31.12.2010 | 13:53:00 | ID: 7552 | Ressort: Landwirtschaft | Wissenschaft & Forschung

Optimierungsmöglichkeiten in der Milchwirtschaft - An welchen Schrauben kann noch gedreht werden?

Göttingen (agrar-PR) - In den letzten Jahren bekamen die Milchviehhalter die Folgen eines stärker am Markt orientierten Milchpreises bereits in ihrer gesamten Bandbreite - von einem recht auskömmlichen bis hin zu einem existenzgefährdenden Preisniveau - zu spüren.
Die Erfahrungen aus dieser Zeit zeigen, wie wichtig es für den einzelnen Betrieb ist, sein tägliches Handeln zu reflektieren und die Produktionsabläufe stetig zu verbessern. Aus diesem Grund lud die AG Milchwirtschaft der Georg-August-Universität am 08. Dezember 2010 zur 5. Göttinger Fachtagung für Milchwirtschaft ein. Die Tagung stand unter der Überschrift: „Optimierungsmöglichkeiten in der Milchwirtschaft - An welchen Schrauben kann noch gedreht werden?“.

Dr. Josef Pott von der Weser-Ems-Union e.G. eröffnete die Veranstaltung mit seinem Vortrag „Chancen und Risiken der genomischen Selektion“. Dabei hob er insbesondere die Vorteile der Genom-Selektion hervor und erläuterte, dass Sperma zukünftig nicht nur kostengünstiger zur Verfügung stehen wird, sondern auch, dass die Landwirte auf eine breitere Auswahl von Bullen zurückgreifen können. Er verwies jedoch auch darauf, dass die Sicherheit der genomisch getesteten Bullen lediglich bei 70 % liege. Im Vergleich dazu verfüge die Nachkommenprüfung über eine Sicherheit von 90 %. Des Weiteren sei die Streuung der einzelnen Bullen bei der Genomselektion wesentlich stärker ausgeprägt, weshalb Dr. Pott empfiehlt, nur Bullen mit hohen Zuchtwerten einzusetzen.

Der Milchpreis und dessen Entwicklung haben den bedeutendsten Einfluss auf das Betriebsergebnis eines Milchviehbetriebes. Aus diesem Grund stellte Markus Fahlbusch von der Georg-August-Universität Göttingen in seinem Vortrag die Frage „Die Weltmärkte für Milcherzeugnisse - Wer oder was bestimmt die zukünftigen Milchpreise?“. Er beantwortete diese Frage damit, dass der Milchpreis langfristig gesehen durch die Kosten des Grenzanbieters bestimmt wird, d.h. über der „Schmerzgrenze“ der meisten EU-Milcherzeuger liegen wird. Diese günstige Prognose auf im Mittel kostendeckende Preise schließe jedoch kurzfristige Angebots- und Nachfrageschocks oder einen zyklischen Preisverlauf nicht aus.

Die Bedeutung der volatilen Agrarmärkte und deren Auswirkungen auf die Landwirtschaft spielten in dem Vortrag von Dr. Rüdiger Fuhrmann von der Nord/LB eine zentrale Rolle. In diesem Zusammenhang appellierte er an die Landwirte, rechtzeitig das Gespräch mit der Bank zu su- chen, sobald sich die Gefahr abzeichne, dass mögliche Liquiditätsengpäs- se auftreten könnten. Insbesondere veraltete Informationen führten häufig zur unnötigen Verschlechterung des Ratings von Betrieben. Fuhrmann wies zu dem darauf hin, dass nach wie vor das Motto gelte: „Erst optimieren, dann investieren“. Er verdeutlichte an anschaulichen Beispielen, wie wichtig es ist, zunächst das eigene betriebswirtschaftliche Ergebnis zu verbessern, bevor beispielsweise ein Stallneubau realisiert wird.

Christiane Brandes vom InnovationsTeam Brandes in Heiddorf griff das Thema des Stallneubaus in ihrem Vortrag ebenfalls auf, wenn auch in einem anderen Zusammenhang. Sie stellte Trends und Entwicklungen beim Bau moderner Milchviehställe vor und erläuterte dabei die drei wesentlichen Ziele im Stallbau: Kuhkomfort, Arbeitsproduktivität und niedrige Baukosten. Einer der wichtigsten Aspekte beim Stallbau, so Brandes, sei der Kuhkomfort, denn das Motto laute „Kuhkomfort bringt mehr Milch“, da immerhin rund ein Viertel der Gesamtleistung einer Kuh darauf beruhe. Wichtig sei es dabei der Kuh eine möglichst natürliche Umgebung zu ermöglichen, in der sie genügend Platz zur Verfügung hat und sich gerne bewegt. Im Hinblick auf die Baukosten unterstrich Brandes die deutlichen Degressionseffekte großer Einheiten, riet aber dennoch dazu jedes Detail des Stalls einer kritischen Prüfung hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit zu unterziehen.

Den Abschluss der Fachtagung bildete der Vortrag von Dr. Jürgen Rothert von der Agropax GmbH in Ankum. Rothert ging auf das Konzept seiner tierärztlichen Praxis ein, das weit über die tierärztliche Bestandsbetreuung hinaus geht. Unterstützung wird den Landwirten z.B. auch in der Arbeitsorganisation bei wachsenden Beständen geboten. Hierzu sei eine genaue Analyse der Ausgangssituation erforderlich, um festzustellen, wie eine Herde „funktioniere“. Die fortlaufende Kontrolle wichtiger Produktionskennzahlen, beispielsweise durch MLP oder Futteruntersuchungen, um gezielte Maßnahmen zu deren Verbesserung einleiten zu können, sei ebenso ein wichtiger Erfolgsbaustein.

Insgesamt stieß die 5. Göttinger Fachtagung für Milchwirtschaft auf ein breites Interesse der ca. 250 Teilnehmer aus Praxis, Wirtschaft und Wissenschaft und bot allen Beteiligten die Möglichkeit, sich über Optimierungsmöglichkeiten in der Milchviehhaltung zu informieren und aktiv mitzudiskutieren. Das Engagement der AG Milchwirtschaft wurde von allen Besuchern sehr gelobt. Auch für 2011 ist wieder eine Tagung geplant. (gwdg)
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