Bonn (agrar-PR) -
DBV analysiert zum Jahresende die Agrarmärkte Das Jahr 2009 war für viele Bauern ein
schwieriges, turbulentes Jahr. Die Agrarmärkte waren je nach Produkten
von erheblichen Preisschwankungen geprägt. Der Deutsche Bauernverband
(DBV) bewertet im Folgenden die Märkte im zurückliegenden Jahr und gibt
eine Prognose für 2010.
Getreidemarkt
Für die deutschen Ackerbauern geht ein äußerst schwieriges Jahr zu
Ende. Vielfach konnten die Erlöse aus dem Getreideverkauf nach der
Ernte die Produktionskosten nicht decken. Der Verfall der
Getreidepreise stoppt jetzt erst zum Jahresende, auf äußerst niedrigem
Niveau zeigt sich eine leichte Erholung der Preise. Abermals wurden in
Deutschland und Europa sehr gute Ernten eingefahren, während auf dem
Weltmarkt die zweitgrößte jemals erzeugte Menge an Getreide registriert
wurde. Zudem wirken die Wirtschafts- und Finanzkrise, die schwachen
Rohölnotierungen sowie der schwache US-Dollar negativ auf die
Preisbildung.
In der ersten Jahreshälfte kam es zu Preisschwankungen zwischen
110 und bis zu 130 Euro pro Tonne, womit die Preise deutlich unter dem
hohen Vorjahresniveau blieben. Hoffnungsvoll blickten die Erzeuger
deshalb nach vorne, zumal auch die ersten Prognosen zur Ernte 2009 und
die Witterungsverhältnisse eher auf eine eher durchschnittliche
Erntemenge hinwiesen. Unter dem Eindruck der hohen Düngemittelpreise
hatten die Landwirte auch an Nährstoffen gespart, die gleichzeitig
reduzierten Pflanzenschutzintensitäten drückten ebenfalls die
Prognosen. Umso überraschender wurde in 2009 mit 49,5 Millionen Tonnen
und einem Ertragsniveau von rund 71,6 Dezitonnen pro Hektar erneut eine
überdurchschnittliche Ernte eingebracht. Nur die zurückgenommene
Anbaufläche verhinderte, dass das Ergebnis des Vorjahres übertroffen
wurde. Gleichwohl lag die Erntemenge immer noch knapp 10 % über der des
Durchschnitts der letzten 5 Jahre.
Angesichts der hohen Kosten für Dünger- und Pflanzenschutzmittel
hatten die Landwirte mit dem Verkauf des Getreides gezögert und auf
steigende Preise gesetzt. Die in der ersten Oktoberwoche mit 98 Euro
pro Tonne geradezu historisch zu verzeichnenden Tiefststände für
Brotweizen in Verbindung mit dem hohen Kosten wirken katastrophal auf
die Erlössituation der Betriebe. Die Hoffnung, die Inlandsmärkte über
den Export mit vergleichbar hohen Mengen wie im Vorjahr zu entlasten,
hat sich bislang nicht erfüllt. Stattdessen findet die Andienung der
Intervention als Markt entlastende Maßnahme große Berücksichtigung.
Allein in Deutschland sind zum Dezember fast 700.000 Tonnen Gerste der
Intervention angeboten worden, das entspricht rund 35 Prozent der
bislang in Europa angebotenen Mengen. Der Export leidet unter guten
Getreideernten in wichtigen Exportdestinationen wie in Nordafrika und
im Nahen Osten und dem vergleichsweise schwachen Dollar. Er verteuert
die Exporte aus dem Euroraum erheblich, während diese Lücke durch
Angebote aus der Schwarzmeerregion ausgeglichen wird.
Die langsam beginnende Erholung der Getreidepreise und der
Weltkonjunktur lassen die Hoffnung aufkeimen, dass es in 2010 zu
besseren Erlösen kommt. Auf der Kostenseite haben die Düngemittelpreise
außer bei Kali erfreulicherweise wieder ein niedrigeres Niveau
erreicht. Auch die Auswirkungen des US-Bioethanolprogramms werden ihre
Effekte auf den Weltmärkten haben. Schon heute zeigt sich der steigende
Maispreis als Folge der wachsenden Verwendung von Mais zur
Bioethanolproduktion. Es wird erwartet, dass die Preise anderer
Getreidearten im Windschatten des Maises Halt finden werden. Zudem
befindet sich das Verhältnis vom Lagerbestand zu Verbrauch bei Mais mit
16,5 Prozent auf einem äußerst niedrigen Niveau.
Milchmarkt
Für die deutschen Milcherzeuger war das Jahr 2009 ein Krimi. Die
Milcherzeugerpreise sind aufgrund des Absatzrückgangs im Zuge der
Finanz- und Wirtschaftskrise regelrecht eingebrochen. Im
Lebensmitteleinzelhandel konnte trotz Rückgang der Verbraucherpreise
für Milch und Milchprodukte keine Belebung der privaten Nachfrage –
ausgenommen bei Butter – festgestellt werden. Durch das Eingreifen der
EU mit Intervention und Exporterstattung – leider spät genug in die
Gänge gekommen – konnte eine Stabilisierung des Milchmarktes auf einem
niedrigen Niveau erreicht werden. Dennoch blieb die Situation für viele
Milcherzeuger Existenz bedrohend.
Gegen Mitte des Jahres 2009 kam der Milchmarkt langsam aus dem
Tief. Die Preise für Milchprodukte sind zunächst wieder deutlich
gestiegen. Global ist eine verbesserte Nachfrage und höhere
Kaufbereitschaft zu erkennen. Die Milchanlieferung in der EU ist im
dritten Quartal 2009 unter das Vorjahrsniveau gesunken. Zugleich wurden
außerhalb der EU die expansiven Tendenzen gestoppt. Die Weltmarktpreise
für Milchprodukte sind im Verlauf der letzten Monate teils kräftig
gestiegen. Auch Deutschland profitiert von diesem Trend. Die
Butterpreise im deutschen Lebensmitteleinzelhandel sind seit September
2009 angestiegen. Ebenso konnten bei Trinkmilch, Sahne und Quark
Preisverbesserungen durchgesetzt werden. Diese Stabilisierung des
Milchmarktes schlägt sich nun auch in einer Erholung der
Milcherzeugerpreise nieder.
Die Aussichten für den Milchmarkt für das erste Halbjahr 2010
werden von den Marktexperten als vorsichtig positiv beurteilt. Die
Milcherzeugerpreise dürften nachhaltig von der Befestigung der Preise
für Milch und Milchprodukte profitieren und zu Jahresbeginn 2010
ebenfalls leicht höher ausfallen als Anfang 2009. Ein
Unsicherheitsfaktor für die weitere Entwicklung am Milchmarkt bleibt
die Situation der Weltwirtschaft. Insbesondere das Exportgeschäft ist
hiervon abhängig. Wie sich die Konkurrenzfähigkeit der EU-Anbieter
gestalten wird, hängt nicht zuletzt von der Währungsentwicklung ab.
Trotz Erhöhung der Milchquoten in der EU-27 ist auch 2010 nicht davon
auszugehen, dass die Milchanlieferung in diesem Umfang steigt. Für die
weitere Erholung des Milchmarktes ist auch entscheidend, wie sensibel
die EU-Kommission mit der Auslagerung der Interventionsbestände umgeht.
Eine entscheidende Rolle wird spielen, wie sich die
gesamtwirtschaftliche Situation auf den Konsum von Milchprodukten
auswirkt. Insgesamt dürfte sich der Milchmarkt 2010 gegenüber 2009
erholen und weiter festigen. Marktschwankungen können weiterhin
auftreten, allerdings deutlich abgeschwächt. Mit einer nachhaltigen
Stabilisierung der Milchpreise ist zu rechnen.
Schweinemarkt
Während das Angebot an Schweinefleisch aus Deutschland 2009
gestiegen ist, war EU-weit ein rückläufiges Angebot erkennbar. Die
Erzeugerpreise blieben deutlich unterhalb der Vorjahreskurve. Die
nachlassende Nachfrage insbesondere nach hochwertigen Teilstücken hat
die Vermarktung erschwert. Die Konjunkturkrise und der starke Euro
hemmen zudem den Export. In der Folge kamen die Erzeugerpreise seit dem
Sommer erheblich unter Druck. Sie erlauben seit Oktober keine
kostendeckende Schweinehaltung. Im Frühjahr wird mit einer Besserung
der Marktlage gerechnet. Neben einem saisonbedingten Rückgang des
Angebots und einem Anstieg der Nachfrage spricht hierfür auch die
weltweit beginnende Konjunkturerholung.
Eiermarkt
Aufgrund des deutlichen sinkenden Eierangebots aus deutscher
Erzeugung sind Eier knapp und die Preise sind deutlich angezogen.
Ursache für den Produktionsrückgang ist die gesetzlich vorgeschriebene
Umstellung von der Käfighaltung auf die tierfreundliche Boden-,
Freiland- und Kleingruppenhaltung. In Deutschland läuft die
Umstellungsfrist 2009 aus, während in anderen EU-Mitgliedstaaten noch
eine Übergangsfrist bis 2011 besteht. Durch diese Wettbewerbsverzerrung
ist es zu einem deutlichen Rückgang des Selbstversorgungsgrades
gekommen, so dass nur noch jedes zweite Ei aus deutscher Erzeugung
kommt. Auch im kommenden Jahr ist mit stabilen Preisen zu rechnen und
es bleibt abzuwarten, ob es gelingt einen Teil der verlorenen
Marktanteile zurückzugewinnen.
Geflügelfleischmarkt
Die Hähnchenfleischerzeugung ist auch 2009 wieder gewachsen. Da die
Nachfrage jedoch nicht im gleichen Umfang gewinnt, nimmt der Export in
andere EU-Mitgliedstaaten an Bedeutung zu. Die Erzeugerpreise lagen der
Futterkostenentwicklung entsprechend unterhalb der Vorjahreslinie. Die
Expansionstendenz auf der Schlachtstufe wird die Erzeugerpreise im
kommenden Jahr voraussichtlich stabil halten. Auf dem Putenmarkt ist
keine Produktionsausdehnung erkennbar. Die Preise verhalten sich
weniger volatil, orientieren sich aber an der Preisentwicklung auf dem
Hähnchenfleischmarkt.
Rindfleischmarkt
Nach einem guten Start im Jahr 2009 sanken die Erzeugerpreise in den
Sommermonaten. Jedoch ließ der saisonübliche Preisanstieg im Herbst auf
sich warten. Zwar ist der Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland leicht
gestiegen, aber wie auf dem Schweinefleischmarkt gestaltet sich die
Vermarktung der Edelteile besonders auch in der Gastronomie als
schwierig. Das Angebot ist auch in diesem Jahr rückläufig. Die Importe
von brasilianischem Rindfleisch in die EU wurden durch eine Zunahme der
Importe aus Argentinien nach Europa ersetzt. In Argentinien wurden
aufgrund der Dürre viele Rinder geschlachtet, so dass im nächsten Jahr
mit einer deutlich geringeren Erzeugung zu rechnen ist. Brasilien kommt
zudem nur langsam wieder auf den europäischen Markt zurück, da viele
Betriebe die Veterinäranforderungen für die notwenige EU-Zulassung
nicht erfüllen. Für 2010 ist mit stabilen Preisen zu rechnen, die sich
am Niveau des Jahres 2009 orientieren dürften.
Obst- und Gemüse
Die Vorzeichen für die Vermarktung von Kernobst scheinen sich
aktuell vorsichtig zu bessern. Der Start in die Vermarktungssaison
2009/2010 wurde durch einen Überhang aus der Vorernte und miserable
Preise für Mostäpfel sehr erschwert und hat zu sehr niedrigen
Erzeugerpreisen für Tafeläpfel geführt. Hinzu kommt, dass durch den
Konkurrenz- und Verdrängungswettbewerb im Lebensmitteleinzelhandel
"Apfelaktionen" zu Niedrigstpreisen gefahren worden sind. Dennoch ist
aufgrund der Erntemengen und des voraussichtlichen Abverkaufs von sich
leicht erholenden Preisen auszugehen.
Beim Lagergemüse ist für 2010 insgesamt von einer sehr guten
Marktversorgung auszugehen. Bei den Lagergemüsen ist von einer
verhalten optimistischen Preisgestaltung auszugehen. Bei den Zwiebeln
wird es im Wesentlichen darauf ankommen, wie die Exportgeschäfte laufen
und abgewickelt werden können.
Ökomarkt
Die mengenmäßige Nachfrage nach Bio-Lebensmittel hat bei einigen
Produktgruppen weiter zugelegt – wenn auch nicht mehr mit den hohen
Wachstumsraten, die vor einigen Jahren erzielt wurden, als die großen
Discounter erstmals in den Handel mit Bioprodukten eingestiegen sind.
Bei anderen Produktgruppen, insbesondere im Frischebereich, sind in den
letzten Monaten aber auch Absatzrückgänge festzustellen. Hauptproblem
für die landwirtschaftlichen Erzeuger ist jedoch weniger das
vorsichtige Konsumklima, sondern vor allem die Preissituation. Unter
dem Eindruck des abstürzenden Preisniveaus bei konventionellen
Erzeugnissen, angesichts des hohen Importdrucks und nach zwei
aufeinanderfolgend guten Ernten im Inland stehen die Bio-Landwirte
unter massivem Preisdruck. Eine kostendeckende Produktion ist derzeit
in vielen Bereichen nicht möglich. Besonders irritiert die Landwirte,
dass die zum Teil erheblich gesunkenen Erzeugerpreise nur teilweise an
die Verbraucher weitergegeben werden und daher auch die Aussicht auf
zusätzliche Nachfrageimpulse vergeben wurde.
Die Perspektiven für 2010 sind durchwachsen. Die Talsohle
scheint erreicht und auch die eingeleitete Trendwende im Preisverfall
für konventionelle Erzeugnisse stützt das Preisniveau auf dem Ökomarkt.
Kostendeckende Preise, gerade bei Milch, Getreide und Kartoffeln, sind
dennoch in weiter Ferne. Die große Herausforderung für die Marktpartner
wird sein, den Ökomarkt nicht weiter in die Anonymität zunehmend
globalisierter Handelsstrukturen abgleiten zu lassen. Vielmehr müssen
Qualität und Frische, die ökologischen Vorteile und das höhere Maß an
Transparenz und Sicherheit bei Verwendung heimischer oder regionaler
Bioware kommuniziert werden.