16.09.2009 | 15:00:00 | ID: 3424 | Ressort: Landwirtschaft | Agritechnica

Trends bei der Bodenbearbeitung

Hannover (agrar-PR) - PD Dr. Joachim Brunotte, Institut Agrartechnologie und Biosystemtechnik (AB), Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI), Braunschweig

Bei der Technik zur Bodenbearbeitung liegen die Veränderungen eher im Detail, zum Beispiel bei Scharformen und Rückverfestigungswalzen. Dies lässt sich auch aus den Neuheitenanmeldungen zur Agritechnica 2009 entnehmen. Die Zunahme der Bearbeitungsintensität, initiiert durch die kurzzeitig angestiegenen Getreidepreise, ist wieder auf ein normales Maß zurückgeschraubt, Stroheinmischung und Lockerungsbedürftigkeit bestimmen Eingriffstiefe und -häufigkeit der Bodenbearbeitung.

 
Jeder Betrieb braucht seine spezifische Bodenbearbeitung
Die jeweilige Bodenbearbeitungsstrategie wird bestimmt von Fruchtfolge, Bodenverhältnissen, zur Verfügung stehenden Feldarbeitstagen, und sie hat Anforderungen an Bodenschutz und Nahrungsmittelqualität zu berücksichtigen.
 
Flache Bearbeitung spart Arbeitserledigungskosten
Durch Detailverbesserungen bei Kurzscheibeneggen (Scheibendurchmesser und -stellung, Striegel) und Grubberscheibeneggenkombinationen (Zinkenaufbau und -anordnung, Scharform, Tiefenführung) werden immer mehr die Voraussetzungen gegeben, flach arbeiten zu können. Als Rahmenbedingungen sind für ein flaches Arbeiten aber trotzdem zu berücksichtigen:
Biologisch- und strukturaktive Böden ohne Staunässe bzw. Standorte mit knapper Wasserversorgung müssen vorliegen. Die Ernterückstände sollten 80 dt/ha nicht übersteigen. Nach der Ernte darf bestenfalls der Profilabdruck des Reifens der Erntemaschine an der Bodenoberfläche erkennbar sein. Das Zeitfenster für die Bodenbearbeitung muss im Rahmen der Fruchtfolge 3 bis 5 Wochen betragen. Sommerungen fördern durch längere Anbaupausen eine gute Strohrotte. Der Vermehrung von Mäusen und Schnecken muss besondere Beachtung geschenkt werden.
Als technische Lösungen für die flache Bearbeitung bieten sich Schwerstriegel, Kurzscheibeneggen, Flachgrubber und Grubberscheibeneggenkombinationen an. Ob der Arbeitsgang ein- oder zweimal durchgeführt wird, hängt von der gewünschten Rottegeschwindigkeit des Strohs und von dem Einsatz eines nichtselektiven Herbizides ab.
 
Striegel kratzen den Boden an, schütteln Unkrautsamen und Ausfallgetreide aus dem Stroh, bringen keimfähiges Material mit dem Boden in Kontakt und lösen so bei ausreichender Feuchte den Keimvorgang aus.
 
Kurzscheibeneggen zeichnen sich durch hohe Flächenleistung bei geringem Kraftstoffbedarf (5 bis 7 l/ha) aus. Für ein sicheres Eindringen in den Boden sind Gerätegewichte von ca. 750 kg/m Arbeitsbreite erforderlich – ein mögliches Abstützen der Packerwalze auf der Scheibenegge erhöht bei trockenen Bedingungen das Einzugsvermögen in den Boden, mindert allerdings die rückverfestigende Wirkung der Walze. Durch eine hydraulische Tiefeneinstellung wird die Anpassung an unterschiedliche Einsatzbedingungen leicht möglich.
 
Immer mehr Hersteller nutzen die Rückverfestigungswalze als Fahrwerk und sparen damit ein zusätzliches Fahrgestell. Durch die Aufsattelung wird die Bodenstruktur des Vorgewendes geschont, da sich das Gerät nicht allein über die Traktorhinterräder abstützen muss. Dies schränkt allerdings diese Geräte ein, die Rückverfestigungswalze auszutauschen. Bei feuchten Bodenbedingungen bzw. bei der Herbstvorbereitung für eine Sommerung, sind offene Walzen (Stabwalze oder ähnliche) wünschenswert. Bei diesem System der permanent flachen Bodenbearbeitung besteht bei Befahrung im feuchten Zustand die Gefahr von Bodenschadverdichtungen durch „verlassene Krumen“, wenn zuvor tiefer gearbeitet wurde. Nach sorgfältiger Gefügeansprache hat ggf. eine fruchtfolgespezifische Lockerung der Krume unter trockenen Bedingungen in Verbindung mit einer biologischen Stabilisierung durch Zwischenfrüchte oder tief wurzelnde Hauptfrüchte zu erfolgen.
 
Das routinemäßige Lockern der Fahrgassen nach der Ernte ist grundsätzlich zu überdenken. Dünge- und Pflanzenschutzmaßnahmen mit breiter Standardbereifung und 1 bar Reifeninnendruck verursachen nicht automatisch Bodenschadverdichtungen. Wenn in den Fahrgassen Regenwurmaktivität zu erkennen ist, kann getrost auf eine Tiefenlockerung verzichtet werden.
 
Die genannten Geräte zur Stoppelbearbeitung werden von vielen Herstellern zusätzlich mit einer Säeinrichtung ausgerüstet, bestehend aus Saatguttank, pneumatischer Förderung und Pralltellern direkt vor der Rückverfestigungswalze, um kostengünstig Zwischenfrüchte aussäen zu können und die Bodenfeuchte für den sicheren Aufgang zu nutzen.
 
Krumentiefe Bearbeitung ist teuer, aber stellenweise notwendig
Krumentiefe Lockerung erfolgt bei ’Konservierender Bodenbearbeitung’ mit Grubbern, ausgerüstet mit Meißelscharen. Diese Art der Bearbeitung ist sinnvoll, wenn:
hohe Ernterestmengen (80 bis 120 dt/ha) eingearbeitet werden müssen und der Boden wenig schüttfähig ist, eine schnelle Verrottung von Ernterückständen aufgrund kurzer Zeit bis zur Bestellung der Folgefrucht erreicht werden muss, Fahrspuren von der Ernte zu beseitigen sind, Bodenwasser im Überschuss vorhanden ist.
 Besonders in dieser Verfahrenskette wird über Einsparungspotenziale diskutiert. Wichtige Voraussetzung sind kurze Stoppeln und eine gleichmäßige Strohverteilung. Ein flacher Scheibeneggengang bewirkt keine Strohnachverteilung. Wird der mehrbalkige Grubber diagonal eingesetzt, kann das Stroh um 20 bis 40 cm mitgezogen werden. Lange Stoppeln nach einem Mähdrusch-Hochschnitt müssen nachgehäckselt werden, da sie sonst auf der Oberfläche „schwimmen“ und die Aussaat behindern. Für eine beschleunigte Rotte sind zwei zeitlich versetzte Arbeitsgänge notwendig, da das Stroh-Boden-Gemisch immer wieder anders geordnet werden muss, um den Mikroorganismen neue Angriffspunkte zum Abbau zu geben.
 
Auf tonigen Standorten können gefederte Zinken die Krümelung verbessern, müssen aber die eingestellte Arbeitstiefe halten. Als Schar eignet sich eine schmale Ausführung (5 bis 6 cm), da mehr Feinerde für einen guten Stroh-Erdfluss sorgt. Zum Einmischen großer Ernterestmengen ist das Wendel- oder Doppelherzschar (7 bis 8 bzw. 13 bis 14 cm breit) besser geeignet, da frischer Boden am Schar aufsteigt und von oben auf das Stroh fällt. Neuerdings werden Schare angeboten, die bei unterschiedlichem Abnutzungsgrad den Anstellwinkel beibehalten. Steil stehende Werkzeugträger in Verbindung mit breiten Scharen verlangen einen eher hohen Zugkraftbedarf mit entsprechend hohem Kraftstoffverbrauch. Für den ersten flachen Arbeitsgang und zur Beseitigung von Schneckengangsystemen wird die erforderliche hohe Rückverfestigung durch geschlossene Walzen (wie z.B. Reifenpacker-, Trapezring-, Keilring-, Prismenwalze) erreicht, für die zweite tiefere Bearbeitung sind in der Regel offene Walzen (wie z.B. Stab-, STS-, Nockenring-, Schneidringwalzen) ausreichend. Bei zeitlich vorgelagerter Grundbodenbearbeitung gleichen letztere Witterungsextreme besser aus, in dem sie bei ausgeprägter Trockenheit die Kapillarität des Bodens unterbrechen und die Verdunstung mindern und bei feuchten Bodenbedingungen ausreichend grobe Poren (7 bis 10 % Grobporen) hinterlassen, die ein schnelles Abtrocknen gewährleisten.
Sind grundsätzlich zwei zeitlich und in der Tiefe versetzte Arbeitsgänge vorgesehen (ca. 25 bis 28 l/ha Kraftstoff), so sollten diese in dem Bearbeitungszeitfenster von ca. 4 bis 6 Wochen so terminiert werden, dass ggf. auf eine Glyphosatanwendung verzichtet werden kann.
 
Sind bei der Bearbeitung auch noch unterschiedliche Bodenarten mit Feuchte und Strohertrag zu berücksichtigen, bieten sich Grubber mit hydraulisch verstellbaren Zinkenfeldern an. Diese Geräte sind fester Bestandteil von „precision farming“ und werden in Zukunft an Bedeutung gewinnen.
 
Vierreihige Grubber mit zweireihigen Einebnungswerkzeugen und schwerer Packerwalze können auch bei 3 m Arbeitsbreite nicht mehr ausgehoben werden. Als angehängte Geräte übertragen sie im Vergleich zu angebauten Geräten sehr viel weniger Gewicht auf die Hinterachse mit entsprechenden Traktionsproblemen. Um mit der vorhandenen Traktoranspannung zurechtzukommen, werden mechanische bzw. hydraulische Traktionsverstärker angeboten, die zusätzliches Gerätegewicht auf die Hinterachse übertragen.
 
Bei der Bestellung wird auf kleineren und mittleren Betrieben und solchen, die auf wechselnden Böden bei hohen Jahresniederschlägen (700 bis 1000 mm) wirtschaften, weiterhin die Zapfwellen angetriebene Bestellkombination vorherrschen. Auf flächengroßen Betrieben im Osten mit geringen Niederschlagsmengen (< 500 mm) und milden Böden wird stellenweise von der gezogenen Bestellkombination übergegangen auf eine zweiphasige Bestellung, um mit einer 12 m Sämaschine die Schlagkraft zu erhöhen. Um eine gewisse Krumenfeuchte für den Aufgang zu nutzen, wird die Sekundärbodenbearbeitung dicht an die Aussaat gelegt.
 
Schlussbetrachtung
Grundsätzlich gilt für eine Wintergetreide betonte enge Fruchtfolge: Je mehr Aufwand bei Strohmanagement und Bodenbearbeitung eingespart wird, um so aufwendiger hat die Bestellsaat  für eine sichere Etablierung der Frucht zu erfolgen – eine Minderung der Arbeitserledigungskosten ist nur in geringem Umfang möglich.
Betrachtet man die Bodenbearbeitung in der Fruchtfolge, so stellen Sommerfrüchte nach Getreide, wie auch Getreide nach Blattfrüchten sehr viel geringere Anforderungen an die Gerätetechnik – die Bearbeitungsintensität kann hier am ehesten reduziert werden. Die Lockerungstiefe ist mehr auf die Reparatur von Bodenverdichtungen abzustimmen und weniger auf die gleichmäßige Einarbeitung organischer Restmengen. Hat die Ernte bei trockenen Bedingungen stattgefunden, kann auf eine krumentiefe Lockerung verzichtet werden.
Enge Getreidefruchtfolgen verlangen ein flexibles Managementsystem beim Geräteeinsatz, bei der Düngung und beim Pflanzenschutz. Größere Spielräume bei der Wahl der Lockerungsintensität, für den Grad der Geräteauslastung und bei der Senkung von Arbeitserledigungskosten lassen allerdings nur erweiterte Fruchtfolgen zu.

 

Pressekontakt
Herr Friedrich W. Rach
Telefon: 069-24788-202
Fax: 069-24 788-112
E-Mail: f.rach@DLG.org
Pressemeldung Download: 
Agritechnica
Agritechnica
Messegelände
30521 Hannover
Deutschland
Telefon:  +49  0511  89-0
Web:  www.agritechnica.com
>>>  Pressefach


© proplanta 2006-2024. Alle Rechte vorbehalten.