Braunschweig (agrar-PR) -
Forschern des Julius Kühn-Instituts gelingt ein Quantensprung für die Züchtung neuer pilzwiderstandsfähiger Weinreben Das Julius Kühn-Institut (JKI) hat zusammen mit der SEQ-IT GmbH
erstmals das Genom einer pilzwiderstandfähigen Rebsorte entschlüsselt.
Dabei handelt es sich um die am JKI gezüchtete Rotweinrebsorte
´Regent´, die inzwischen mit über 2.000 ha Anbaufläche die bedeutendste
mehltauresistente Rebsorte im deutschen Weinbau ist. Durch die
komplette Sequenzierung ist es nun möglich, die Genome resistenter und
nichtresistenter Rebsorten in Gänze miteinander zu vergleichen. Dadurch
lassen sich Resistenzgene rascher identifizieren. Die Züchter des JKI
gehen davon aus, dass die Entschlüsselung des Regent-Genoms den
langwierigen Züchtungsprozess neuer widerstandfähiger und angepasster
Rebsorten um bis zu 10 Jahre beschleunigt.
Deutschland ist seit Jahren weltweit führend in der Züchtung und
im Anbau pilzwiderstandsfähiger Reben. Die Ergebnisse der ersten
orientierenden Gesamtsequenzierung, die im Hochdurchsatzverfahren
mittels Pyrosequenzierungs-Technik durch die SEQ-IT GmbH erfolgte,
festigt Deutschlands Rolle. Die nun vorliegende dreifache Abdeckung des
Genoms ist die Basis, um die für ’Regent’ charakteristischen
Mehltauresistenzen auf molekularer Ebene zu verstehen und die
Resistenzmechanismen anhand der Funktion einzelner Gene
nachzuvollziehen. „Wenn wir begreifen, wie Resistenzmechanismen
funktionieren und mehrere Resistenzen auch kombinieren können, erzielen
wir schnellere Erfolge
“ , so Dr.
Reinhard Töpfer, Leiter des JKI-Instituts für Rebenzüchtung auf dem
Geilweilerhof. Auch vor der Gesamtsequenzierung konnten genetische
Fingerabdrücke erstellt werden, die halfen, in Kreuzungsnachkommen
resistente Reben auszuwählen. „Was bisher jedoch eher empirisch geschah
und entsprechend viele langwierige Arbeitsschritte bedeutete, geht
künftig zielgerichteter und schneller“, so Töpfer über die Bedeutung
der vollständigen Genomsequenz.
Traditionelle Rebsorten wie der Riesling oder Spätburgunder sind
anfällig gegen den Echten und Falschen Mehltau, zwei Pilzen, die im 19.
Jahrhundert aus Nordamerika nach Europa eingeschleppt wurden. Diese
Rebsorten können seitdem nur durch den entsprechenden hohen Einsatz von
Pflanzenschutzmitteln (Fungizide) angebaut werden. Durch den Anbau
pilzresistenter Reben kann über die Hälfte dieser Pflanzenschutzmittel
eingespart werden – ein deutlicher Beitrag zum umweltschonenden
Weinanbau.
Hintergrundinformationen:
In der ersten orientierenden Gesamtsequenzierung der
pilzwiderstandsfähigen Sorte Regent wurde deren Genom von ca. 480 MB
(Megabasen) in dreifacher Abdeckung erfasst. Diese Gesamtdatenmenge von
1,5 GB erbrachte 4 Millionen Reads mit einer mittleren Leseweite von
470 bp und nach Assemblierung 160.000 large Contigs in 14.000 Scaffolds
(max. 181.000 bp). Im Vergleich: das menschliche Genom ist circa
sechsmal so groß.
Das Julius Kühn-Institut (JKI) gehört zur Ressortforschung des
Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
(BMELV). Am JKI-Institut für Rebenzüchtung Geilweilerhof
(Siebeldingen/Pfalz) werden neue Rebsorten gezüchtet, die eine hohe
Traubenqualität mit Resistenzen gegen Mehltau vereinen. Die am JKI
gezüchtete Rotweinsorte ’Regent’ zeichnet sich durch ihre angenehmen
Fruchtnoten und ihren tanninbetonten südländischen Typ aus.
Die SEQ.IT GmbH & Co. KG ist eine Gründung des Instituts für
Immunologie und Genetik, Kaiserslautern. Als hoch spezialisierte
Einrichtung ist die SEQ.IT nicht nur in Bereichen der Humandiagnostik
tätig, sondern bearbeitet auch allgemein molekularbiologische
Fragestellungen u. a. das Regent-Genom. Das Labor verfügt über die
Möglichkeit zur massiven parallelen Pyrosequenzierung. Diese recht neue
Technik läuft weitestgehend automatisch ab. Die Geräte können bis zu
500 Millionen Basenpaare (bp) in ca. 10 Stunden sequenzieren.