09.04.2021 | 11:33:00 | ID: 30025 | Ressort: Landwirtschaft | Wissenschaft & Forschung

Schafe oder Ziegen: Wer sind die besseren Problemlöser?

Dummerstorf (agrar-PR) - Anpassungsfähigkeit wichtige Eigenschaft bei der Nahrungssuche
Wenn es darum geht, sich auf neue Situationen einzulassen, haben Ziegen die Nase vorn: Im Vergleich zu Schafen können sie sich deutlich schneller auf veränderte Begebenheiten einstellen und so zum Beispiel zu Nahrungsquellen gelangen. Das legt eine neue Studie von Wissenschaftlern der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und dem Forschungsinstitut für Nutztierbiologie Dummerstorf (FBN) nahe, die im britischen Fachjournal Royal Society Open Science* erschienen ist. Darin hatten sie untersucht, wie gut es den Tieren gelang, Hindernisse zu umlaufen und zu ihrem Futter zu kommen.

Erst vor kurzem war es Schweizer und Dummerstorfer Forschern gelungen nachzuweisen, dass Ziegen Herausforderungen und Denkaufgaben mögen (https://idw-online.de/de/news760878).

Schafe und Ziegen haben viele Gemeinsamkeiten: Sie sind genetisch gesehen enge Verwandte, etwa gleich groß, haben ähnliche soziale Strukturen und werden beide vom Menschen als Nutztiere gehalten. Große Unterschiede gibt es aber bei der Nahrungssuche. „Während Schafe eher Weidetiere sind, streifen Ziegen umher und bevorzugen Knospen und frische Triebe“, sagte Dr. Camille Raoult von der MLU, die die Studie gemeinsam mit Dr. Christian Nawroth vom FBN geleitet hat. Die Experimente wurden am Forschungszentrum Agroscope in der Schweiz sowie am „Buttercups Sanctuary for Goats“ in Kent in England durchgeführt.

Flexibler das Hindernis erkannt und umkurvt
„Die Fähigkeit, auf eine sich verändernde Umwelt zu reagieren, ist lebenswichtig, denn so können Tiere neue Nahrungsquellen erschließen“, betonte Nawroth. Das Team wollte deshalb untersuchen, wie beide Tierarten auf neue räumliche Hindernisse reagieren. Der Versuchsaufbau der Studie war dabei relativ einfach: Jeweils ein Tier wurde an das Ende eines kleinen Geheges geführt. Am anderen Ende befand sich eine Person, die Futter anbot. Dazwischen war ein Zaun mit einer Lücke – der direkte Weg war jeweils versperrt. Die Forscherinnen und Forscher beobachteten das Verhalten der Tiere, also ob sie direkt in Richtung der Lücke liefen und stoppten die Zeit, die sie brauchten, um zu ihrem Futter zu gelangen. Nach einigen Durchläufen wurde die Position der Lücke im Zaun verändert. Anschließend sollten die Tiere den Versuch wiederholen. Insgesamt absolvierten 21 Ziegen und 28 Schafe das Experiment (s. Video).

Die Ergebnisse: Sowohl Schafe als auch Ziegen waren von der neuen Position der Zaunlücke zunächst irritiert und brauchten einige Versuche, um sich gänzlich auf die neue Situation einzustellen. Den Ziegen gelang es aber, im Laufe der Durchgänge deutlich besser, das Hindernis zu umlaufen – sie machten weniger Fehler als die Schafe. Die Versuche konnten nicht unter exakt identischen Bedingungen an beiden Standorten durchgeführt werden, sie zeigen aber trotzdem deutlich: „Ziegen können sich offensichtlich besser und genauer auf neue Situationen einstellen und die korrekte Richtung einschlagen, um das Hindernis zu umlaufen. Das spricht dafür, dass sie mental flexibler als Schafe sind“, fasste Ko-Autorin Britta Osthaus von der Canterbury Christ Church University zusammen. Ein möglicher Grund für die Unterschiede könnten die unterschiedlichen Strategien bei der Nahrungssuche sein, so die Forscher.

Die Studie wurde vom Schweizer Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen, der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der US-amerikanischen Tierschutzorganisation „Farm Sanctuary“ unterstützt.

*Originalpublikation
Royal Society Open Science (3. März 2021)
Goats show higher behavioural flexibility than sheep in a spatial detour task
https://doi.org/10.1098/rsos.201627

Video Schafe oder Ziegen: Wer sind die besseren Problemlöser?
www.youtube.com/watch?v=wEncYmCpIYE&ab_channel=ChristianNawroth

Auskünfte erteilt:
Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN)
Vorstand Prof. Dr. Klaus Wimmers
T +49 38208-68 600
E wimmers@fbn-dummerstorf.de

Institut für Verhaltensphysiologie
Leitung Prof. Dr. Birger Puppe
T +49 38208-68 800
E puppe@fbn-dummerstorf.de

FBN-Studienleiter Dr. Christian Nawroth
T +49 38208-68 948
E nawroth@fbn-dummerstorf.de
www.fbn-dummerstorf.de
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