standorte und ihre Nutzung zur Produktion von Bioenergie fügt sich sehr gut in die Schwerpunkte der Universität Hohenheim ein“, erklärte Rektor Dabbert. „Professor Becker ist deshalb beauftragt, Themen für die wissenschaftliche Zusammenarbeit zu prüfen und in die Wege zu leiten.“

Hintergrund:

Seine Exzellenz Sultan Masood Dakik
Seine Exzellenz Sultan Masood Dakik entstammt dem afghanischen Königshaus. Sein Stammbaum weist seine Mutter als Nachkommin des Propheten Muhammad nach 30 Generationen aus. Aufgrund seiner Herkunft, langjährigen Zusammenarbeit und Vertrauen genießt er ein sehr hohes Ansehen im saudischen Königshaus. Er flüchtete 1979 vor der russischen Invasion und lebt seither am Niederrhein.

Seit 2015 ist er Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande. Ausgezeichnet wurde er u.a. für sein Engagement seit 28 Jahren für Flüchtlingsfamilien und seine Hilfe bei der Alphabetisierung und Ausbildung von Frauen in Afghanistan, Afrika und Pakistan, sowie der Hilfe für kriegsverletzte Kinder und Waisen

Machbarkeitsstudie der Atmosphere Protect GmbH

An der Machbarkeitsstudie sind die drei Professoren der Universität Hohenheim Klaus Becker, Volker Wulfmeyer und Thomas Berger beteiligt. Die Studie geht auf Initiative der Atmosphere Protect GmbH zurück. Die Atmosphere Protect GmbH ist als Unternehmensberatung im Bereich der CO2-Sequestrierung und der Wiederbegrünung von Wüsten tätig. Das Unternehmen wurde im Jahr 2008 als Ausgründung der Universität Hohenheim von Prof. Dr. Klaus Becker gegründet.

JatroSolutions und die Universität Hohenheim
Das 2005 gegründete Start-Up-Unternehmen entwickelte sich aus einem gemeinsamen Forschungsprojekt der Universität Hohenheim mit der EnBW. Federführend war der Agrarwissenschaftler und Jatropha-Experte Prof. Dr. Klaus Becker, Professor der Universität Hohenheim im Ruhestand. Partner bei JatroSolutions ist die EnBW, die das Forschungsprojekt um die Öl-Pflanze nun mit mehreren Millionen Euro fördert.
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