04.07.2017 | 18:35:00 | ID: 24261 | Ressort: Landwirtschaft | Wissenschaft & Forschung

Phosphor & Tiergesundheit - Neue Forschergruppe stärkt Tierforschung der Uni Hohenheim

Stuttgart-Hohenheim (agrar-PR) - DFG bewilligt rund 2 Mio. Euro für neues Großprojekt P FOWL (FOR 2601) / Im Fokus: Phosphorverwertung und Phosphor als wertvoller und knapper Nährstoff

Phosphor ist ein unersetzlicher Nährstoff für Menschen, Tiere und Pflanzen. Doch gerade Nutztiere können ihren Bedarf meist nicht allein über das pflanzliche Futter decken. Als Ausgleich füttern die Landwirte Phosphor zu, das als Gesteinsphosphat wie Salz im Bergbau gewonnen wird – was zwei Nachteile hat: Zum einen gehen die weltweiten Phosphor-Vorräte rapide zur Neige. Zum anderen zeigten Untersuchungen der Universität Hohenheim in Stuttgart, dass bei der Verwertung pflanzlichen Phosphors im Verdauungstrakt Stoffe entstehen, die zusätzliche und bislang kaum erforschte Vorteile für die Tiergesundheit haben können.  Die neu gegründete DFG-Forschergruppe „P-FOWL“ erforscht deshalb am Beispiel von Geflügel, welche speziellen Auswirkungen Phosphor aus pflanzlichen Reserven auf das Tier hat, wie genau Nutztiere den wertvollen Nährstoff im Verdauungstrakt verwerten, und wie diese Vorgänge noch effizienter gemacht werden können. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG fördert das Projekt mit rund 2 Mio. Euro.

Knapp 300 Eier legt eine Legehenne im Schnitt pro Jahr in Deutschland. Eine Hochleistung, für die das Tier unter anderem den Nährstoff Phosphor benötigt.

Dabei ist ihr Phosphorbedarf wesentlich höher als z.B. der vergleichbare Bedarf eines Menschen. Der Grund: „Menschen wachsen eine vergleichbar kurze Zeitspanne ihres Lebens und brauchen dann nur noch wenig Phosphor zur Erhaltung der Gesundheit.  Legehennen haben dagegen eine ausgeprägte Wachstumsphase und produzieren zudem Eier; der Körper eines Legehuhns muss Leistungen wie ein Profisportler erbringen“ erklärt der Leiter des Fachgebiets für Tierernährung an der Universität Hohenheim Prof. Dr. Markus Rodehutscord.

Da die Tiere allein aus dem pflanzlichen Futter nicht ausreichende Mengen Phosphor gewinnen können, wird ihrem Futter Phosphor aus mineralischen Vorräten zugesetzt – Vorräte, die schon in gut 100 Jahren aufgebraucht sein könnten.

Bereits jetzt werde es zunehmend schwierig, an den begrenzten mineralischen Phosphor zu gelangen, der nur an wenigen Orten weltweit vorkomme. Die Qualität des abgebauten Phosphors werde immer schlechter, der Abbau als Futtermittelzusatz und Dünger immer schwieriger. In Europa gibt es kaum Lagerstätten, die Landwirtschaft ist von Importen abhängig.

Forscher der Universität Hohenheim beschäftigen sich nun in einem interdisziplinären Team mit diesem Problem. “Unsere Ergebnisse sollen Nutztiere darin unterstützen, den in der Nahrung enthaltenen Phosphor möglichst effizient zu nutzen, damit weniger Phosphor aus mineralischen Vorkommen dem Futter zugesetzt werden muss.“

Dazu muss das Forschungsteam aber zuerst einmal wissen, wie genau die Verwertung des wertvollen Rohstoffs im Verdauungstrakt der Tiere funktioniert.

Phosphorverwertung ist kompliziert, aber wichtig

Ein Grund dafür, dass Nutztiere nicht genug Phosphor aus dem Futter beziehen können, ist der komplizierte Aufbau des pflanzlichen Phosphorspeichers Phytat. Jun.-Prof. Dr. Jana Seifert vom Institut für Nutztierwissenschaften der Universität Hohenheim erklärt: „In Pflanzen sind die Phosphor-Bausteine fest in einer ringförmigen Struktur gebunden, die im Verdauungstrakt mit Hilfe von Enzymen geknackt werden muss. Viele Nutztiere wie Schweine und Geflügel können das ebenso wie Menschen nur sehr schlecht.“

Wie das Vorgängerprojekt microP herausfand, ist das ein großer Nachteil für die Tiere. So zeigten Versuche an Schweinen, dass Phosphormangel sowohl die Anzahl als auch die Funktion von Immunzellen im Darm erheblich verändert.

Und auch für andere Vorgänge im Hormonhaushalt und Energiestoffwechsel der Tiere ist der knappe Nährstoff essenziell, betont Jun.-Prof. Dr. Seifert: „Bekommen die Mikroorganismen im Darm nicht genug Phosphor, erfüllen sie ihre Aufgaben bei der Nahrungsverwertung schlechter, und der Körper hat weniger Energie zur Verfügung.“  

Die Forschergruppe will nun mit High-Tech-Methoden herausfinden, welche Bakterien am Aufbrechen des Phosphorspeichers beteiligt sind und was ihre genaue Aufgabe ist. Die Mikrobiologie-Expertin hofft: „Wenn wir die Rolle der beteiligten Mikroorganismen geklärt haben, könnten wir langfristig deren Zusammensetzung so beeinflussen, dass sie den organisch gebundenen Phosphor für die Tiere besser nutzbar machen.“

Legehennen und Wachteln im Fokus

Auf die vorangegangenen Erkenntnissen will die Forschergruppe aufbauen, um die Phosphorverwertung im Darm noch besser zu verstehen. Dazu haben sie sich beispielhaft ein besonders interessantes Nutztier ausgesucht: Die Legehenne.

Prof. Dr. Rodehutscord: „Die Legehenne macht im Laufe ihres Lebens starke Veränderungen in der körperlichen Entwicklung durch. Sie wächst schnell heran und legt dann große Mengen Eier, bevor die Eiproduktion wieder zurückgeht. Das bedeutet, dass ihr Bedarf an Nährstoffen wie Phosphor und Calcium im Laufe ihrs Lebens stark schwankt.“

Calcium und Phosphor sind wichtige Nährstoffe für das Knochenwachstum und die Bildung der Eierschalen. Mit beidem müssen Legehennen daher gut versorgt sein. Ein nicht unbeträchtlicher Bedarf an Phosphor bei gut 40 Millionen Legehennen, die das statistische Bundesamt im ersten Quartal 2017 in deutschen Ställen zählte.

Bei der Abspaltung von Phosphor aus den pflanzlichen Quellen können aber auch andere Verbindungen entstehen, wie z. B. das Abbauprodukt Myo-Inositol. Diese Verbindungen können die Bakterien im Darm und die Tiergesundheit beeinflussen, was bislang jedoch kaum untersucht wurde.

Dank der Fachgebietsstruktur in den Nutztierwissenschaften der Universität Hohenheim hat die Forschergruppe bei den Untersuchungen einen besonderen Vorteil, so Jun.-Prof. Dr. Seifert: „Fachleute für Tierernährung, Mikrobiota, Genetik und Physiologie arbeiten in der Forschergruppe alle mit denselben Tieren, die auf der Versuchsstation Agrarwissenschaften der Universität Hohenheim untergebracht sein werden. Das macht die Ergebnisse deutlich präziser und vergleichbarer.“

Genetik als Faktor

Eine weitere Erkenntnis aus dem Vorgängerprojekt: Die Gruppe um den Genetiker Prof. Dr. Bennewitz fand heraus, dass die Gene beeinflussen, wie gut ein Tier in der Lage ist, den pflanzlichen Phosphorspeicher zu knacken. Um dies genauer zu untersuchen, werden auch Proben aus Versuchen mit Wachteln herangezogen, die in einem Vorgängerprojekt gewonnen wurden.

Wie Phosphor freigesetzt und verwertet wird und welche Wirkung es auf den  Stoffwechsel des Tieres hat, sind weitere Fragen, die sechs Teilprojekte der Forschergruppe aus den Hohenheimer Nutztierwissenschaften nun weiter verfolgen. Unterstützt werden sie dabei durch zwei Teilprojekte vom Leibniz-Institut für Nutztierbiologie in Dummerstorf, wo alle Ergebnisse auch systembiologisch zusammengeführt werden.

Die Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen Genetik und Phosphor-Verwertung könnten später der Tierzucht zugutekommen, so Prof. Dr. Rodehutscord: „Wenn die Rolle der Gene bei der Phosphor-Verwertung geklärt sind, könnte es langfristig möglich sein, bei der Züchtung gezielt Tiere auszuwählen, die genetisch entsprechend gut aufgestellt sind.“

Hintergrund: DFG-Forschergruppe P FOWL

Im Herbst beginnt die Arbeit der neuen Forschergruppe zum Thema „Inositolphosphate und Myo-Inositol beim Geflügel: Untersuchungen an den Schnittstellen von Genetik, Physiologie, Mikrobiom und Ernährung“, die zunächst auf eine Laufzeit von drei Jahren angesetzt ist.

Vom Institut für Nutztierwissenschaften der Universität Hohenheim sind die folgenden Fachgebiete beteiligt: Feed-Gut Microbiota Interaction, Funktionelle Anatomie der Nutztiere, Populationsgenomik bei Nutztieren, Tierernährung, Tiergenetik und Züchtung, sowie die Nachwuchsgruppe Mikrobielle Ökologie. Externer Partner in der Forschergruppe ist das Leibniz-Institut für Nutztierbiologie (FBN) in Dummerstorf. 

 

Kontakt für Medien:

Jun.-Prof. Dr. Jana Seifert, Universität Hohenheim, Leiterin des Fachgebiets Feed-Gut Microbiota Interaction, T 0711 459-23520, E jseifert@uni-hohenheim.de

Prof. Dr. Markus Rodehutscord, Universität Hohenheim, Leiter des Fachgebiets Tierernährung, T 0711 459-22420, E markus.rodehutscord@uni-hohenheim.de

 

Link:

Pressemitteilung der DFG
http://www.dfg.de/service/presse/pressemitteilungen/2017/pressemitteilung_nr_22/index.html


Text: Barsch / Klebs

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