17.07.2014 | 20:05:00 | ID: 18218 | Ressort: Landwirtschaft | Wissenschaft & Forschung

Erster Entwurf der Sequenz des Brotweizengenoms liegt vor

Gatersleben, Sachsen-Anhalt (agrar-PR) - Ein wichtiger Durchbruch für die moderne Weizenzüchtung

Das Internationale Konsortium für die Sequenzierung des Weizengenoms (IWGSC, engl.: The International Wheat Genome Sequencing Consortium) veröffentlichte den ersten Entwurf der Sequenz des Brotweizengenoms in der international renommierten Fachzeitschrift Science. Neue Erkenntnisse über die Struktur, Organisation und Evolution des sehr großen und komplexen Genoms dieser weltweit wichtigsten Getreideart stehen nun erstmals zur Verfügung.

Der vorliegende Entwurf der Weizengenomsequenz ist eine Ressource von unschätzbarem Wert für Pflanzenforscher und Pflanzenzüchter. Sie ermöglicht es aus dem gesamten Genom ausgewählte Gene zügig auf einem einzelnen Weizenchromosoms zu lokalisieren. Nils Stein, Leiter der Arbeitsgruppe Genomdiversität des Leibniz-Institutes für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben, weist darauf hin, dass diese Ergebnisse die Art der Weizenforschung und Weizenzucht fundamental verändern wird. Der direkte Zugriff auf einen gesamten Genabschnitt in seinem genomischen Zusammenhang, ermöglicht eine sehr viel schnellere und einfachere Aufklärung der molekularen Hintergründe agronomisch interessanter Merkmale. Solche Merkmale können nun mit der Hilfe molekularer Marker bereits während der frühen Entwicklungsphase einer Pflanze, d.h. bereits vor ihrer phänotypischen Sichtbarkeit, nachgewiesen werden. Auf diese Weise können die Zuchtzyklen und damit auch die züchterische Verbesserung der Getreidepflanzen, z.B. mit dem Ziel einer Anpassung an sich verändernde klimatische Umweltbedingungen deutlich beschleunigt werden. Davon profitieren Pflanzenzüchter wie auch die Endverbraucher.

Der genetische Bauplan des Brotweizengenoms wird dabei helfen, die Erträge dieser bedeutenden Ackerfrucht für eine wachsende Weltbevölkerung weiter zu erhöhen. Darüber hinaus ist er aber auch eine wesentliche Hilfe bei der Entwicklung krankheitsresistenter und nährstoffeffizienterer Sorten und trägt so zur nachhaltigen Gestaltung der Landwirtschaft bei. Auch wird er die wissenschaftliche Charakterisierung und Nutzbarmachung der genetischen Ressourcen der über 25.000 Weizenakzessionen, welche in der ex-situ-Genbank des IPK Gatersleben bewahrt werden deutlich erleichtern.

Die Gaterslebener Pflanzenforscher Martin Mascher, Uwe Scholz und Nils Stein tragen gemeinsam mit Kollegen vom Joint Genome Institute in Kalifornien/ USA, von der University of Minnesota in St. Paul/ USA, von der Kansas State University in Manhattan in Kansas/ USA und dem James Hutton Institute, Dundee, Schottland substanziell zu den Anstrengungen des IWGSC bei, in dem sie die große Anzahl der vorliegenden Gensequenzen des Weizens in eine lineare Ordnung brachten und so auch ihre Organisation im Weizengenom zur Darstellung bringen konnten. Dieser Ansatz wurde im Rahmen einer Pionierarbeit bereits für die Gerste, einer diploiden Getreidemodellart für entsprechende Forschungsarbeiten im Brotweizen, erprobt.

Die nun publizierte Skizze der Sequenz des Weizengenoms ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Aufdeckung der kompletten Sequenz des hexaploiden Brotweizengenoms - das langfristige Ziel des IWGSC. Derzeit wird an der physischen Kartierung und Sequenzierung aller 21 Weizenchromosomen im Rahmen eines internationalen Projektes gearbeitet, welches durch das International Wheat Genome Sequencing Consortium koordiniert wird. Die beteiligten Wissenschaftler schätzen, dass die vollständige Sequenz des Weizengenoms innerhalb der nächsten drei Jahre vorgelegt werden könnte. Erst kürzlich veröffentlichten die IPK Arbeitsgruppen von Thorsten Schnurbusch und Nils Stein gemeinsam mit Kollegen des Helmoltz-Zentrums München eine physikalische Karte eines der 21 Chromosomen (Chromosom 6A) als weiteren Beitrag zu den Anstrengungen des IWGSC.

Zum Weizen:

Mit der größten Anbaufläche aller Kulturpflanzen ist Weizen zugleich eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel für einen Großteil der Weltbevölkerung. Auf mehr als 215 Millionen Hektar Ackerland werden jährlich weltweit fast 700 Millionen Tonnen Weizen geerntet. Damit ist Weizen hinsichtlich seiner globalen Produktionsmenge nach Mais und Reis das drittwichtigste landwirtschaftliche Produkt. Da Weizen im Vergleich zu Mais und Reis aber einen höheren Proteinanteil aufweist, ist es der wichtigste Lieferant für pflanzliche Proteine in der menschlichen Nahrung. Weizenpflanzen sind äußerst anpassungsfähig und können daher in einer Vielzahl verschiedener Gegenden angebaut werden. Getreide kann leicht gelagert und zu Mehl verarbeitet werden, das schließlich für die Herstellung einer breiten Palette hochqualitativer Nahrungsmittel bereitsteht.

Informationen über das IWGSC:

Das IWGSC ist ein internationaler Zusammenschluss, in dem mehr als 1.000 Mitglieder in 57 Ländern konzertiert daran arbeiten, das vollständige Weizengenom für die Öffentlichkeit in hoher Qualität zur Verfügung zu stellen. Es wurde im Jahr 2005 von einer Gruppe aus Pflanzenforschern, Anbauern sowie privaten und öffentlichen Pflanzenzüchtern gegründet, um mit der Hilfe der Grundlagenforschung das Fundament zu legen, auf dem Züchter im Rahmen der Entwicklung neuer Sorten aufbauen können. Mehr Informationen zum IWGSC stehen auf folgender Webseite zur Verfügung: www.wheatgenome.org

 

Über das IPK Gatersleben:

Das Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben ist eine außeruniversitäre, mit Bundes- und Ländermitteln geförderte Forschungseinrichtung und Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft ‑ einem Zusammenschluss von 89 Forschungsinstituten und Serviceeinrichtungen für die Wissenschaft in Deutschland. Am IPK forschen und arbeiten mehr als 500 Mitarbeiter/-innen aus über 30 Nationen. Die Forschungsarbeiten zielen auf die Aufklärung grundlegender biologischer Probleme sowie die Untersuchung daraus abgeleiteter anwendungsbezogener Fragestellungen ab. Diese werden vorrangig an agronomisch bedeutsamen Kulturpflanzenarten bearbeitet.

Zentrales Anliegen der wissenschaftlichen Arbeiten am IPK ist die Untersuchung der genetischen Vielfalt von Kultur- und Wildpflanzen und der Prozesse, die zu Ihrem Entstehen geführt haben sowie, daraus abgeleitet, die Aufklärung der molekularen Mechanismen, die zur Ausprägung und Variation pflanzlicher Merkmale beitragen. Hieraus erwachsende Erkenntnisse ermöglichen die Entwicklung und Anwendung von Strategien zu einer vertieften Charakterisierung und darauf aufbauend zu einer wissensbasierten Nutzbarmachung der in der Genbank vorgehaltenen pflanzengenetischen Ressourcen. Die Umsetzung des Konzepts basiert auf (i) der Bearbeitung langfristig angelegter Daueraufgaben und Forschungsthemen, (ii) einer interdisziplinär ausgerichteten Herangehensweise durch Zusammenführung der im IPK vertretenen Fachgebiete sowie (iii) der engen Verflechtung von Grundlagenforschung und der Bearbeitung daraus abgeleiteter angewandter Fragestellungen für eine pflanzenbasierte Bioökonomie.

Weitere Informationen unter: www.ipk-gatersleben.de

 

Publikationen:

  • International Wheat Genome Sequencing Consortium/ Mayer et al.(2014), A chromosome-based draft sequence of the hexaploid bread wheat genome, Science
  • Mascher M, Muehlbauer GJ, Rokhsar DS, Chapman J, Schmutz J, Barry K, Muñoz-Amatriaín M, Close TJ, Wise RP, Schulman AH, Himmelbach A, Mayer KFX, Scholz U, Poland JA, Stein N and Waugh R (2013) Anchoring and ordering NGS contig assemblies by population sequencing (POPSEQ). The Plant Journal 76:718-727.
  • Poursarebani N, Nussbaumer T, Šimková H, Šafář J, Witsenboer H, van Oeveren J, Doležel J, Mayer KFX, Stein N and Schnurbusch T (2014) Whole-genome profiling and shotgun sequencing delivers an anchored, gene-decorated, physical map assembly of bread wheat chromosome 6A. The Plant Journal: 79:334-347.

 

 

Weiterführende Informationen erhalten Sie bei: Dr. Sabine Odparlik, Media and External Relations Coordinator, Leibniz Institute of Plant Genetics and Crop Plant Research (IPK), Tel: +49-39482-5427, Email: odparlik@ipk-gatersleben.de der Dr. Nils Stein, Group Leader Genome Diversity and chair of the International Barley Genome Sequencing Consortium (http://barleygenome.org), Tel: +49-39482-5522, Email: stein@ipk-gatersleben.de

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