09.04.2014 | 17:20:00 | ID: 17511 | Ressort: Landwirtschaft | Wissenschaft & Forschung

Studie beleuchtet Tiergesundheit in schleswig-holsteinischen Milchkuhherden

Kiel (agrar-PR) - In Schleswig-Holstein ist die Milcherzeugung der wichtigste Ertragszweig der Landwirtschaft.
Der betriebswirtschaftliche Erfolg steht und fällt damit, dass die einzelne Kuh längere Zeit genutzt werden kann und im Laufe ihres Lebens dem Betrieb auch eine entsprechende Milchmenge bringt.

Das kann sie nur, wenn sie dabei möglichst gesund ist. Gerade bei hochleistenden Milchkühen befinden sich die Milchleistung und die Tier-gesundheit in einem komplexen Wechselspiel. Ob das Tier im Gleichgewicht (und damit gesund) bleibt, entscheidet sich durch das betriebliche Management (insbesondere in Haltung, Fütterung und Hygiene).

Das Wohlbefinden der Kuh und das ökonomische Betriebsergebnis sind also unmittelbar miteinander verknüpft.

Vor diesem Hintergrund, angeregt von einigen Tierärzten und der Tierärztekammer, haben die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein, das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume und die Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover eine gemeinsame Studie in 100 schleswig-holsteinischen Milchkuhbetrieben in Form einer Fall-Kontroll-Studie durchgeführt.

Nach zuvor festgelegten Kriterien wurde eine Gruppenzuordnung vorgenommen: Betriebe mit unterdurchschnittlicher Zellzahl - gewertet als überdurchschnittlich gute Eutergesundheit - , unterdurchschnittlicher Abgangsrate bei den Kühen und überdurchschnittlicher Lebensleistung der Abgangskühe wurden mit solchen verglichen, bei denen die Zellzahl und die Abgangsrate bei den Kühen deutlich über dem Landesdurchschnitt lagen und die Lebensleistung der abgegangenen Kühe unterdurchschnittlich war. In den Studiengruppen standen in etwa gleichem Verhältnis Kühe der Rassen Schwarzbunt (Holstein Friesian), Rotbunt Doppelnutzung und Rotbunt Red Holstein.

Die Studie profitierte dabei neben der Unterstützung durch die Tierhalter und ihre Verbände, von der Mitwirkung des Landeskontrollverbandes, der landwirtschaftlichen Berater und der Tierärzteschaft. Die Daten wurden mittels eines im Lande erstellten Fragebogens zusammengeführt.

Die Auswertung der Milchleistungs- und Fruchtbarkeitsdaten ergab, dass sich diese Betriebsgruppen auch über mehrere Jahre betrachtet deutlich voneinander unterschieden. So wies die stärker mit Problemen behaftete Gruppe im Schnitt eine um 20 Prozent geringere Milchleistung je Kuh und Jahr auf. Die (für 12 Monate) rückblickende Betrachtung ergab für diese Gruppe eine deutlich höhere Erkrankungsrate. Dabei traten je nach Krankheitsbild unterschiedlich starke Einflüsse auf:

Tab. 1: Faktor, um den die mit Problemen behaftete Gruppe häufiger Erkrankungen bei ihren Kühen aufwies (zurückliegende 12 Monate; Auswahl)

Erkrankung                                      Faktor

gestörtes Wiederkäuen               3,7
Labmagenverlagerungen            3,1
gestörte Futteraufnahme           5,5
Verdauungsstörungen (erwachsene Tiere)        3,2
Festliegen                                         3,7
untypische Hautdefekte             2,4
Pneumonie (Kälber)                      2,0
gestörte Fruchtbarkeit                 1,8
Bewegungsstörungen                  5,1
Stoffwechselprobleme                2,0
Klauenerkrankungen                    1,6
unspezifische Leistungsdepression        3,5
Mastitiden                                         2,1

So wiesen die Kühe in diesen Betrieben zum Beispiel im Durchschnitt fünfmal häufiger Bewegungsstörungen auf als in der Betriebsgruppe, die weniger unter Problemen litt. Die Auswertung ergab deutliche Hinweise auf Zusammenhänge zwischen dem betrieblichen Management und der Zuordnung zu den beiden Betriebsgruppen. Bei bestimmten Haltungsbedingungen vervielfachte sich die Wahrscheinlichkeit, dass eine Herde größere gesundheitliche Probleme bereitet.

Tab 2:    Faktor, um den durch bestimmte Haltungsbedingungen (Auswahl) das Risiko dafür steigt, dass ein Betrieb stärker mit Problemen belastet ist Haltungsbedingung(en)

Risikofaktor

Verbesserungsfähiges Futtertischmanagement (Kühe)               7,3
Verbesserungsfähige Lüftung (Kühe)                                           4,2
Verbesserungsfähiger Pflegezustand Liegebereich (Kühe)        3,5
Verbesserungsfähiger Pflegezustand Fressgang (Kühe)              3,9
Verbesserungsfähiger Pflegezustand Laufflächen (Kühe)           3,2
Verschmutzungen im Beinbereich bei mehr als 25% der Kühe  4,4
Körperkondition bei mehr als 10% der Kühe außerhalb des Normalzustandes  3,9
Eingeschränkte Beweglichkeit bei mehr als 10% der Kühe          3,4
Unspezifische Leistungsminderungen (rückschauend 12 Monate) 5,5
Euterentzündungen (rückschauend 12 Monate)                            3,3
Unregelmäßige Euterreinigung                                2,5
Eher geringe Klauenpflegehäufigkeit (bis zu 1x jährlich)              2,0

Im Bereich von Haltung und Fütterung konnten (in absteigender Reihenfolge) bei den Kühen ein verbesserungsfähiges Futtertischmanagement, die Haltung in Hochboxen ohne Auflage sowie eine verbesserungsfähige Lüftung/Luftqualität als besondere Risikofaktoren dafür identifiziert werden, dass ein Betrieb stärker mit Problemen belastet ist. Unspezifische Minderungen der Milchleistung zeigten in der Studie besonders früh die Neigung zu tiergesundheitlichen Problemen an - deutlich früher als auftretende klinische Euterentzündungen.

Zusätzlich wurden im Rahmen der Studie 39 Herden (sog. Intermediates) untersucht, die in der Vergangenheit durch Erkrankungsbilder aufgefallen waren, die den sogenannten Produktionskrankheiten bei der Milchkuh zugerechnet werden. Hierzu zählen neben Störungen des Allgemeinbefindens gehäufte Beeinträchtigungen bei Tragapparat, Immunsystem, Reproduktion, Eutergesundheit und Stoffwechsel.

Diese Betriebe ließen sich jedoch anhand der drei Kriterien - Zellzahl, Abgangsrate und Lebensleistung der Abgangskühe - nicht eindeutig einer der beiden oben genannten Gruppen zuordnen und konnten deshalb nicht in die eigentliche Fall-Kontroll-Studie einbezogen werden. Dennoch wurden mit Blick auf Erkrankungshäufigkeiten und Minderleistung große Ähnlichkeiten mit der Gruppe der Betriebe mit stärkeren Problemen der eigentlichen Studie festgestellt.

Einige Beteiligte bedauerten, dass die vorliegende Untersuchung nicht der Überprüfung diente, ob das verschiedentlich diskutierte Erkrankungsbild eines sogenannten "viszeralen Botulismus" tatsächlich mehr als eine Arbeitshypothese ist und ob andere Clostridien eine Rolle spielen. Diese Fragestellung ist einer gesonderten Studie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover im Auftrage des Bundes vorbehalten, deren Ergebnisse voraus-sichtlich im September 2014 öffentlich gemacht werden.

Die Ergebnisse der schleswig-holsteinischen Studie zur Rindergesundheit belegen aktuell, dass die Tiergesundheit und der betriebliche Erfolg in schleswig-holsteinischen Milchkuhbetrieben wesentlich durch Managementfaktoren beeinflusst werden. Sie erlauben eine erste Einschätzung, welche Entwicklungspotentiale durch gezielte Maßnahmen des betrieblichen Managements unter den gegebenen regionalen Bedingungen realistisch sind. Das erleichtert die Benennung und Umsetzung der einzelbetrieblich vorrangigen Schritte.


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