22.12.2010 | 16:12:00 | ID: 7456 | Ressort: Umwelt | Klima

Landesregierung gibt grünes Licht für den Entwurf eines neuen Klimaschutzkonzepts 2020PLUS

Stuttgart (agrar-PR) - Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase soll bis 2020 um 30 Prozent gesenkt werden.
Der Ministerrat hat am Montag Abend ein von Umweltministerin Tanja Gönner vorgelegtes neues Klimaschutzkonzept 2020PLUS beraten und grünes Licht zur Anhörung von Verbänden und Interessengruppen gegeben. Mit einem Bündel von insgesamt 145 Einzelmaßnahmen soll danach in Baden-Württemberg bis 2020 gegenüber 1990 der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase um 30 Prozent gesenkt werden. „Baden-Württemberg wird mit dem Konzept seine bundesweite Vorreiterrolle beim Klimaschutz ausbauen", sagten Ministerpräsident Stefan Mappus und Umwelt- und Verkehrsministerin Tanja Gönner bei der Vorstellung des mehr als 200-seitigen Papiers.

Nach den ehrgeizigen Zielen solle der jährliche Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) von derzeit noch rund sieben Tonnen pro Einwohner schon in den kommenden zehn Jahren auf unter sechs Tonnen sinken, erklärte Gönner. Bundesweit liege der Pro-Kopf-Ausstoß von CO2 derzeit bei jährlich über zehn Tonnen und soll nach den Plänen der Bundesregierung bis 2020 auf rund neun Tonnen vermindert werden. Mappus und Gönner: „Baden-Württemberg wird als Hochtechnologieregion seiner besonderen Verantwortung gerecht werden und weiterhin Schrittmacher bei der Entwicklung moderner klimaschonender Umwelttechnologien und deren Einführung sein.“

Bis 2050 sollen pro Kopf in Baden-Württemberg nur noch zwei Tonnen klimaschädlicher Treibhausgase entstehen und damit 80 Prozent weniger als 1990. „Das Klimaschutzkonzept 2020PLUS ebnet den Weg in eine klimaneutrale Zukunft“, so Ministerpräsident Mappus und Umweltministerin Gönner. Erstmals konkret einbezogen in die Klimaschutzpolitik sei das Zeitalter nach Auslaufen der friedlichen Nutzung der Kernenergie. Nach der jüngsten Änderung des Atomgesetzes gehe mit Neckarwestheim II etwa 2035 der letzte Atommeiler im Land vom Netz. Umweltministerin Gönner: „Wir brauchen die Kernenergie noch als Brückentechnologie, um hohe Versorgungssicherheit zu bezahlbaren Preisen zu gewährleisten und beim Klimaschutz nicht zurückzufallen. Das Ende der Brücke ist jedoch sichtbar. Deshalb müssen jetzt weitere Weichen für die Zeit nach der Kernenergienutzung gestellt werden.“


Ausbau erneuerbarer Energien im Mittelpunkt

Besonders im Fokus liege dabei wie schon beim weitgehend abgearbeiteten Klimaschutzkonzept 2010 der Ausbau der erneuerbaren Energien, die derzeit rund zehn Prozent zum gesamten Energieverbrauch beisteuerten, erklärte Gönner. Bis 2020 werde ausgehend vom heutigen Niveau ein Zuwachs um etwa ein Drittel auf mindestens 13 Prozent angestrebt. Bei der Stromerzeugung soll der Anteil der erneuerbaren Energien von aktuell rund 15 auf mindestens 20 Prozent und bei der Wärmebereitstellung von rund zehn auf 16 Prozent steigen. Bis 2050 soll dann die Wende hin zu den erneuerbaren Energien weitgehend abgeschlossen sein.

„Ab etwa 2018 werden die Kernkraftwerke im Land nach und nach vom Netz gehen. Die Lücken sollen über erneuerbare Energien und eine bis dahin deutlich gesteigerte Energieeffizienz geschlossen werden", so Tanja Gönner. Damit eine sich im Wesentlichen auf erneuerbare Energien stützende Versorgung auch verlässlich sei, müssten die Energieinfrastruktur modernisiert und ausgebaut sowie neue Energiespeicher gebaut und neue Speichertechnologien entwickelt werden, so die Umweltministerin. Neben leistungsfähigen 380 Kilovolt-Hochspannungsleitungen, die den künftig zunehmend durch Offshore-Windkraft im Norden erzeugten Strom in den Südwesten der Republik zu den Verbraucher bringen, würden hohe Erwartungen in intelligente Stromnetze, so genannte „Smart Grids“, gesetzt. Mappus: „Die Energiewende stellt uns vor große Herausforderungen, weil sie eine Neuausrichtung der Infrastruktur notwendig macht. Dieser erforderliche Umbau  kann nur gelingen, wenn wir alle gemeinsam bereit sind,  ihn konstruktiv zu begleiten.“


Abwärme intelligent nutzen, Energiestandards anheben

Insgesamt sieben Sektoren seien bei der Ausarbeitung des neuen Konzepts näher untersucht worden, um Potenziale für den Klimaschutz zu identifizieren, so Umweltministerin Gönner. Darunter Industrie und Gewerbe, private Haushalte und Verkehr. „Ein besonderes Augenmerk liegt auf der immer noch weit verbreiteten Vergeudung von Energie, indem beispielsweise Abwärme durch den Kamin geblasen und damit ungenutzt in die Atmosphäre abgegeben wird“, so Gönner. So solle insbesondere im produzierenden Gewerbe die so genannte Kraft-Wärme-Kopplung forciert werden, bei der die in industriellen Fertigungsprozessen entstehende Abwärme gezielt genutzt wird. Industrie und Gewerbe sind für über 40 Prozent des Kohlendioxidausstoßes im Land verantwortlich. Durch konsequenten Einsatz dieser Technik könnten bis 2020 jährlich etwa vier Millionen Tonnen weniger CO2 ausgestoßen werden.

Im privaten Sektor solle der mit dem Erneuerbare-Wärme-Gesetz, das seit Jahresanfang auch in bestehenden Gebäuden beim Heizungsaustausch die anteilige Nutzung erneuerbarer Energien verpflichtend vorschreibt, eingeschlagene Weg konsequent weiter beschritten werden. Private Haushalte verursachten etwa ein Viertel der gesamten CO2-Emissionen, wovon der Löwenanteil von 75 Prozent auf die Wärmeversorgung von Gebäuden entfällt. Nach dem Willen der Landesregierung sollte deshalb der Bund möglichst schon 2012 die Energiestandards für Gebäude (Energieeinsparverordnung EnEV) erneut anheben. Ein erhöhter Förderrahmen und verbesserte steuerliche Abzugsmöglichkeiten von Aufwendungen einer energetischen Modernisierung sollen außerdem dazu beitragen, vor allem ältere Häuser energetisch schneller auf Vordermann zu bringen. „Bei der energetischen Modernisierung im Gebäudebestand sind zusätzliche Impulse und neue Anreize notwendig. Wenn es nicht gelingt, den Modernisierungsstau aufzulösen, werden die ambitionierten Klimaschutzziele nicht erreichbar sein", sagte Gönner. Im Verkehrsbereich soll bis 2050 der Treibstoffverbrauch von PKW um 60 Prozent gemindert und damit auf einen durchschnittlichen CO2-Ausstoß von heute noch durchschnittlich 152 Gramm pro Kilometer auf 74 Gramm in etwa halbiert werden. Über alle Verkehrsmittel hinweg soll der Energieverbrauch um 20 bis 35 Prozent vermindert werden.


Land und Kommunen müssen Vorbildfunktion noch stärker wahrnehmen

Der Staat und die öffentliche Hand sollten ihrer besonderen Vorbildwirkung künftig noch mehr als bisher gerecht werden, sagte Gönner. „Die Kommunen im Land sind beim Klimaschutz bereits stark engagiert. Über 50 Städte und Gemeinden - und inzwischen auch erste Landkreise - stellen sich über ihre Teilnahme am ,European Energy Award’ einem international standardisierten Bewertungsverfahren. Neun Modellkommunen haben sich außerdem in dieser Woche auf den Weg in eine klimaneutrale Zukunft gemacht.“ Auch das Land werde seine Anstrengungen beim Klimaschutz weiter vorantreiben. „Das Ziel der Landesregierung ist es, bis 2050 eine weitgehend CO2-neutrale Verwaltung aufzubauen“, sagte Gönner.

Die weitere Umsetzung des Klimaschutzkonzepts 2020PLUS solle durch ein Monitoring begleitet werden, kündigte die Ministerin an. „Über eine kontinuierliche Überwachung soll festgestellt werden, ob die in einzelnen Bereichen angestrebten Ziele erreicht werden oder ob an der einen oder anderen Stelle nachjustiert werden muss." (PD)
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