Wien (agrar-PR) - Im Rahmen einer vom Bundesministerium für
Gesundheit (BMG) angeordneten Schwerpunktaktion wurden im Jänner und
Februar 2010 Babyfläschchen aus Kunststoff auf die Migration von
Bisphenol A in das Lebensmittel untersucht.
Keine einzige Überschreitung der gültigen Grenzwerte
Von den Lebensmittelkontrolloren der Länder
Niederösterreich, Steiermark und Tirol wurden 30 Proben gezogen; die
Untersuchung und Bewertung erfolgte durch die AGES: Im Falle der
Trinkflaschen aus Polycarbonat lagen alle Messwerte um das 300- bis
1000-Fache unter dem EU-weit gültigen Grenzwert.
Hintergrund
Babyfläschchen wurden bisher hauptsächlich aus dem
Kunststoff Polycarbonat hergestellt. Ausgangssubstanz für diesen
Kunststoff ist Bisphenol A, das hormonähnlich (östrogen) wirken kann
(ein so genannter endokriner Disruptor). Daher sind die möglichen
Auswirkungen von Bisphenol A auf die Gesundheit von Babys seit längerer
Zeit Gegenstand heftiger Diskussionen. In Europa hat Dänemark ein
vorläufiges Verbot für Babyfläschchen aus Polycarbonat verhängt.
Seitens der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA wird derzeit eine
Bewertung einer neuen Studie gemeinsam mit einer Neubewertung aller
verfügbaren Unterlagen durchgeführt.
Untersuchungsergebnisse
Für Lebensmittelkontaktmaterialien auf Basis von
Kunststoff wurde europaweit ein spezifischer Migrationsgrenzwert für
Bisphenol A von 0,6 mg/kg Lebensmittel festgelegt, so auch für
Babyfläschchen aus Polycarbonat. Zusätzlich sollte die mit der
Babynahrung aufgenommene Menge an Bisphenol A unterhalb des derzeitigen
TDI-Wertes von 0,05 Milligramm pro Kilo Körpergewicht liegen. Dieser
TDI-Wert beschreibt die Menge einer Substanz, die ohne nennenswertes
Risiko ein Leben lang eingenommen werden kann. Ziel der
Schwerpunktaktion war, festzustellen, welche Mengen an Bisphenol A aus
den Fläschchen in das Lebensmittel übergehen können. Damit sollte auch
die Abschätzung der Exposition von Kleinkindern mit Bisphenol A durch
die Verwendung von Trinkflaschen aus Polycarbonat ermöglicht werden.
Vor
der Untersuchung wurde das Fläschchen, entsprechend den meisten
Herstellerangaben, 10 Minuten mit sehr reinem (destilliertem) Wasser
ausgekocht (Vorbehandlung). Anschließend wurde die Flasche mit dem für
Milch- und Milchprodukte vorgesehenem Lebensmittelsimulans
(50-prozentiges Ethanol) befüllt und zwei Stunden bei 70° C gelagert.
Die daraus erhaltende Lösung, das sogenannte Migrat, wurde danach auf
das Vorhandensein von Bisphenol A analysiert . Dieser Vorgang wurde mit
der selben Flasche noch zwei mal wiederholt. Es wurden daher je Flasche
insgesamt drei Migrationslösungen erhalten. Für Produkte mit
bestimmungsgemäßen wiederholtem Gebrauch ist erst das dritte Migrat für
die Beurteilung heranzuziehen. Die Bestimmungsgrenze (jene Menge, die
noch exakt bestimmt werden kann) des Analysenverfahrens liegt bei 0,002
mg/kg , die Nachweisgrenze (zeigt, dass die Substanz vorhanden ist,
jedoch in so geringen Spuren, dass die exakte Menge nicht festgestellt
werden kann) bei 0,0006 mg/kg.
Im lebensmittelrechtlich
relevanten dritten Migrat konnten in 26 von 30 Proben keine Gehalt von
Bisphenol A nachgewiesen werden. Zusätzlich wurden jedoch auch die
Bisphenol A Gehalte des ersten und des zweiten Migrationstests
untersucht. Messbare Werte nach dem 1. Migrationstest lagen zwischen
0,002 und 0,0037 mg/kg; nach dem zweiten Migrationstest lagen die Werte
unter der Bestimmungs- oder sogar der Nachweisgrenze. Somit würden auch
diese Migrate den derzeit gültigen spezifischen Migrationswert für
Bisphenol A von 0,6 mg/kg Lebensmittel bei weitem erfüllen.
Trends
Durch die Diskussion um Bisphenol A ist zu erwarten
und am Markt bereits auch zu erkennen, dass Hersteller auf andere
Kunststoffe, wie beispielsweise Polypropylen, Polyethersulfon oder
Polyamid ausweichen. Bereits bei dieser Schwerpunktaktion ergab die
Materialprüfung, dass zwei Flaschen aus Polypropylen, eine aus
Polyethersulfon und eine aus Polyamid gefertigt waren.