28.08.2018 | 21:53:00 | ID: 25910 | Ressort: Landwirtschaft | Agrarpolitik

Fischerei-Experten: Fangverbot für Ostsee-Hering hätte dramatische Folgen

Schwerin (agrar-PR) -
Die vom Internationalen Rat für Meeresforschung (ICES) empfohlene Einstellung der Heringsfischerei in der westlichen Ostsee und die empfohlenen niedrigen Quoten beim Dorschfang standen am Dienstagabend (28. August, 19.00 bis 21.00 Uhr) am Rande des Deutschen Fischereitages in Lübeck im Mittelpunkt eines informellen Expertengespräches zu den Fischfangquoten in der Ostsee. Zu dem Gespräch hatte der parlamentarische Staatsekretär im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Michael Stübgen, die Küstenländer, das Thünen-Institut für Ostseefischerei und den Deutschen Fischereiverband e. V. eingeladen.

„Wir haben dem Bund gegenüber verdeutlicht, dass die Fangeinschränkungen sowohl beim Dorsch als auch beim Hering erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen für die verbliebenen Kutter- und Küstenfischer im Land zur Folge haben“, erklärte Dr. Jürgen Buchwald, Staatssekretär im Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern.

Ein Fangstopp für Hering und eine weiterhin niedrige Fangquote für Dorsch in der westlichen Ostsee sowie eine weitere Absenkung der Dorschfangquote in der östlichen Ostsee könne zu ernsthaften wirtschaftlichen Verwerfungen bei etwa 150 Unternehmen führen.

Von der Umsetzung der jüngsten ICES-Empfehlungen wäre auch das Fischbearbeitungszentrum in Sassnitz-Mukran betroffen. Das Fischbearbeitungszentrum wird bislang jährlich mit 8.000 bis 10.000 Tonnen Ostseehering beliefert. Ein Fangstopp für den westlichen Ostseehering, die zu erwartende Reduzierung der Nordseeheringsquoten und die Auswirkungen des Brexit könnten das Werk vor erhebliche Probleme stellen.

„Für die Fischerei in Mecklenburg-Vorpommern sind der Dorsch- und der Heringsfang in der westlichen Ostsee maßgebend. Die Kutter- und Küstenfischer erzielten 2017 etwa 54 Prozent ihrer Jahresgesamterlöse über den Heringsfang. Auf die Dorschfischerei entfielen wegen der starken Quotenkürzungen 2017 nur noch 6 Prozent der Jahresgesamterlöse“, so Dr. Buchwald. Im Jahr 2012 hatte der Anteil der Dorschfänge noch bei 26 Prozent der Jahresgesamterlöse gelegen.

„Die vom ICES unterstellte zu geringe Nachwuchsproduktion des Herings in der westlichen Ostsee ist allerdings nicht auf eine Überfischung der Bestände zurückzuführen“, unterstrich der Staatssekretär. Vielmehr seien die schwachen Reproduktionsjahrgänge laut Thünen-Institut für Ostseefischerei den sich ändernden klimatischen Bedingungen geschuldet.

Nach den neuesten Erkenntnissen des Thünen-Institutes setzt das Laichgeschehen des westlichen Ostsee-Herings durch eine klimabedingte leichte Temperaturerhöhung des Ostseewassers inzwischen früher als bisher ein. Lichtbedingt, also bedingt durch den natürlichen Sonnenstand, ist zu dem verfrühten Zeitpunkt das für die Ernährung der Heringslarven notwendige Zooplankton aber noch nicht in ausreichendem Maße vorhanden; die Larven verhungern.

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse des Thünen-Institutes aus den Heringslarven-Beprobungen der Jahre 2017 und 2018 werden im Herbst dem Internationalen Rat (ICES) vorgelegt. „Danach ist der Bund gefordert, beim ICES auf eine Neubewertung seiner Fangquotenempfehlungen an die EU-Kommission zu drängen“, so Buchwald. Für eine rasche Erholung der Bestände seien zwar eine erneute Quotenreduzierung oder andere Maßnahmen wie Schonzeiten denkbar, nicht aber die komplette Einstellung der Heringsfischerei in der westlichen Ostsee. „Außerdem ist der Bund gefordert, auch 2019 sowohl für die Dorsch- als auch für die Heringsfischerei Ausgleichszahlungen bereitzustellen“, sagte der Staatssekretär. 

HINTERGRUND:

2016 erfüllte der Heringsbestand in der westlichen Ostsee dem Internationalen Rat für Meeresforschung zufolge noch alle Kriterien für eine nachhaltige Bestandsbewirtschaftung. 2017 hatte der ICES aufgrund der gering ausgefallenen Nachwuchsproduktion beim westlichen Ostseehering die Fangquote um 39 Prozent reduziert.

Im gleichen Jahr überprüfte der Rat turnusmäßig seine Untersuchungsmethode zur Berechnung der Fischbestände. Dabei wurden die Beobachtungen seit 1991 und die sich zuletzt abzeichnende schlechte Nachwuchsproduktion neu bewertet. Im Ergebnis erhöhte der ICES seine bis dahin gültigen Zielwerte für die nachhaltige Bestandsbewirtschaftung des westlichen Ostseeherings.

Der aktuelle Zielwert für den Erhalt des Heringsbestandes liegt bei nunmehr 150.000 Tonnen „Bestandsbiomasse“ Hering statt wie bisher bei 110.000 Tonnen. Damit rutscht der aktuelle Heringsbestand in der westlichen Ostsee rechnerisch unter den zur Bestandserhaltung notwendigen Wert, ohne dass der Bestand überfischt wurde. Vor diesem Hintergrund hatte der ICES der EU-Kommission das Verhängen eines Heringsfangstopps in der westlichen Ostsee für 2019 empfohlen.

Thünen-Institut, Küstenländer und Deutscher Fischereiverband wollen angesichts der drohenden sozioökonomischen Folgen eines Heringsfangstopps beim Bund darauf drängen, die Aufhebung der Fangverbots- und eine neue Quotenempfehlung des ICES zu erwirken.

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